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29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Mauern dringe und daß ich mit dem ‚Zaubergewehre‘, nämlich dem Henrystutzen mit fünfundzwanzig Schüssen, in alle Ewigkeit und ohne Aufhören schießen könne, ohne einmal laden zu müssen. Dazu kam freilich, daß Fehlschuß bei mir fast zu den Unmöglichkeiten gehört und daß meine indianische Art, zu reiten, selbst jedem Beduinen imponieren muß. Ferner war ich im Anschleichen und Auskundschaften beobachtet worden, und da auch in dieser Beziehung der Asiate nicht den zehnten Teil dessen leistet, was der Indianer mit Leichtigkeit vollbringt, so war es gar kein Wunder, daß eben Wunder von mir erzählt wurden und daß auch hier die Kelhurkurden ihr Lager lieber aufgaben als sich, wie sie dachten, von mir beschleichen und von meiner Zauberflinte niederpaffen zu lassen. Wenn trotz dieser Angst Schir Samurek den Fehler begangen hatte, mich durch seinen Hohn hinter sich herzulocken, so war es eben ein Fehler gewesen, den er jetzt wahrscheinlich bereute. Also es war keineswegs Überhebung von mir, sondern eine ganz objektive Beurteilung der Umstände, wenn ich annahm, daß die Kurden mit wegen mir von hier fortgezogen seien.
    Selbstverständlich mußten wir ihnen nachreiten; aber das hatte nun keine große Eile, weil wir uns doch erst abends an sie schleichen konnten und ihnen nicht so Knall und Fall folgen durften; wir mußten ihnen vielmehr, wenn wir nicht von ihnen entdeckt sein wollten, Zeit lassen, einen auch für uns vorteilhaften Raum zwischen sich und uns zu legen. Verschwinden konnten sie uns auf keinen Fall; dafür sorgte schon ihre Fährte, welche unsichtbar zu machen, sie nicht die Übung und das Geschick besaßen. Darum ließen wir unsere Pferde fast zwei Stunden lang grasen und brachen erst dann auf, als wir grad ebensoweit vom Mittag waren, also gegen zehn Uhr vormittags.
    Als die Sonne am höchsten stand, befanden wir uns zwischen den Bergen, wo ich in einem Wald von Balamut-Eichen – von denen die dortigen weltbekannten Galläpfel kommen – ein Wildschwein schoß, welches uns den notwendigen Proviant lieferte. Wir saßen da für kurze Zeit ab, um einige gute Stücke davon anzubraten und mitzunehmen; denn so lange wir uns den Kurden von jetzt an auf den Fersen befanden, und das konnte mehrere Tage dauern, durften wir auf kein Wild mehr schießen, weil der Schuß uns ihnen verraten konnte. Eigentlich war es dem Hadschi als Mohammedaner verboten, Schweinefleisch zu essen; aber der Umgang mit mir hatte ihn in der Weise emanzipiert, und sein Gaumen war so empfindlich für den Wohlgeschmack des Schwarzwildes, daß er lieber das Mißfallen des Propheten und aller toten Kalifen riskierte, als auf einen Genuß verzichtete, auf den ich ihn durch Wort und Tat erst vergeblich und dann mit immer größerem Erfolge aufmerksam gemacht hatte. Hier bekenne ich mich leider ohne alle Reue als den Verführer einer Menschenseele!
    Nun war aber doch so viel Zeit vergangen, daß wir einen größeren Vorsprung einholen mußten, als erst in unserer Absicht gelegen hatte. Wir folgten der Fährte darum mit größerer Eile als vorher.
    Am Nachmittag lag die Südbiegung des kleinen Zab zu unserer Rechten hinter den steilen, waldigen Höhen, an deren Fuß wir uns befanden. Wir ritten längs eines kleinen Flüßchens, welches im Frühjahr höchstwahrscheinlich hoch angeschwollen war, jetzt aber kaum soviel Wasser hatte, daß es unseren Pferden bis über die Hufe reichte. Es gab hier außerordentlich viel lockeres Geröll, welches bei jedem Schritt unter den Pferden wich; zahlreiche freigespülte Wurzeln wurden uns hinderlich, und die vielen, kurzen Krümmungen des Flußbettes ließen uns nicht von der Stelle kommen.
    „Der Scheïtan muß den Kurden diesen Weg gezeigt haben!“ klagte Halef: „So ähnlich wie dieser muß der Pfad beschaffen sein, der vom Tod hinab in die Verdammnis geht, nur daß dieser hier nicht ab-, sondern aufwärts führt.“
    „Auch ich begreife nicht“, stimmte ich bei, „warum die Kelhur grad diese Steinrinne aufgesucht haben.“
    „Ah, gibt es endlich einmal etwas, was du auch nicht begreifst, Sihdi?“
    „Habe nur keine Sorge! Das Begreifen wird sich schon zur rechten Zeit einstellen.“
    „Wo sie nur hinwollen? Von hier aus führt doch kein Paß über diese Bergkette hinüber!“
    „Nein. Wenn ich mich nicht ganz irre, haben wir zwei Berge vor uns, die wir von unsern früheren Ritten her noch kennen, nämlich rechts den Meqilik und links den sonderbar gestalteten Nekuhl. Zwischen ihnen

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