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29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dem Scheik oben an, ohne daß er unterwegs wieder zum Bewußtsein gekommen war.
    „Bist du es, Sihdi?“ fragte Halef, als er mich kommen hörte.
    „Ja.“
    „Hast du Glück gehabt?“
    „Außerordentliches. Hier bringe ich Schir Samurek. Wir haben also selbst für den Fall gewonnen, daß es mir nicht gelingen sollte, noch vor Tagesanbruch unsere Pferde zu bekommen.“
    „Den Scheik hast du? Effendi, das ist wieder einmal ein Streich, den selbst ich nicht fertigbrächte!“
    „Glaube es wohl, lieber Halef. Den schweren Mann in dieser Stockdunkelheit von unten heraufzutragen, das sollte dir wohl Schweiß kosten!“
    „Das nicht allein. Ihn aufzufinden und zu betäuben, ohne daß es jemand bemerkt, das ist doch noch weit schwieriger. Was tun wir nun mit ihm?“
    „Wir binden ihn so fest, daß er sich gar nicht rühren kann, und stecken ihm einen Knebel in den Mund. Ich muß wieder fort, um nach den Pferden zu sehen. Während meiner Abwesenheit bewacht ihr ihn gut, bis ich wiederkomme. Sagt ihm nur, sobald er aufwacht, daß er ja keinen lauten Ruf ausstoßen soll, wenn er nicht das Messer in das Herz haben will.“
    Da bat Aqil schnell:
    „Gib mir ein Messer, Effendi! Ich werde dafür sorgen, daß dieser Hund den Mund nicht öffnet, ohne sofort die Klinge in dem Leib zu fühlen! Er hat gewollt, daß uns die Bären fressen, und soll die hundertfache Todesangst bezahlen, die wir ausgestanden haben!“
    „Mein Messer brauche ich selbst“, wehrte ich ab. „Was ich befohlen habe, wird Hadschi Halef Omar ausführen; ihr habt für jetzt keinen Teil an dem Scheik. Ich würde jeden Versuch, euch an ihm zu rächen, auf das strengste ahnden. Ich bin es, der ihn gefangengenommen hat; er gehört also mit seinem Leben mir, auch nach euern Gesetzen, und wer mich dieses meines Eigentumes beraubt, den betrachte ich als meinen Todfeind und werde Leben um Leben von ihm fordern. So, jetzt wißt ihr, woran ihr seid. Wenn ihr euch nicht danach verhaltet, wäre es besser für euch, die Bären hätten euch vorhin getötet!“
    Ich mußte diese strengen Worte anwenden, um die Bebbeh davon abzuhalten, sich in meiner Abwesenheit an Schir Samurek zu vergreifen. Sie dürsteten jedenfalls nach Rache; ich aber wollte ihn schonen, denn er sollte, wie schon viele, viele andern vor ihm und auch nach ihm, wenn ich von ihm Abschied genommen hatte, hinter mir her sagen: „Er ist ein Christ; darum wohnt die Güte in seinem Herzen.“
    Halef verstand mich; darum erklärte er mir in beruhigendem Tone:
    „Du kannst getrost gehen, Effendi. Dein Halef wird dafür sorgen, daß alles nach deinem Willen geht. Wer sich nur mit einem Finger an diesem Scheik der Kelhurkurden vergreift, der bekommt augenblicklich mein Messer in den Leib. Ich habe es gesagt, und was ich sage, das pflege ich zu halten!“
    Ich war überzeugt, daß er gegebenen Falles sein Wort erfüllen würde, und entfernte mich, zunächst genau in derselben Richtung, in welcher ich vorhin hinabgestiegen war. Dann wandte ich mich, beinahe an dem Bodeneinschnitt angekommen, in welchem der Scheik gelegen hatte, nach rechts, um die Wieseneinbuchtung zu erreichen, auf welcher Rih von den Kelhur untergebracht worden war. Als ich an dem Rand derselben angekommen war, herrschte auf derselben zwar nicht die – greifbare, möchte ich fast sagen – Stockdunkelheit wie im Walde, aber es war doch immerhin so finster, daß ich zu befürchten hatte, von den Kurden gesehen zu werden. Jetzt fragte es sich: Wo saßen die Wächter, und wo lag jetzt mein Rih? Ja, wenn ich laut hätte rufen dürfen ‚Ta'al! – Komm!‘, so würde es keine Minute gedauert haben und er wäre bei mir gewesen; aber das durfte ich ja nicht, und so legte ich mich auf den Boden nieder und kroch der Stelle zu, an welcher ich ihn gesehen hatte, denn ich durfte dem klugen Tiere wohl zutrauen, daß es nicht von dort wegzubringen gewesen war, seit es mich gesehen hatte. Hätte jemand mit mir darüber gestritten, ich wäre eine Wette darauf eingegangen und hätte sie gewonnen, denn ich hatte kaum die Hälfte der Strecke zurückgelegt, so hörte ich ein leises, kurzes, einmaliges Schnauben, welches ich sehr wohl kannte: Rih hatte mich gewittert. Jedes andere Pferd wäre nun wohl aufgesprungen und zu mir gekommen; er aber blieb ruhig liegen, weil ich ihm auf sein Schnauben kein Zeichen gab, zu kommen.
    Als ich ihn erreichte, fühlte ich mit den Händen, daß ringsum der weiche Grasboden aufgewühlt und zerstampft war. Man hatte ihn

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