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292 - Chimären

292 - Chimären

Titel: 292 - Chimären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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Erlass verbindlich für die kommenden Generationen.
    Chan hatte eine Menge mehr oder weniger gescheiter Kommentare zu diesem Vorgang gelesen, der die Philosophen und Wissenschaftler Agarthas noch viele Jahre danach beschäftigt hatte - und die darauf hinwiesen, dass sich nicht alle an das Verbot gehalten hatten. Wie sonst hätten die Schreiber wissen können, was sie in der Gedankensphäre erwartete? Ein Großer Rat und Philosoph namens Pel war Francesca ebenfalls begegnet, allerdings am mongolischen Kaiserhof in Peking!
    Pel zog den Schluss, dass die Maschine Francesca einen Teil ihrer Gedanken und Erinnerungen ausgesaugt und gespeichert hatte, bevor die Frau sich befreien konnte. In dieser gespeicherten Gedanken- und Empfindungswelt könnten sich nun mental Begabte bewegen und all das erleben, als sei es echt, selbst die intimsten Gedanken und Gefühle. Zudem behauptete Pel, dass in der Maschine die Mentalsubstanz vieler weiterer Menschen abgespeichert war, vielleicht sogar von Hunderten.
    Chan glaubte, dass Pel recht hatte. Der Philosoph hatte ganz eindeutig Einsicht in weitere Quellen zur Gedankensphäre gehabt, denn er sprach davon, dass der Reisende Einfluss auf die Maschine nehmen könne, indem er sich intensiv vorstelle, was er erleben wolle. Die Gedankensphäre würde dann, sofern entsprechende Gedanken und Erinnerungen vorlagen, die gewünschte Umgebung generieren.
    Am Anfang war das bei mir sicher noch nicht so , versuchte sich Chan zu erinnern. Die Maschine hat mich einfach irgendwo in Francescas Gedankenwelt integriert. Oder habe ich unbewusst an etwas gedacht, aus dem die Maschine die Hexenverbrennung konstruiert hat? Und warum bin ich ausgerechnet in Francescas Gedankenwelt gelandet? Weil sie das letzte Opfer der Maschine war?
    Eines scheint jedenfalls sicher: Als ich mir vorstellte, Francesca solle mich verführen, hat die Gedankensphäre genau diese Situationen für mich geschaffen. Wenn es wirklich Francescas Erinnerung war - welchem Erlebnis liegt sie zugrunde? Hat sie auf diese Weise diesen Niccolò Polo verführt?
    Weniger rätselhaft war Chan der Umstand, dass ihn die Gedankensphäre kurz vor dem Höhepunkt in die Wirklichkeit zurückgeschleudert hatte. Pel und andere Reisende berichteten, dass die Maschine Probleme damit hatte, emotionale Überreaktionen des Reisenden zu verarbeiten, und den Zugriff dann kurzerhand beendete.
    Beim zweiten Mal werde ich das besser machen…
    Chan vertraute auf sein Glück und hängte sich erneut an die Gedankensphäre . Das Login verlief genau wie damals, nur dass er sich dieses Mal ganz gezielt Francesca in knappen Unterkleidern vorstellte. Gleich darauf stand er ihr in einem verschwenderisch ausgestatteten Schlafzimmer gegenüber.
    Die junge Frau lag im Mieder auf dem Bett und nähte an einem Kleid. Erschrocken fuhr sie hoch, als Chan plötzlich im Zimmer stand. Ihre Augen weiteten sich. Sie begann zu zittern.
    »Nein, bitte, nicht wieder Ihr. Was wollt Ihr hier? Lasst mich in Ruhe, bitte…«
    Chan lachte laut. Er dachte gar nicht daran. Seine Gier wuchs ins Unermessliche, als er sie so liegen sah. Noch immer hatte er ihren Geruch in der Nase. Er wollte ihn wieder in sich aufnehmen, sich daran berauschen…
    Francesca schob sich vom Bett. Sie versuchte durch eine Seitentür zu entkommen. Chan spielte mit ihr, jagte sie durch das Zimmer und warf sie aufs Bett. Ihr Flehen rührte ihn nicht. Auf brutale Art und Weise nahm er sich nun, was er seit so vielen Jahren begehrte, achtete aber darauf, nicht vollends in seinen Emotionen zu versinken, sondern sich immer der Künstlichkeit der Situation bewusst zu bleiben. So verhinderte er einen erneuten Abbruch durch die Sphäre.
    Schließlich schaute er ohne die geringsten Gewissensbisse auf das wimmernde Bündel Mensch hinab, das zusammengekrümmt auf dem Bett lag und Tränen der Scham und des Hasses in das Kopfkissen vergoss.
    Chan stellte sich die Geheime Kammer vor - und war im nächsten Moment zurück.
    Nur zwei Tage später trieb Chan das grausame Spiel erneut. Er hatte die Zeit fast ausschließlich damit zugebracht, sich neue Varianten auszudenken, und setzte sie nun um, so weit die Gedankensphäre mitspielte. Chan jagte Francesca durch halb Venedig, nahm sie auf einer Gondel und übergab sie schließlich dem Henker auf dem Markusplatz, um sie als Hexe hinrichten zu lassen. Er wollte wissen, ob Francesca beim nächsten Mal auch dann noch da war, wenn er sie töten ließ.
    Er sollte es nicht mehr erfahren. Chan

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