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292 - Chimären

292 - Chimären

Titel: 292 - Chimären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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wurde erneut verhaftet, da ihn Lobsang Champa auf frischer Tat ertappte. Chan musste zu seinem Entsetzen feststellen, dass der vermeintliche Waffenstillstand, den er mit dem König der Welt geschlossen zu haben glaubte, mehr als brüchig war. Lobsang Champa nutzte die Gelegenheit, den verhassten Widersacher endgültig loszuwerden.
    Der Große Rat Khoms verurteilte Chan zu einhundert Jahren Verbannung, die er mindestens zwanzigtausend Kilometer von Agartha entfernt verbüßen musste. Khyentses verzweifelte Fürsprache verhallte ungehört.
    »Wenn du dann in einhundert Jahren, im Jahr 2526 also, noch lebst, darfst du zurückkommen und um Begnadigung bitten.« Mit diesen Worten, die so bitter wie Galle schmeckten, warf der König Chan aus dem Paradies. Immerhin wurde es ihm gewährt, seine komplette Dienerschaft mitzunehmen und alles, was er irgendwie tragen konnte, denn trotz seiner schweren Verfehlungen war er ein Großer Rat .
    So kam es, dass der hasserfüllte Chan schließlich in Glesgo landete, wo er ganz gezielt das ehemalige Ibrox-Stadion der Rangers zur neuen Machtzentrale ausbaute, um mit eiserner Hand zu herrschen…
    ***
    Induu, 2426
    Triva war gerade zwölf Jahre alt geworden und das glücklichste Mädchen in ganz Kovlam, ach was, an der ganzen Südküste Induus. Ihr Vater Sukmanda, einer der besten Hilar des Landes, den seine Patienten voller Ehrfurcht nur den »Guhru« riefen, hatte dem überaus hübschen Mädchen während ihres Geburtstags eröffnet, dass er sie ab jetzt in die Kunst des ayveedischen Heilens einführen werde. [2]
    Vielleicht schaffte sie es ja mit den ayveedischen Techniken, den seltsamen Träumen zu entfliehen, die sie hin und wieder heimsuchten und von denen sie niemandem zu erzählen wagte.
    »Ich bin von Wischnu gesegnet«, sagte Triva zu ihrer Mutter und tippte scherzhaft auf den roten Punkt, den Danara wie alle hochstehenden Frauen auf der Stirn trug. »Die Kunst des Ayveeda und des Yoog zu erlernen, das habe ich immer gewollt. Und jetzt bringt Papa es mir doch bei, obwohl er immer gebrummt hat, dass das nichts für Mädchen sei, weil die Götter es nicht vorgesehen hätten.«
    »Er liebt dich eben über alles«, gab Danara lächelnd zurück und kaute ein paar Betelnüsse.
    Triva nickte und schaute über die Terrasse ihres Familienhauses, das auf einem Hügel lag, über den dichten Urwald hinweg. Ihr Bruder Kenna kam den Weg hochgerannt und schlug dabei mit einer Machete um sich. So tobte er sich aus und hielt gleichzeitig den Weg sauber. Triva liebte Kenna, auch wenn sie nicht verstehen konnte, warum er so wenig Interesse am Lernen zeigte.
    Als die Nacht kam und Schlafenszeit war, lag Triva mit bangem Herzen in ihren Kissen. Sie lauschte auf die vielfältigen Geräusche der Nacht, die der mondbeschienene Dschungel durch das offene Fenster hereintrug, und schaute den geheimnisvollen Schatten zu, die ihr Zimmer erfüllten. Obwohl sie immer müder wurde, schlief Triva nicht gerne ein. Denn manchmal kamen die Träume, die sie als eine der handelnden Personen unglaublich intensiv erlebte. Das war vor allem dann äußerst unangenehm, wenn sie im Traum starb. Und das tat sie öfters. Meist unter schrecklichen Umständen.
    Da war der Schiffsjunge namens Rubén Renzo Madeiro, der sie hin und wieder zu sein glaubte. Er befand sich auf einem seltsam aussehenden großen Schiff mit einem Mann namens Kolumbus, der eine kleine Flotte anführte. Rubén fuhr auf der Vizcaina und warnte seinen Kapitän Bartolomé Fiesco eindringlich vor dem schlechten Zustand des Schiffes. Fiesco reagierte tödlich beleidigt.
    Als er die Vizcaina tatsächlich aufgeben musste, ließ er Rubén gefesselt an Bord zurück. Die Panik, als das Wasser langsam stieg und schließlich das Ertrinken hatte Triva als Rubén so grausam realistisch erfahren, dass sie sicher war, von Wischnu in ihren Träumen tatsächlich in einen anderen Körper entführt zu werden.
    Manchmal wurde sie als dreijähriges Kind von einer Fliegerbombe zerrissen. Was war eine Fliegerbombe? Etwas, das unerträgliche Hitze hinterließ. Dann wieder machte sie Musik mit seltsamen Instrumenten und schnupfte Gifte in die Nase, die wie weißes Ayveeda-Pulver aussahen. Auch daran war sie schon qualvoll gestorben. Sie war in Bergwäldern erfroren. Als Wolfsmädchen? Und sie wusste, wie es sich anfühlte, wenn man beiden Geschlechtern gleichzeitig angehörte. Das löste Empfindungen in ihr aus, die sie am liebsten niemals erfahren hätte.
    Triva schwieg eisern

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