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29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ein Charakter wie er – und ein Charakter war er doch jedenfalls! – denn nicht von den Flecken freihalten, welche das ethische Schönheitsgefühl so sehr beleidigten? Aber wir sind alle, alle Sünder und ermangeln des Ruhmes, den wir vor Gott haben sollen; darum ging ich mit mir zu Rate und prüfte mein Inneres, inwiefern auch ich mit meinen Fehlern dazu beigetragen hatte, die nach und nach zwischen uns entstandene Kluft allmählich zu vergrößern.
    Ich wußte, wie es kommen würde, und war meines endlichen Sieges ganz gewiß; aber lieber, viel lieber wäre es mir gewesen, wenn er mir keine Veranlassung gegeben hätte, ihm diese Niederlage zu bereiten. Jetzt saß er in der Kajüte und ließ sich von den vier Asakern Bericht erstatten. So erfuhr er, was geschehen war; dabei verschwiegen sie ihm, daß sie den Goldstaub bekommen hatten. Dann ging er allein auf und ab, innerlich erregt und mit seiner Mißgunst kämpfend; meine Warnung fiel ihm ein, die jedenfalls nicht grundlos war. Zu den edlen Gefühlen seines Herzens gesellte sich die Stimme der Sorge um sich selbst, die ihm meine Worte wiederholte, daß er mit allen seinen Leuten in den Tod fahren werde. Diesen Regungen mußte er Folge leisten und dieser Stimme Gehör schenken. Dann kam er wieder herbeigerudert, um mir die Hand zur Versöhnung zu reichen.
    So sah ich es kommen, und so wartete ich. Aber ich wartete lange, lange, bis der Morgen graute. Der ‚Falke‘ lag noch immer vor Anker, und ich sah, daß viel mehr Leute an Deck waren, als zur Morgenwache gehörten.
    Sie schienen alle abwärts nach der Stelle zu blicken, wo ich jetzt, da es hell geworden war, die Feuer hatte ausgehen lassen. Da, endlich sah ich meine Erwartung erfüllt. Die kleine Jolle wurde herabgelassen, und der Raïs Effendina stieg mit nur einem Ruderer ein. Er ließ die Jolle mit der Strömung gehen, bis er sich mir gegenüber befand. Da rief er mir zu: „Darf ich landen, Effendi?“
    „Ja“, antwortete ich.
    „Du wirst nicht schießen?“
    „Seit wann hälst du mich für einen Mörder?“
    „Gut! Ich komme!“
    Er legte an, stieg aus und kam auf mich zu. Ich erhob mich und sah ihm kühl und ruhig in das Gesicht.
    „Effendi“, sagte er, „warum erzähltest du mir vorhin nicht, was sich hier ereignet hat?“
    „Hast du mir Zeit dazu gelassen?“
    „Du hättest nicht grob werden sollen!“
    „Mache mir immerhin Vorwürfe! Von mir wirst du keine hören. Es würde mir weh tun, meine Schuld auf andere zu werfen.“
    Er wandte sich von mir ab und ging einigemale hin und her; er hatte also den falschen Stolz in seinem Herzen immer noch nicht ganz überwunden. Dann machte er eine schnelle Schwenkung, stand wieder vor mir und fragte: „Hast du nichts zu bitten?“
    „Nein.“
    „Nichts zu fragen?“
    „Auch nicht.“
    „Kein gutes Wort zu geben?“
    Also ich sollte tun, was eigentlich ihm zukam. Diese Aussöhnung war nicht herzlich gemeint. Nicht die Freundschaft, sondern die Sorge um sich hatte ihn wieder zu mir hergetrieben. Dennoch besiegte ich mich und antwortete:
    „Worte habe ich nicht zu geben, aber diese hier.“
    Dabei hielt ich ihm die Hand entgegen. Er schlug ein und erklärte mit gezwungenem Lachen: „Wir Menschen können trotz aller unserer Klugheit doch die widersinnigsten Torheiten begehen. Doch, nun ist's ja wieder gut! Jetzt führe mich zu den Gefangenen! Da sie so dumm gewesen sind, mir in die Hände zu laufen, werde ich sie sofort verhören und Gericht über sie halten.“
    Dieses letztere sagte er so leichthin, als ob es sich um etwas ganz und gar Selbstverständliches handle, als ob er einem seiner Asaker eine Rüge wegen eines beschmutzten Tarbusch zu erteilen habe. Dabei wandte er sich ab, um fortzugehen.
    Das war mir doch zu stark. Wenn er nur gekommen war, um mich in dieser beleidigenden Weise auf die Seite zu schieben, so hätte er an Bord bleiben und weiterfahren können. Ich durchschaute ihn gar wohl. Er wollte es umgehen, mich erzählen zu lassen, denn mein ungeahnter Erfolg hatte seine Absichten zuschanden gemacht, und er fühlte sich blamiert. Der Neid, der böse Neid war wieder erwacht. Ich hielt ihn nicht zurück und setzte mich wieder nieder. Nach einer Anzahl von Schritten bemerkte er, daß ich ihm nicht folgte; da hielt er an, drehte sich um und rief mir zu: „Warum kommst du nicht? Hast du nicht gehört, daß ich die Gefangenen sehen will?“
    „Ich habe es gehört“, antwortete ich.
    „So komm!“
    „Ich bleibe!“
    „Warum?“

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