2934 - Der Tod hat kein Pseudonym
wünschen würde, dass sie einmal jemand mit ihr machte. Aber ich glaube, außer in ihren Romanen hat sie nicht den Schneid dazu.«
»Was aber noch lange kein Grund ist, ihr nachzustellen«, sagte Phil schroff.
Tillim winkte ab. »Ach ja, die Klage. Das Miststück hatte nicht mal genug Schneid, sie selbst einzureichen, sondern hat ihren Verlag vorgeschickt. Das hat mir die Augen geöffnet. Ich dachte, dass sie und ich auf einer Wellenlänge wären, was das Thema Erotik angeht, aber jetzt weiß ich, dass das ein Irrtum war. Ich käme mit der Protagonistin in ihren Romanen gut klar, nicht jedoch mit der echten Miss Saxon. Schade, aber so ist das halt.«
»Ein gutes Motiv für einen Mord«, sagte ich kühl.
»Ach was«, fauchte Tillim. »Ja, ich kann die Alte nicht leiden. Sie täuscht nur etwas vor und steht nicht zu dem, was sie schreibt. Aber habe ich deshalb versucht, sie umzubringen? Nein, habe ich nicht. Und habe ich ihre Literaturagentin getötet? Nein, auch das nicht. Und noch dazu mit Gift – das ist mir zu weibisch. Ich bin ein Mann, keine Frau.«
»Gut, schauen wir, was Ihr Alibi zu erzählen hat«, sagte ich.
Er drehte seinen Kopf in Richtung des Schlafzimmers und rief: »Hey, Kleine, lass dir nicht zu viel Zeit, hier warten drei Kerle auf dich!«
»Manchmal finde ich es schade, dass Chauvinismus an sich noch keine Straftat ist«, meinte Phil.
Ich konnte erkennen, dass er Tillim am liebsten eine runtergehauen hätte, aber er hatte sich gut unter Kontrolle. Immerhin zeigte sich Tillim durch Phils Blick ein wenig eingeschüchtert.
Dann kam die junge Dame, die sich vorher in seinem Bett geräkelt hatte, zu uns. Sie hatte einen Morgenmantel übergeworfen und ihre Haare einigermaßen ordentlich gekämmt. Ihren Schock darüber, dass plötzlich zwei fremde Männer neben ihr aufgetaucht waren, hatte sie wohl überwunden.
»Guten Morgen, Madam, wir sind vom FBI New York, Agent Cotton und Agent Decker«, sagte Phil und zeigte seine Dienstmarke vor.
»FBI? Wir haben nichts Verbotenes gemacht«, sagte sie.
»Das haben wir auch nicht behauptet«, sagte Phil. »Wir sind auch nicht wegen Ihnen, sondern Mister Tillim hier. Er hat ausgesagt, dass Sie seit heute früh bei ihm waren. Können Sie das bestätigen?«
Sie lächelte. »Eigentlich sind wir schon seit gestern Abend hier im Hotelzimmer. Und keiner von uns hat das Bett länger als zehn Minuten verlassen, außer als wir es im Bad miteinander getrieben haben. Er war die ganze Zeit bei mir, und Mann – meine Muschi war noch nie so wund.«
Offenbar war die junge Frau genauso drauf wie Tillim. Anscheinend hatten sich die beiden gesucht und gefunden. Aber das war für unsere Ermittlungen irrelevant. Wir ließen uns ihre Personalien geben, die Phil notierte, und baten sie dann, ihre Aussage kurzfristig im FBI Field Office schriftlich zu bestätigen. Sie hieß Elvira Desmontes. Mehr konnten wir nicht tun. Entsprechend verließen wir das Hotelzimmer und fuhren mit dem Fahrstuhl nach unten, in die Lobby des Hotels.
»Wenn sie die Wahrheit gesagt hat, kann er es nicht gewesen sein«, sagte ich. »Was meinst du?«
»Das, was sie sagte, klang ehrlich«, antwortete Phil. »Für meinen Geschmack etwas zu offen, aber ehrlich.«
»Dann wissen wir jetzt, dass Herb Tillim nicht gut auf Miss Saxon zu sprechen ist, sich aber zur Tatzeit nicht in der Buchhandlung aufgehalten hat«, fasste ich zusammen. »Nehmen wir uns also den Nächsten vor, diesen Walter Boeman.«
Wir durchschritten die Hotellobby und gingen dann weiter zum Jaguar. Bisher tappten wir immer noch im Dunkeln. Ich hoffte, dass sich das bei unserem nächsten Verdächtigen ändern würde.
***
Walter Boeman, der zweite Stalker von Sandy Saxon, war in der Bronx im Rosehaven Hotel abgestiegen, das wesentlich günstiger war als das Excelsior . Wie eine kurze Untersuchung seines Backgrounds ergab, war er kein wohlhabender Mann, sondern lebte von Gelegenheitsjobs und der Wohlfahrt. Mit Herb Tillim hatte er nur seine zwanghafte Fixierung auf Sandy Saxon gemein.
»Boemans Probleme fingen wohl an, als er sich hat scheiden lassen«, informierte mich Phil während der Fahrt, als er die Akte des Verdächtigen durchging. »Kurz danach hat er seinen Job verloren und wurde ein paar Mal eingebuchtet, weil er aufgrund überhöhten Alkoholkonsums Ärger gemacht hatte. In letzter Zeit gab es weniger solcher offiziell erfasster Vorgänge – vielleicht hat er sich gefangen.«
»Oder eine Sucht gegen die andere
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