29 - Im Lande des Mahdi III
gesandt habe, nach seinem verschollenen Bruder zu forschen.
Reich, dachte ich, werde er durch den verboteneren Mumienschmuggel geworden sein. Sollte das ein ägyptischer Beamter lesen und nun schleunigst nach Maabdah gehen, um Ben Wasak zu arretieren, so gestatte ich mir, ihm mitzuteilen, daß er ihn nicht fangen wird, denn er wohnt schon längst nicht mehr dort, und ich bin, da ich mit den altägyptischen Mumien weder aufwärts noch abwärts in Verwandtschaft stehe, aus reiner Gleichgültigkeit leider so gewissenlos gewesen, ihm einen andern Namen zu geben. Übrigens wird sofort der Nachweis geliefert werden, daß ich mich mit meiner obigen Annahme im Irrtum befunden habe. Also bitte, lassen wir Ben Wasak laufen.
Die Vorsicht verbot, ihn gleich mit seinem Bruder zusammenzuführen; ich ging also zunächst allein zu ihm, um ihn vorzubereiten. Er kannte mich gleich wieder und wäre mir vor Freude beinahe um den Hals gefallen. Ich sollte zunächst festlich bewirtet werden und dann erzählen; das erstere lehnte ich ab; auf das letztere ging ich ein. Ehe ich aber meinen Bericht begann, sagte ich ihm, was ich soeben über ihn gehört hatte.
„Ja, ich bin jetzt reich, sehr reich, Effendi“, bestätigte er. „Und weißt du durch wen? Wie wirst du dich wundern, wenn du es erfährst!“
„Nun, wer ist der Mann?“
„Barjad el Amin.“
„Maschallah! Der – der ist es?“
„Ja. Ich brenne darauf, zu erfahren, was du über meinen Bruder ausgekundschaftet hast. Darum will ich dir nur kurz sagen, daß er von Barjad el Amin dem berüchtigten Ibn Asl übergeben worden ist. Sie haben ihm mein Geld abgenommen und damit einen Sklavenhandel eingerichtet, der ihnen große, große Summen eingetragen hat. Dafür aber hat Allahs strafende Hand Barjad el Amin getroffen, denn sein Weib und alle seine Kinder sind von der Cholera hinweggerafft worden. Der Schmerz darüber ist ihm so tief in das Gewissen gestiegen, daß er den Entschluß gefaßt hat, sein Verbrechen zu sühnen. Er hat sein Vermögen und auch alles, was er von Ibn Asl zur Verwaltung noch in den Händen hatte, flüssiggemacht und mir hierhergebracht. Wir saßen unten am Fluß, als er mir alles erzählte und dann das viele Geld übergab. Dann ging er fort; ich konnte ihn nicht halten. Am anderen Tag lag er tot im Wasser; er hatte sich ertränkt. Allah sei seiner Seele gnädig! Hätte er doch lieber das Geld behalten und mir dafür sagen können, wo mein Bruder hingeschafft worden ist!“
„Konnte er das nicht?“
„Nein. Ibn Asl hat ihm den Ort nie aufrichtig mitgeteilt.“
„Das darf dich nicht betrüben, denn ich habe nachgeforscht und ihn gefunden.“
„Den Ort oder meinen Bruder?“
„Beide!“
Da sprang er auf und stürmte somit Fragen und Bitten auf mich ein, daß es kein Hinausziehen mehr gab. Ich mußte sagen, wo Hafid Sichar auf ihn wartete; dann rannte er zum Haus hinaus; ich aber blieb ruhig sitzen, denn geteilte Freude ist oft nur halbe Freude.
Wir verlebten in Maabdah zwei wunderschöne, glückliche Tage. Als wir von den Brüdern Abschied nahmen, hatte ich ein ganzes Paket mit ägyptischen Altertümern in den Händen. Abu en Nil, Ben Nil und Selim bekamen die Summe, welche Ben Wasak mir damals auf Khartum angewiesen hatte, zur Verteilung unter sich, und auch Ssali Ben Aqil wurde wie ein lieber Freund beschenkt.
Wenn Abu en Nil mit seinem Enkel direkt nach Gubator zu ihren Verwandten wollten, mußten sie sich schon nach kurzer Fahrt von uns trennen; sie entschlossen sich aber, mit nach Kairo zu gehen, wo wir, meinen Worten gemäß, auch eher als der Raïs Effendina ankamen. Dort trennte sich Selim zuerst von uns. Er errichtete von dem erhaltenen Geld ein Dikkahn (Barbierstube) mit Fingernägel-, Ohren- und Nasenreinigung. Da konnte er seinen Kunden die hunderttausend Abenteuer erzählen, welche er ganz allein bestanden hatte, während wir dabei die Zuschauer gewesen waren. Solange ich in Kairo blieb, bin ich sein erster und einziger Kunde gewesen; das heißt, ich habe mich bei ihm selbst rasiert. Zuhörer hatte er genug; niemand aber hatte den Heroismus, sich der Gefahr auszusetzen, unter seinem tapferen Messer zu verbluten.
Dann verkaufte ich die Schachtura. Den dafür erzielten Preis gab ich Ssali, der von allen Barmitteln entblößt war. Nach einem zweiwöchigen Aufenthalt nahmen Ben Nil und sein Großvater von mir Abschied. Was soll ich darüber sagen! Gefühle sind ja nicht auf das Papier zu bringen. Wenn Freunde auseinander gehen, so
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