2898 - Leichen brauchen kein Alibi
nicht wundern, wenn wir Jake Reeds Mörder heute schon hinter Schloss und Riegel gebracht haben.«
Davon war ich noch nicht überzeugt, aber Kelly und Forbes waren ganz gewiss keine Unschuldslämmer. Bevor wir das FBI Field Office verließen, beantragte ich noch einen Durchsuchungsbefehl für Frank Kellys Büroräume und seine Privatwohnung. Ob Hank Forbes einen Wohnsitz in New York hatte, wussten wir noch nicht. Das mussten die weiteren Ermittlungen zeigen.
***
Am nächsten Morgen war es windig und kalt, aber sehr sonnig. Ich sammelte Phil an der üblichen Ecke auf. Wir fuhren zunächst nach Rikers. Dort war Hank Forbes von den Gefängnisärzten inzwischen als vernehmungsfähig eingestuft worden. Er glotzte uns voller Abscheu an, als wir sein vergittertes Krankenzimmer betraten.
»Hat man denn vor euch FBI-Bullen niemals Ruhe?«
»Das haben Sie sich selbst zuzuschreiben«, stellte ich fest. »Wenn Sie nicht auf uns geschossen hätten, wären Sie vielleicht gar nicht hier.«
»Oder können Sie sich noch weitere Gründe vorstellen, die bei Ihnen für eine Gefängnisstrafe sprechen?«, ergänzte Phil. Hank Forbes riss seine Augen noch weiter auf, verkniff sich aber eine Antwort. Er verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.
Ich nannte ihm Phils und meinen Namen.
»Wir sind mit der Aufklärung des Mordes an Jake Reed beauftragt, Forbes.«
»Reed? Von dem Typen habe ich noch nie gehört.«
Ich zeigte ihm ein Foto. Aber der verletzte Gewalttäter schüttelte den Kopf. Bluffte er oder nicht? Das konnte ich in diesem Moment unmöglich einschätzen.
»Warum haben Sie sich mit Frank Kelly gestritten? Worum ging es dabei?«
»Geschäfte.«
»Was für Geschäfte? Lassen Sie sich doch nicht jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen«, rief Phil genervt. Hank Forbes grinste breit.
»Im- und Export.«
Glaubte er, mit dieser Hinhalte-Taktik etwas erreichen zu können? Da war er bei mir an der falschen Adresse.
»Wir wissen von der gefälschten Markenware aus China«, sagte ich scheinbar beiläufig. Forbes konnte seine Gesichtszüge nicht so gut unter Kontrolle halten, wie es nötig gewesen wäre. Ein irritiertes Zucken hatte ihn verraten. Gewiss, vor Gericht war eine solche Gefühlsäußerung kein Beweis. Aber das war jetzt zweitrangig. Hank Forbes wusste, wovon ich redete. Das war jetzt die Hauptsache. Auch Phil hatte erkannt, dass unser Verdächtiger in den Produktpiraten-Fall verwickelt war.
»Sie haben ja durch Abwesenheit geglänzt, als wir Ihre Freunde Lee Fang und Mike Turner im Hafen kassiert haben«, sagte mein Freund. »Und diesen Truckdriver Eduardo Sanchez konnten wir auch verhaften. Wo waren Sie eigentlich Montagnacht zwischen Mitternacht und zwei Uhr morgens?«
Hank Forbes blinzelte irritiert. Mit dieser Frage hatte er offenbar nicht gerechnet.
»Wie – was soll das? Was wollen Sie mir denn anhängen?«
»Beantworten Sie einfach die Frage.«
»Ich war mit einer Lady zusammen.«
Phil verdrehte ungeduldig die Augen.
»Und hat diese Lady auch einen Namen? Eine Telefonnummer? Eine Adresse?«
»Ich habe sie in einer Bar kennengelernt, sie hieß Lynn. Und wir waren in meinem Motelzimmer.«
Dieses Alibi war reichlich dürftig, wie ich fand. Aber immerhin verriet der Verdächtige uns nun seine New Yorker Adresse. Hank Forbes logierte im Clark’s Motel in Brooklyn. Ich kannte die Unterkunft, sie wurde von Vertretern auf der Durchreise bevorzugt.
Zu einer genaueren Beschreibung dieser angeblichen Gespielin sah sich Forbes nicht in der Lage. Angeblich war er betrunken gewesen und erinnerte sich nur noch an ihre roten Locken.
Natürlich mussten wir dieses Alibi überprüfen. Außerdem hoffte ich, dass die Spurensicherung in seinem Motelzimmer Belastungsmaterial finden würde. Die Pistole, mit der Forbes auf Phil und mich gefeuert hatte, konnte jedenfalls nicht die Mordwaffe im Fall Reed sein.
Der FBI-Informant war ja durch Projektile Kaliber .38 getötet worden, während Forbes’ Waffe eine Ruger Kaliber .45 war. Aber es war auch möglich, dass er die Mordwaffe längst beseitigt hatte.
Für Phil stand jedenfalls fest, wer der Täter war. Das wurde mir klar, als wir die Gefängnisinsel wieder verließen.
»Ich wette, dass Forbes Jake Reed auf dem Gewissen hat, Jerry. Ich habe keine Sekunde lang an die Story mit dieser rothaarigen Lynn geglaubt. Wir müssen das Alibi natürlich checken, aber es wird nichts dabei herauskommen.«
»Forbes schien aber Reed wirklich nicht gekannt zu haben. Das war
Weitere Kostenlose Bücher