292 - Chimären
Brauntönen gehaltene Hosen, die in wadenhohen Stiefeln steckten, einen gelben, seitlich geschlitzten Rock mit Gürtel und eine elegante Weste darüber.
Mit ihm kam eine kleine, ältere Frau, die er als vertrauenswürdige Übersetzerin vorstellte.
Zuerst begrüßte Champa die beiden und machte Aruula Komplimente. Bevor er irgendwelche Rechte als König geltend machen konnte, wie es im Mittelalter gang und gäbe gewesen war, fragte Matt: »Konnten alle Besatzungsmitglieder des Zeppelins gerettet werden?«
Der König sah ihn nachdenklich an. »Das Wort Zeppelin wird in dieser Zeit nicht oft benutzt. Du willst aus der Zeit vor ›Christopher-Floyd‹ stammen, wie mir Große Rätin Gelongma berichtete. Aber das beeindruckt mich nicht. Du kannst diesen Begriff und viele andere irgendwo in den Bunkern Eurees oder Meerakas aufgeschnappt haben. Vom Streiter wissen hingegen nicht viele. Deswegen bin ich auf deine Geschichte gespannt. Ich hoffe, dass sie besser ist als die von den angeblich Versteinerten.«
Sie setzten sich an einen Tisch. Matthew Drax legte los und breitete vor Lobsang Champa sein ganzes Schicksal aus. Dabei wurde er immer wieder von Aruula unterstützt, die Teile der Geschichte aus ihrer Sicht erzählte.
Als er geendet hatte, schwieg Lobsang Champa fast eine Minute. Dann lächelte er plötzlich. »Also gut, ich bin geneigt, dir Glauben und Vertrauen zu schenken, Maddrax. Du bist ein intelligenter und wissender Mann. Auch redest du taktisch und rhetorisch geschliffen, du wendest psychologische Tricks an, um mich zu überzeugen. Sei versichert, ich kenne sie alle und noch ein paar mehr als du. Dass ich Aruula mit zu diesem Gespräch gebeten habe, war einer davon.«
Matt musste so verdutzt dreingeschaut haben, dass Champa auflachte. »Dass sie mich mit ihrer Schönheit verzaubert hätte, war nur ein Vorwand.« Er neigte sich der Barbarin zu. »Natürlich bist du eine Augenweide, keine Frage. Wichtiger aber war mir deine urwüchsige Sicht der Dinge. Sie hat mich letztlich überzeugt, deinem Begleiter Glauben zu schenken.«
Matt schluckte, dann nickte er. »Also gut. Danke für die ehrlichen Worte, König Lobsang. Was ich an Aruula habe, weiß ich schon seit über zehn Jahren.«
»Aber du sagst es mir nicht immer«, konterte sie.
»Du weißt es trotzdem.« Matt wandte sich wieder dem König zu. »Dann wirst du dich also mit mir über den Streiter beraten? Ich hoffe, dass sich in dem unermesslichen Wissen, das ihr hier hütet, vielleicht eine Waffe gegen ihn finden lässt.«
Der König lächelte. »Ich weiß, was in früheren Zeiten auf der ganzen Welt über das Königreich Agartha geflüstert wurde. Natürlich haben unsere Urahnen immenses Wissen gesammelt und eine technische Hochkultur aufgebaut. Aber glaube mir, auch in Agartha gibt es längst nicht auf jede Frage eine Antwort und für jedes Problem eine Lösung. Am Ende sind auch wir nur Menschen.«
Matt war ein klein wenig enttäuscht. Er musste zugeben, wie selbstverständlich Wunderdinge erwartet zu haben. »Diese riesige Bibliothek - gibt es sie denn wirklich? Oder ist sie nur eine Legende?«
»Es gibt sie, Maddrax, aber sie ist uns mit der Zeit über den Kopf gewachsen. Vieles von dem Wissen ist nicht mehr aufzufinden, weil Ordnungsregister und Stichwortverzeichnisse verlorengegangen sind.«
»Dann habt ihr also keine Antwort auf den Streiter?«
»Lass mich etwas vorausschicken, Maddrax. Ich habe dich auch deswegen zu diesem persönlichen Gespräch vor der offiziellen Audienz gebeten, weil ich wissen muss, was du tatsächlich über den Streiter weißt. Die Informationen, die uns zugetragen wurden, sind eher dürftig. Er wurde von einem anderen kosmischen Wesen, dem Finder , vor dessen Vernichtung hierher gerufen, und seine Macht soll so gewaltig sein, dass er vermutlich bei seiner Ankunft die Erde zerstören wird.«
»Und das hauptsächlich im Zorn, weil seine Beute, der Wandler , die Erde längst wieder verlassen hat«, fügte Matt hinzu. »Man könnte ihn als schonungslosen Jäger sehen und den Finder als seinen Jagdhund, der ihm den Weg zum Wild weist.«
Lobsang Champa nickte. »Der Vergleich leuchtet ein. Ich bitte dich, mich umfassend zu informieren, bei der Audienz aber nur ausgewählte Fakten, die wir festlegen werden, zu berichten.«
»Warum?«, fragte Matt verblüfft.
Lobsangs Finger trommelten auf der Tischplatte. »Vor einigen Jahren haben subversive Kräfte, die ihren Ursprung ganz sicher im Großen Rat Khom haben, versucht,
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