290 - In den Gärten von Sha'mar
zusammengepferchten Opfern noch mehr Angst einzujagen.
»Zu mir!«, befahl der Gott und winkte Zaraa zu sich.
Sie gehorchte. Ihre Beine zitterten, wollten ihr den Dienst versagen. Dennoch fühlte sie sich von einer unwiderstehlichen Kraft auf das Ungetüm zugezogen.
Oguul legte einen seiner stark behaarten Arme auf ihre Schulter. Er stank säuerlich, nach Schweiß und rohem Fleisch. Vom Fell - war es denn ein Fell? - triefte Schweiß auf sie herab. Die Augen des Monstrums starrten sie lüstern an; die lange geteilte Zunge fuhr immer wieder aus dem grausamen Maul.
»Beginnt das Buzkaash!«, brüllte der Gott und stampfte dreimal auf dem Boden auf.
Frauen und Kinder wurden vor Oguul zusammengetrieben. Wie Vieh drängten sie sich aneinander und blickten verzweifelt um sich. Jünger umrundeten sie, stießen aggressive Töne aus und stachen mit langen Lanzen spielerisch auf sie ein. Ein Junge, vielleicht fünfzehn Jahre alt, wurde in der Seite getroffen. Er schrie vor Schmerz, drohte zu Boden zu stürzen, wurde im letzten Moment von mehreren Frauen in Sicherheit gebracht.
Gelächter. Schmähungen. Geschrei, das die zusammengepferchten Menschen in noch größere Panik versetzen sollte. Jünger spuckten in ihre Richtung, warfen Fackeln, traten, schlugen sie mit langen ledernen Riemen.
»Die Jagd kann beginnen!«, verkündete Oguul schließlich über das Wehklagen der Gefangenen hinweg. »Wer die Außengrenzen der Gärten von Sha'mar erreicht, ist tabu und darf sein Leben behalten«, erklärte er die Spielregeln dieses ganz besonderen Buzkaash. »Seid ihr zu langsam und zu ungeschickt, haben meine Jünger das Recht, frei über euch zu verfügen. Ihr erhaltet ausreichend Vorsprung, um eine Chance zu haben, zu entkommen. Und nun - lauft!«
Neuerliches Gebrüll ertönte, das die Frauen und Kinder einschüchterte.
Verschwindet endlich! , flehte Zaraa in Gedanken. Habt ihr denn nicht verstanden? Sie wollte sie anschreien, doch Oguuls animalische Präsenz nahm ihr jede Kraft.
Endlich löste sich ein Mädchen aus der Menge der Gefangenen. Langsam und zögernd trippelte es an den Kultisten vorbei, die ihre Hiebe und Stiche spielerisch andeuteten, ohne tatsächlich zu treffen.
Die junge Frau nahm nun die Beine in die Hand, lief immer rascher, weg vom offenen Gelände, hinein ins Grün der Gärten.
Es war, als hätte es dieser Initialzündung bedurft; nun spritzten die Opfer der Hetzjagd auseinander, rannten in alle Himmelsrichtungen davon. Manche Gefangenen hinterließen Blutspuren, andere beeilten sich so sehr, dass sie, noch bevor sie die Grünflächen erreichten, atemlos zusammenbrechen würden. Allesamt wirkten sie panisch, vom Geschrei der Jünger und dem alles übertönenden Gebrüll Oguuls in tiefste Angst versetzt.
»Es ist immer wieder ein Spaß«, lachte der Gott dröhnend. »Sie glauben wirklich, dass sie eine Chance hätten.« Er wandte sich Zaraa zu. »Und du, meine Blume, wirst heute die Gelegenheit erhalten, dich einem wahren Gott hinzugeben.« Er stieß sie von sich, Zaraa stürzte schwer zu Boden. »Du wartest hier!«, befahl er. »Die Vereinigung wird auf dem Höhepunkt der Nacht vor den Augen meiner Anhänger stattfinden!«
Die Jünger jubelten ihrem Gott zu, während Zaraa schwächer und schwächer wurde. Zu gern hätte sie sich augenblicklich in ein Messer gestürzt und ihrem Leben ein Ende bereitet. Doch die Magie, die Oguul ausstrahlte, erlaubte ihr diese Tat nicht.
»Und jetzt, meine Freunde - auf zur Jagd!«, brüllte der Gott. »Bringt mir dieses unwürdige Leben zurück. In Teilen oder im Ganzen, es ist mir einerlei!«
Die Kultisten fassten ihre Lanzen und Beile fester. Sie eilten davon, den Gefangenen hinterher, bald gefolgt von Gott Oguul, der, einem Tier gleich, auf alle viere fiel und seine Gefolgsleute mit weiten Bocksprüngen rasch hinter sich ließ.
Zaraa wollte sich rühren und aufstehen, doch sie konnte nicht. Sie würde hier auf ihren Herrn warten und all seine Wünsche erfüllen, sobald er zurückkehrte.
***
Matt bedeutete seinen Begleitern, sich tiefer ins Gebüsch zu ducken. Es raschelte. Äste knackten. Jemand brach durchs Unterholz; jemand, der sich nicht allzu viel Gedanken um die hier lauernden Gefahren machte.
Lange Efeuarme wucherten zwischen den Bäumen und erschwerten das Vorwärtskommen. Sud klebte an den Blättern, die Berührungen verursachten Schmerzen. Was so harmlos begonnen hatte, erwies sich nun als Hindernislauf. Zumindest mussten sie sich nicht mit Rishi
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