29 - Im Lande des Mahdi III
Ausdruck gegeben hatte, fragte er, wo und auf welche Weise wir ergriffen worden seien. Der Gaukler teilte ihm nun alles mit, was ich gesagt hatte, und beide glaubten es, was freilich kein Beweis von großer Klugheit ihrerseits war.
Da der Muza'bir mir gesagt hatte, daß ich schleunigst aufgehängt werden sollte, so war ich auf eine schnelle Flucht bedacht gewesen. Das Kopftuch, mit welchem man mir die Arme platt um den Leib gebunden hatte, mußte zerrissen werden. Es war nicht neu, aber noch fest. Ich mußte versuchen, es soweit zu bringen, daß man es für einen Augenblick öffnete.
Auf der Seribah befanden sich unsere beiden Todfeinde und die zwölf Asaker, welche Ibn Asl bei ihnen gelassen hatte. Sie alle waren zwar bewaffnet, legten aber, als wir die Hütte erreichten, ihre langen Gewehre ab. Die Pistolen und Messer, welche sie nun noch bei sich hatten, konnten mir nichts schaden. Etwas seitwärts weideten zwei Ochsen, Reitochsen, wie es schien. Die an den Nasenriemen befestigten Zügel waren ihnen um den Hals geschlungen. Es versteht sich, wie ich kaum zu bemerken brauche, ganz von selbst, daß man uns alle unsere Habseligkeiten abgenommen hatte.
Der Mokkadem war ganz damit einverstanden, daß wir durch den Strick sterben sollten, doch stellte er den Antrag, wenigstens mich vorher ein klein wenig zu martern. Während man darüber verhandelte, flüsterte ich meinen beiden Gefährten, welche nahe bei mir standen, zu:
„Ich schneide euch los. Dann rennt ihr geradewegs, ohne euch umzusehen, nach unserem Boot und steigt ein, um sofort abrudern zu können, wenn ich euch nachkomme.“
„Wie willst du schneiden können?“ antwortete Ben Nil, für unsere Feinde unhörbar. „Du bist doch gebunden und hast kein Messer.“
„Ich mache mich frei.“
„Werden wir entkommen? Sie werden alle hinter uns her sein.“
„Hinter euch nicht. Ich schlage zunächst eine andere Richtung ein, und da sie es doch meist auf mich abgesehen haben, werden sie mir nachrennen und nicht euch. Wartet dann aber ja, bis ich komme, sonst werde ich doch noch erwischt!“
Ich bewegte die Oberarme, um das Tuch zu lockern. Das tat ich nicht etwa heimlich, sondern man sollte es bemerken. Der Muza'bir sah es zuerst, trat auf mich zu und sagte:
„Hund, willst du dich etwa losmachen? Das soll dir nicht gelingen. Ah, das Tuch ist wahrhaftig schon gelockert. Werde es wieder fester binden.“
Er bedachte nicht, daß er, um dies zu tun, den Knoten aufmachen mußte. Dieser wurde, allerdings nur für einen kurzen Moment, gelöst; aber in demselben Augenblick stieß ich die Ellbogen von mir ab, bekam die Arme frei, drehte mich nach dem Muza'bir um, riß ihm mit der Rechten das Messer aus dem Gürtel, schlug ihm die Linke ins Gesicht, daß er hintenüber stürzte, dann zwei rasche Schnitte – Ben Nils und Selims Banden waren entzwei, und die beiden rannten, was sie nur laufen konnten, davon. Diese Bewegungen waren in größter Schnelligkeit geschehen, aber doch nicht zu schnell für den Mokkadem, welcher herbeisprang und mich beim linken Arm ergriff, um mich festzuhalten. Ich hatte das Messer in der Rechten, mußte von ihm los, wollte ihn aber doch nicht erstechen; darum warf ich es fort und schlug ihn mit der geballten Faust nieder, so daß er meine Linke fahren lassen mußte, und rannte dann auch fort, aber nicht geradeaus, wie meine Gefährten es taten, sondern nach rechts in die Prärie hinein. Dabei mußte ich an den beiden Ochsen vorüber. Es kam mir ein Gedanke. Ich sprang auf den Rücken des einen, ergriff die Zügel und schlug ihm die Fersen so kräftig gegen die Weichen, daß er augenblicklich mit mir davonrannte. Schon nach den ersten Sprüngen, welche er tat, bemerkte ich, daß er den Zügeln gehorchte und mich also, wenigstens in dieser Beziehung, nicht in Verlegenheit bringen werde.
Hinter mir schrien die Sklavenjäger wie toll; sie rannten mir nach. Ich sah mich nach ihnen um und bemerkte, daß der Muza'bir sich schnell wieder aufgerafft hatte und soeben den zweiten Ochsen bestieg, um mir auf demselben nachzujagen. Das war mir sehr lieb. Man bekümmerte sich nicht um Ben Nil und Selim, und ich hatte bereits einen solchen Vorsprung, daß ich nicht zu befürchten brauchte, eingeholt zu werden.
Leider aber erwies diese Zuversicht sich als unbegründet. Mein Ochse trat mit einem Vorderbein in ein Loch, welches ich nicht hatte bemerken können, da es mit Gras bewachsen war, blieb hängen und überschlug sich. Ich wurde abgeschleudert
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