29 - Im Lande des Mahdi III
vielleicht größer war, als ich sie schätzte. Sollte meine Rolle auf dem ‚Falken‘ ausgespielt sein, nun, dann nur in einer Weise, die meinem bisherigen Verhalten und der Achtung, welche ich beanspruchte, würdig war.
Die Sklavenhändler wunderten sich natürlich außerordentlich darüber, daß ich mich so schnell aus einem Verbündeten in einen Gegner des Raïs Effendina verwandelt hatte; sie waren neugierig, die Gründe dazu kennenzulernen, und schlossen sehr wahrscheinlich Hoffnungen an diesen Wechsel meiner Gesinnung gegen ihren gefürchtetsten Feind, doch wagte es keiner von ihnen, eine darauf bezügliche Frage oder Bemerkung auszusprechen. Anders der Schech es Sehf der befreiten El Homr, welcher seinem Staunen Worte verlieh und sich bei mir erkundigte, wie das so schnell gekommen sei und welche möglichen Folgen es für ihn und seine Gefährten haben könne. Ich belehrte ihn kurz: „Ich bin keineswegs ein Feind des Raïs Effendina geworden, sondern ich habe ihm nur beweisen wollen, daß ich nicht sein Untergebener bin. Für euch wird kein Schaden, sondern nur Vorteil daraus erwachsen, falls ihr auf den Vorschlag eingeht, den ich euch machen werde.“
„Sprich ihn aus, Effendi! Du darfst überzeugt sein, daß wir alles tun werden, was möglich ist, um dir zu zeigen, welch eine große Dankbarkeit in meinem Herzen wohnt.“
„Ich verlange kein Opfer von euch; die Erfüllung meines Wunsches wird vielmehr nur zu eurem Besten dienen. Ihr habt wahrscheinlich die Absicht, zu eurem Stamm auf dem Weg zurückzukehren, auf welchem ihr von Abu Reqiq hierhergeschafft worden seit?“
„Ja, die haben wir, weil es doch keinen andern Weg für uns gibt.“
„Es gibt einen. Die Kamele, welche euch hier zur Beute gefallen sind, reichen nicht zu für euch alle; aber wenn ihr mit mir auf das Schiff des Raïs Effendina kommt, so kann ich euch nach wenigen Tagen mit so vielen Reit- und Lasttieren und dazu Waffen und Proviant versorgen, daß ihr auf dem Abu-Hable-Weg eure Heimat mit viel größerer Bequemlichkeit und Sicherheit erreichen werdet. Nur wünsche ich, daß ihr euch, so lange ihr auf dem Schiff seid, durch keinen Menschen verleiten laßt, etwas Feindliches gegen mich zu unternehmen.“
„Was denkst du von uns, Effendi! Du hast uns errettet und bietest uns jetzt neue Wohltat an, und wir sollten imstande sein, dir mit Undank zu lohnen? Allah ist mein und unser Zeuge, daß wir unser Leben für dich einsetzen würden, wenn wir Gelegenheit bekämen, dich in unsern Schutz zu nehmen.“
„Ihr geht also auf meinen Vorschlag ein?“
„Gern, sehr gern! Wir werden überhaupt alles tun, was du von uns verlangst. Betrachte dich als unsern Anführer, und sei überzeugt, daß wir dir gehorchen werden.“
„Gut, ich nehme dieses Anerbieten an, welches euch größere Vorteile bringen wird, als ihr jetzt wissen könnt.“
„Wann sollen wir das Schiff besteigen?“
„Wenn ich von dort zurückkehre; ich gehe erst allein an Bord, um mit den Soldaten zu sprechen, denn ich muß ja – – –“
„Was?“ fiel mir Ben Nil in die Rede. „Das hieße ja, dein Leben auf das Spiel setzen. Wenn du wirklich an Bord gehen mußt, so gehe ich mit, Effendi!“
„Sei nicht so hitzig, lieber Ben Nil. Ich weiß ganz genau, was ich tun und was ich wagen darf. Übrigens habe ich eine Aufgabe auch für dich, welche nicht wenig Mut erfordert.“
„Welche?“
„Du fährst jetzt in der Jolle nach dem Schiff, besteigst es aber nicht, sondern richtest nur die Weisung von mir aus, daß der Schiffsleutnant und die beiden Steuerleute an das Land kommen sollen, weil ich mit ihnen zu sprechen habe.“
„Sie werden aber vom Schiff aus gesehen haben, daß du den Raïs Effendina niedergeschlagen hast!“
„Desto wißbegieriger werden sie sein. Übrigens weißt du, daß sie meine Freunde sind; sie kommen auf jeden Fall. Du gehst aber nicht an Bord, sondern hast nur deine Botschaft auszurichten und dann zu mir zurückzukehren. Jetzt geh!“
Er schüttelte zwar den Kopf, verzichtete aber auf fernere Einsprüche und entfernte sich. Eben waren seine Schritte verklungen, da begann der Raïs Effendina sich zu bewegen. Er schlug die Augen auf, ließ den Blick erstaunt im Kreis schweifen und kam, als er fühlte, daß er gefesselt war, zur Besinnung dessen, was sich zwischen ihm und mir ereignet hatte. Da strengte er alle seine Kräfte an, sich frei zu machen, und herrschte, als ihm dies nicht gelang, mir zu:
„Hund, du hast dich nicht nur an
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