2938 - Versteck dich, wenn du kannst!
wer nicht direkt neben uns stand, hatte noch gar nicht mitbekommen, was los war.
»Wir müssen ihn hier rausschaffen«, rief ich Phil zu. Mein Partner nickte und griff den Jungen unter den Achseln, während ich seine Knie packte. So schnell es inmitten dieses Tohuwabohu ging, trugen wir den Verletzten von der Tanzfläche. Er war nicht gerade klein, aber überraschend leicht. Besorgt blickte ich in sein Gesicht, das bereits wächsern wurde. Die Augen hatten sich nach oben gedreht, man konnte nur noch das Weiße sehen. Im Chill-Room schrien die Anwesenden entsetzt auf, als wir hineinstürmten.
»Rufen Sie einen Notarzt!«, wies ich den Nächstbesten an, dann legten wir den Jungen auf den Boden. Auf einigen der Liegestühle waren Handtücher drapiert, ich riss eines herunter und presste es auf die Wunde.
»Junge, kannst du mich hören?« Mein Mund lag dicht am Ohr des Verwundeten. Seine Lider flatterten und die Finger krampften sich um das Handtuch, das bereits voller Blut war.
»Ich fürchte, es ist zu spät«, murmelte Phil und reichte mir ein neues Handtuch.
»Er hatte Streit mit einem Kerl«, sagte jemand. Ich blickte nach oben und erkannte einen der Kampfsportler, mit dem wir an diesem Abend bereits Bekanntschaft gemacht hatten. »Einem Kerl, den ich noch nie hier gesehen habe. Mitte dreißig, dunkles Haar.«
»Hast du gesehen, ob er geschossen hat?«
Der Junge, dem der Schock ins Gesicht geschrieben stand, schüttelte den Kopf. »Der andere kam hier reingestürmt, daraufhin brach hier das Chaos aus. Eines der Mädchen, das hier mit einer Freundin saß, schrie plötzlich wie am Spieß, die beiden sind im Waschraum verschwunden. Der Fremde wollte ihnen nach, aber er hier«, der Junge deutete auf den am Boden Liegenden, »hat ihn daran gehindert und ihn wieder in den Tanzsaal gezerrt. Mehr habe ich nicht gesehen.«
»Der andere hat auf ihn geschossen«, fluchte Phil. »Inmitten der Leute und geschützt durch den Höllenlärm der Musik.«
»Kam er wieder zurück?«, wollte ich wissen.
Mein Gesprächspartner zuckte die Schultern. »Ich bin gleich nach den beiden wieder rausgegangen, um mir an der Bar einen Softdrink zu holten.«
Auch von den anderen Anwesenden konnte uns niemand weiterhelfen. Niemand wusste, ob der Schütze in den Chill-Room zurückgekommen und womöglich in den Waschraum der Frauen eingedrungen war.
»Bleib bei ihm, press das Handtuch auf die Wunde, rede mit ihm«, forderte ich den Kampfsportler auf. »Ein Notarzt müsste gleich da sein«
»Phil, wir beide müssen da hinein!« Ich zog meine SIG Sauer, was zu einem erneuten Aufschrei unter den anwesenden Teenagern führte.
»Ladys und Gentlemen, wir sind vom FBI.« Wir hielten unsere Marken hoch, was jedoch keineswegs beruhigend auf die jungen Leute zu wirken schien.
»Jemand von Ihnen verrät uns bitte sofort die Kombination des Abends, damit wir in den Waschraum gehen können. Danach verlassen Sie umgehend diesen Raum. Ich will nicht riskieren, dass noch jemand verletzt wird.«
Eine junge Rothaarige sprang eilfertig auf und tippte den Zahlencode ein. Die Tür sprang auf und Phil und ich gingen vorsichtig und mit gezückter Waffe hinein. Hinter uns beeilten sich die geschockten Gäste, aus dem Waschraum hinauszukommen. Ich schaffte es gerade noch, dem Türsteher eine SMS zu schicken, dass niemand das Gebäude verlassen dürfe, dann standen wir im Waschraum, der genauso leer war wie ungefähr eine Stunde zuvor. Die rote Tür hinter uns fiel zu. Zum ersten Mal an diesem Abend umfing uns totale Ruhe.
***
Als der Mann, der ihren Vater ermordet hatte, im Chill-Room des La Piscine auftauchte, hatte Michelle völlig unkontrolliert angefangen zu schreien.
Sie hatte eine gefühlte Ewigkeit gebraucht, um herzufinden, war zunächst mit der Subway gefahren und hatte dann kurz entschlossen ein Taxi genommen. Es hatte sie ein Vermögen gekostet, aber das war ihr total egal. Gwen hatte, wie vereinbart, hier auf sie gewartet.
Sie war nicht alleine gewesen, ein Freund von ihr, ein schlaksiger Kerl mit wachem Blick, der sich als Cameron vorstellte, war bei ihr gewesen. Doch als sie Gwen bedeutet hatte, sie unter vier Augen sprechen zu müssen, hatte deren Begleiter nur mit dem Kopf genickt und sich ein Stück abseits gesetzt.
Gwen war völlig schockiert gewesen von dem, was Michelle ihr erzählte. »Mein Vater ist in Houston. Er kommt erst übermorgen zurück«, teilte sie ihrer Chatfreundin mit. Die daraufhin fast in Tränen ausgebrochen
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