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29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mir vergriffen, sondern mich sogar gebunden! Ich wollte dich nur erschießen lassen, weil du gemeutert hast; nun aber wirst du durchgepeitscht und wie ein ehrloser Wicht am Strick aufgehängt! Ich befehle dir, mich auf der Stelle loszubinden!“
    „Ich sagte dir schon, daß du mir nichts zu befehlen hast“, antwortete ich; „der Befehlende bin im Gegenteil jetzt ich. Du hast das Band unserer Freundschaft ohne allen Grund zerrissen und mir soeben selbst eingestanden, daß du die Absicht hattest, mich erschießen zu lassen. Es ist kaum auszusagen, welche Dummheit das von dir war, denn du hast mich genau gekannt und mußtest wissen, wie ich auf solche Angriffe zu antworten pflege. Was ich für dich tat, wurde mir mit Mißachtung und Zurücksetzung belohnt. Der häßlichste Neid war es, der mich nach der Matenieh schickte, und als ich auch da geschickter und glücklicher war als du, beschlossest du gar meinen Untergang. Armer, armer Raïs Effendina! Wie konntest du nur glauben, mir gewachsen zu sein!“
    Diese in mitleidigem Ton gesprochenen Worte erreichten ihren Zweck; er fühlte sich so schwer beleidigt, daß er keine Worte, sondern nur einen heiseren Schrei als Antwort fand. Ich fuhr fort:
    „Wehe dem, der wehe tut! Du hast meinen Tod gewollt; deine Feindschaft fällt auf dich selbst zurück.“
    „So willst du mich ermorden?“ knirschte er mich grimmig an. „Meine Asaker würden mich schrecklich rächen!“
    „Pah! Ich habe dir schon gesagt, daß die Asaker nicht zu dir, sondern zu mir halten werden. Auch weißt du gar wohl, daß ich kein Mörder bin; du hast mir ganz im Gegenteil sehr oft vorgeworfen, daß ich selbst dem ärgsten Feind gern verzeihe.“
    „Ich verzichte auf deine Verzeihung. Der berühmte Raïs Effendina, der alle seine Gegner bloß durch seinen Namen in Furcht und Angst versetzt, hat nicht nötig, einen Christen um Vergebung anzubetteln!“
    „Das sollst du auch nicht; ich verzeihe ohne Bitte, mache dich aber darauf aufmerksam, daß ich mich weder vor dir selbst, noch gar vor deinem Namen fürchte.“
    „So zeige doch den Mut, dein Maul zu öffnen, um mir zu sagen was du mit mir vorhast!“
    „Sprich höflicher mit mir, sonst bekommst du die Bastonade, wie sie dort Abu Reqiq bekommen hat.“
    Ein abermaliger unartikulierter Wutschrei war die Antwort; ich aber erklärte lächelnd weiter:
    „Du wirst dich wohl auf jedes Wort besinnen, welches ich unten am Ufer zu dir sprach, also auch auf die Antwort, welche ich dir gab, als du mir mit dem kleinen Raum drohtest, in den ich gesperrt werden sollte. Diese Antwort wird jetzt in Erfüllung gehen: Du wirst Gefangener auf deinem eigenen Schiff sein, dessen Raïs ich von jetzt an bin. Deine Freiheit erhältst du natürlich erst dann zurück, wenn wir in Khartum angekommen sind.“
    Das klang so ungeheuerlich, und er wurde durch mein Lächeln und durch die Ruhe meiner Ausdrucksweise in eine solche Aufregung versetzt, daß er in ein krampfhaftes Gelächter verfiel und nur stoß- und pausenweise die Worte hervorbrachte:
    „Ja – ja – ja – – – und in Khartum – – – würde ich dich und alle Asaker – – – die dir gehorchen – – – als Anführer – – – hinrichten lassen! Oh, wie klug – – – wie ungeheuer klug du bist!“
    Ich nickte zustimmend und antwortete sehr ernsthaft:
    „Ja, diese meine Klugheit ist allerdings so groß, daß du sie jetzt noch gar nicht fassen kannst. Wir werden unterwegs ganz ohne dich einen großartigen Fang machen, der uns grad dadurch gelingen wird, daß du gefangen bist und mir nichts verderben kannst. Und der hochberühmte Raïs Effendina wird in Khartum mild wie ein Lamm gegen uns sein und kein Wort davon sagen, daß er eingesperrt gewesen ist, weil es sonst mit dieser seiner Berühmtheit vollständig aus sein würde. Was würde der Pascha oder gar der Khedive dazu sagen, wenn er erführe, was geschehen ist. Der Raïs Effendina verdankt seinen Erfolg einem fremden Christen, weil dieser es verstand, alle Ungeschicklichkeiten des Raïs zum guten Ende und Erfolg zu führen. Der Raïs, anstatt ihm zu danken, wurde neidisch und faßte den Plan, ihn einzusperren und beiseite zu schaffen. Der Christ aber war klüger als er und kam ihm zuvor, er schlug ihn nieder wie einen kleinen Knaben, steckte ihn in dasselbe Loch, übernahm den Befehl über die Asaker, die durch ihn Ehre und Beute ernteten, und führte den ‚Falken‘ schließlich nach Khartum, wo er seinen Gefangenen dem

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