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29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Seite gewichen. Das Herz ist mir dabei groß und weit geworden, und der Stolz hat mir die Brust geschwellt, denn wenn wir dann als Sieger heimkehrten, so wurden wir empfangen von dem Jubel der Unserigen, von dem Preis der Kamandschat (Geigen) und dem Frohlocken der Anfar (Trompete); die kleine Nakkara (Tamburin) sang unser Lob, und die große Tarabukka (Trommel) schlug den Takt dazu; die Krieger beneideten uns; die Frauen und Mädchen tanzten den Reigen des Entzückens, und Hanneh, mein Weib, das beste und schönste Weib der Erde, die duftigste und lieblichste Blume unter allen Blumen der Wiesen, Felder und Gärten, schlug dann im stillen Zelt die Arme um mich, weinte Tränen der Freude und nannte mich ihren Liebling, den einzigen Gedanken ihres Herzens, den Besitzer ihrer Seele und den Sonnenschein ihres Glückes!“
    Der gute Halef liebte Hanneh, sein Weib, mit einer seltenen Innigkeit; jetzt da er an sie dachte, ließ er eine Pause der Rührung folgen. Er sprach sehr gern von unsern Erlebnissen, und wenn er es tat, so geschah es in jener orientalischen Weise, welche die Ausschmückung, wenn nicht die Übertreibung liebt. Er sprach dann gewöhnlich von mir, meinte aber natürlich sich selbst auch mit und war dafür besorgt, daß von dem Lob, welches er mir erwies, ein wohlgemessener Anteil auf ihn fallen mußte. Ich gönnte ihm das gern, denn er war trotz der Kleinigkeit seiner Gestalt von einer Furchtlosigkeit, der ich oft einen Dämpfer auflegen mußte, und hatte Gefahren bestanden, die ihm die Bewunderung sogar der an ein bewegtes Leben gewöhnten Beduinen sicherten.
    Er fuhr nach einer kleinen Weile fort:
    „Ja, so ist es gewesen; so habe ich dich als Held gesehen, den kein Mensch besiegen kann. Aber noch schöner fast und viel lustiger war es, wenn du die Waffen stecken ließest und dich der List bedientest. Was ist die Klugheit von tausend Kurden oder Perser gegen uns, wenn wir einmal den Entschluß gefaßt haben, sie mit den Pistolen des Geistes, den Flinten der List und den Messern der Verschlagenheit zu besiegen! Es mögen die gescheitesten Männer des Sultanreiches kommen, wir überlisten sie doch alle und machen ihnen eine Nase, die von hier bis hinüber nach Mekka und dann wieder zurück bis nach Teheran und Isfahan reicht.“
    „So schlimm ist es doch wohl nicht, lieber Halef“, warf ich ein.
    „Schlimm nicht, Effendi, aber großartig! Denke nur zurück, was wir durch Schlauheit schon alles erreicht haben! Was kein Mensch für möglich hielt und was wir mit hundert Kanonen nicht erreicht hätten, das haben wir nur durch listige Streiche fertiggebracht. Wenn wir dem Tod so nahe standen, daß ich seinen kalten Hauch schon bis auf die Knochen fühlte und keine Verwegenheit uns retten konnte, dann dachtest du dir einen Kniff aus, der uns aus den Wassern der Hoffnungslosigkeit nach dem Ufer der Erlösung brachte. Wie oft wurden unsere Feinde grad dann auf das ärgste getäuscht, wenn sie bei Allah und dem Propheten darauf geschworen hätten, uns vollständig hintergangen und betrogen zu haben! Wie oft wurden uns verderbliche Schlingen mit einer Geschicklichkeit gelegt, die selbst dich und mich in Erstaunen versetzte; aber wir waren dann doch noch feiner und lachten hinterher über die, die sich über uns ärgern mußten. Wie viele Male haben wir den Vögeln geglichen, deren Beine in der Schlinge stecken und nach denen sich schon die tödliche Hand ausstreckt, um ihnen den Hals umzudrehen; aber deine List hat den Knoten stets noch zur rechten Zeit zu lösen vermocht, und wenn die Hand zuschnappte, sind wir mit dem Nagha el Masgara (Gezwitscher des Gespötts) davongeflogen.“
    Gezwitscher des Gespöttes, das war gut! Ich mußte lachen. Da sah er mich fast zornig von der Seite an und fragte in scharfem Ton:
    „Was gibt es da zu lachen, Effendi? Hälst du das Halsumdrehen für eine so lustige Sache?“
    „Das Halsumdrehen nicht, aber das Zwitschern.“
    „Spotte nicht! Ich weiß gar wohl, daß Allah weder dir noch mir anstatt des Mundes einen Sperlings- oder Finkenschnabel verliehen hat, und wenn ich mich im Gespräch mit dir der höhern, bilderreichen Kunst der Rede bediene, so tue ich das aus Achtung vor deiner Gelehrsamkeit, die es nicht verdient, von dir verlacht zu werden. Du bist ein großer Held und oft noch größer in der List, hast aber dabei sehr häufig den Fehler, Vorzüge nicht anzuerkennen, die mich, deinen Freund und Diener, über die leeren Köpfe anderer Sterblicher erheben und dir den

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