292 - Chimären
Kampftrupp in den Geheimen Kammern aufzuhalten schien. Die Agarther hatten viel schneller von den Ereignissen hier unten Wind bekommen, als ihm lieb war. Und sie handelten entschlossen, obwohl ihre halbe Führungselite ausgelöscht war.
»Wir müssen hier schnellstens weg«, sagte der Chefexekutor, der sich trotz allem nicht darauf verlassen wollte, dass der ZERSTÖRER siegreich blieb. »Gibt es noch andere Wege aus den Geheimen Kammern ?«
Khyentse bejahte.
»Gut. Aber zuerst sperren wir die da irgendwo ein. Gibt es eine Möglichkeit?«
Wieder fiel die Antwort der Großen Rätin zu seiner Zufriedenheit aus. So nahm er Xij hoch, als sei sie eine Puppe, und warf sie sich über die Schulter. Er sperrte sie in die erste einer Reihe leerer Kammern in der Beta-Sektion, die nicht elektronisch gesichert waren, sich aber von außen verriegeln ließen. Überbleibsel aus der Anfangszeit der überlebenden Atlasser, als hier unten die Gefängnisse angelegt worden waren.
Anschließend führte ihn die Große Rätin auf Schleichwegen aus dem Labyrinth. Währenddessen arbeitete Alastars Gehirn auf Hochtouren.
Ich habe nur noch eine Chance: Ich muss den König in meine Gewalt bringen und ihn hypnotisieren, damit er alle Schuld von mir nimmt und auf die einfältige Alte abwälzt. Und dann soll er mich zu seinem persönlichen Berater machen. Als solcher finde ich sicher einen Weg, Maddrax, Aruula und Rulfan liquidieren lassen. Aber dafür muss ich Lobsang Champa erst mal zu fassen kriegen…
***
Derweil erwachte Xij in ihrem Gefängnis aus der Bewusstlosigkeit - und stellte fest, dass noch immer Francescas Geist in ihr war. Seltsam - er fühlte sich fast so an wie ein Teil ihrer eigenen Erinnerung. War Francesca in ihr aufgegangen? Nein, nicht ganz; noch dachte sie zweigleisig. Ein verwirrendes Gefühl!
Sie sah eine Pritsche, die an Ketten in die Wand eingelassen war, stand auf, kratzte an der Stahltür und trat schließlich schreiend mit dem Fuß dagegen. Dann tastete sie über die Steinmauern, um irgendwo einen Ausgang zu finden.
Xij wollte raus hier - zurück in das Schlafzimmer nach Venedig, das sie nun permanent vor sich sah, wie einen zweiten, geisterhaften Film, der an die Gefängnismauern projiziert wurde. Ein Teil von Francescas Geist war immer noch dort, so voller Angst wie sie selbst. Xij spürte es deutlicher als je zuvor. Sie fühlte, dass Francesca zu ihr wollte und nun verzweifelt durch Venedig lief, um einen Weg zu finden; so wie sie versuchte, einen Weg aus der Zelle zu finden, um zu Francesca zu kommen.
Xij sah das Gewimmel auf dem Markusplatz und konnte gleichzeitig an den Gedanken der immer verzweifelter werdenden Francesca teilhaben. Sie waren eins und doch immer noch zwei, weil dieser gottverfluchte Hund von Alastar ihre so lange ersehnte Vereinigung verhindert hatte.
Such einen Magier auf , bat Xij Francesca. Vielleicht kann er uns helfen…
Ja, das ist eine gute Idee. Ich kenne einen, der uns tatsächlich helfen könnte…
So geisterhaft durchsichtig wie die Bilder, kamen auch die Gedanken bei Xij an. Ungeduldig wartete sie und beobachtete, was Francesca zustande bekommen würde.
***
»Wir müssen unbedingt an König Lobsang rankommen«, herrschte Alastar Khyentse an, als sie die Geheimen Kammern verlassen hatten und sich nun in Kavernen unterhalb des Palastes versteckten, in denen es garantiert keine Überwachungskameras mehr gab. Khyentse kannte sich auch hier unten bestens aus. Früher war sie oft mit Chan hiergewesen, als dieser die verschollenen Teile der Bibliothek der Welt in den Kavernen vermutet hatte.
»Lobsang? Ich weiß nicht…« Khyentse starrte Alastar, der nun wie ein schwarzer Dämon wirkte, ängstlich an.
»Los, denk nach. Für was tun wir das eigentlich? Damit du Königin werden kannst! Ein bisschen darfst du dich also schon dafür anstrengen.«
»Ja, natürlich, ich… ich weiß nicht…« Khyentse, die sich auf einen Stein gesetzt hatte, versuchte tatsächlich zu überlegen und Ruhe in ihre rasenden Gedanken zu bringen. »Vielleicht… vielleicht…«
»Was, vielleicht . Sag, was du denkst, verstanden?« Alastar konnte sich nur noch mit Mühe beherrschen.
»Ja.« Khyentse schluckte. »Wenn… wenn… ich meine, wenn Lobsang sich bedroht fühlt, dann zieht er sich manchmal in den Panikraum zurück, den er sich hat bauen lassen.«
»Ein Panikraum? Was soll das sein?«
»Lobsang fühlt sich manchmal verfolgt. Er glaubt dann, dass ihn alle möglichen Leute töten wollen
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