292 - Chimären
und schaute dem Duell voller Angst zu.
Schließlich warf Alastar die junge Frau nieder, kniete sich auf ihren Brustkorb und bekam sie mit hartem Griff an der Gurgel zu fassen.
»So, mein Täubchen«, keuchte er. »Jetzt ist es endgültig aus. Eigentlich wollte ich mich ja vorher noch mit dir vergnügen, aber dazu habe ich jetzt keine Zeit. Stirb also freudlos.«
Alastar drückte brutal zu. Sein Griff war der einer eisernen Klammer. Xij zuckte und röchelte, umfasste mit beiden Händen sein Gelenk und versuchte die Hand von ihrem Hals zu ziehen.
Der Chefexekutor lachte, als ihr die Augen aus den Höhlen traten.
***
Matt, Aruula und Rulfan saßen mit Lhündrub bei einem Imbiss in einem kleinen Restaurant in Palastnähe zusammen. Matt, der noch immer unter dem Eindruck des Geschehenen stand, brachte aber kaum einen Bissen herunter, obwohl es schon Stunden her war, dass er den ZERSTÖRER bezwungen hatte.
Über seinen Handheld-Computer ging eine Meldung bei Lhündrub ein. Der Große Rat runzelte die Stirn. »Wir haben eine erste Spur von Khyentse«, sagte er. »Die Aufzeichnungen belegen, dass ein Zugang zu den Geheimen Kammern von ihr aktiviert wurde, kurz bevor der ZERSTÖRER freikam. Aber es gibt keine Bilder der Überwachungskameras, die sie innerhalb des Bereichs zeigen.«
»Sind die Kameras ausgefallen?«, fragte Matt alarmiert.
Lhündrub kratzte sich am Bart und verzog das Gesicht. »Nein, das nicht. Ein Bild wurde aufgezeichnet. Aber Khenchen, der die Aufnahmen untersucht hat, meint, dass etwas damit nicht stimmt. Es sieht zu statisch aus.«
»Als würde ein Standbild gezeigt?«, folgerte Matt. Er hatte in seiner Jugend genügend Mission-Impossible-Filme gesehen.
Lhündrub nickte bedächtig. »Das steht zu vermuten, auch wenn wir nicht wissen, wie sie es gemacht hat - und warum. Man darf diese Frau nicht unterschätzen, auch wenn sie manchmal ein wenig wunderlich…«
Ein Signalton schnitt ihm das Wort ab. Eine weitere Meldung lief auf dem Computer ein. Der Große Rat Lhündrub wurde wachsbleich. »Der ZERSTÖRER, er ist wieder aufgetaucht und hat die Wachen massakriert! Ein Soldat ist ihm entkommen. Er versteckt sich in der Alpha-Sektion und bittet dringend um Verstärkung.«
»Shit!« Matt sprang auf. Er hatte es doch geahnt! »Wir müssen sofort hin!« Dann stutzte er. Aruula blieb einfach sitzen, als hätte sie ihn nicht gehört. Ihr Blick war starr auf einen Punkt über der langen Theke gerichtet. Matt folgte ihrer Blickrichtung - und versteifte ebenfalls. »Was ist das?«, hauchte Rulfan fassungslos.
Zwischen den Flaschen, die dort auf den Regalen standen, saß eine durchscheinende Gestalt und beobachtete sie. Ein junger Mann mit europäischen Gesichtszügen.
Ein Geist!
Aruula begann zu zittern und murmelte ein Gebet an Wudan. Ein weiterer Geist erschien und drehte einige Runden über den Köpfen der anderen Gäste, unter denen lautstarke Unruhe aufkam. Eine Frau schrie schrill.
Auch Matt fühlte Eiseskälte sein Rückgrat herabrieseln. »Kannst du lauschen ?«, flüsterte er in Aruulas Richtung.
Die Kriegerin sah ihren Gefährten kurz an, nickte dann und begab sich in ihre Lauschposition. Eine halbe Minute später hob sie den Kopf bereits wieder. Sie zitterte nicht mehr. »Sie sind weg, nicht wahr?«
Tatsächlich waren die beiden Geister gegangen. Das Chaos, das die fliehenden Gäste anrichteten, schien sie verschreckt zu haben.
»Was hast du gefühlt?«, fragte Matt.
»Sie sind… glücklich«, flüsterte Aruula in einem Ton und mit einem Gesichtsausdruck, als würde sie an diesem Glück teilhaben. »Und zufrieden, dass sie endlich frei sind. Sie waren viele Jahrhunderte in einem Gefängnis eingeschlossen, dem sie jetzt entkommen sind. Der Mann zwischen den Flaschen hieß Alessandro Totti und dachte an seine schöne Zeit im Doschaan-Palast und an seine Tochter Frantscheska.«
»Meinst du den Dogen-Palast?«, fragte Matt.
»Ja, möglich.«
»Dann stammt er aus Venedig. Dem Venedig lange vor ›Christopher-Floyd‹!«
Ein neuerliches Rätsel - aber eines, mit dem sie sich erst später befassen konnten. Jetzt gab es Wichtigeres zu tun. Sie brachen auf, um sich erneut dem ZERSTÖRER entgegenzustellen.
Dank der Meldungen, die nun fast minütlich bei Lhündrub eintrafen, wussten sie, dass die Chimäre die Alpha-Sektion verlassen hatte und sich nun im Palast befand. Rücksichtslos wie ein Bulldozer bahnte sie sich ihren Weg und hinterließ dabei eine Spur der Verwüstung. Niemand
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