294 - Der Keller
respektvollem Abstand dazu, weil sie Graubergs Häscher fürchteten - beziehungsweise den Fremden, der bereit gewesen war, ein Vermögen für Jurgis auszugeben.
Was genau er sich von dem Hermaphroditen erhoffte, wussten sie beide nicht, und wann immer Jurgis darauf zu sprechen kam und über die Beweggründe spekulierte, wiegelte Jelena ab. Das Thema schien ihr unangenehm.
Davon abgesehen wuchs sie Jurgis von Tag zu Tag mehr ans Herz, und er spürte, dass es ihr ebenso erging. In erschöpfenden Tagesmärschen wandten sie sich ostwärts, ohne ein bestimmtes Ziel zu haben. Nachts rasteten sie, ohne es zu wagen, ein Feuer zu entzünden. Sie aßen, was die Natur für sie bereithielt. Jelena plünderte mit Vorliebe die Nester von einheimischen Vögeln. Dabei kletterte sie so behände selbst in die Wipfel hoher Bäume, dass es Jurgis den Atem verschlug. Er selbst fühlte sich am Boden sicherer.
Manchmal kamen sie in die Nähe von Gehöften, und sie hörten verlockende Laute von Kleinvieh. Aber sie wagten nicht zu stehlen, weil sie sich nicht noch mehr Menschen zum Feind machen wollten.
Irgendwann aber reichten ihnen die Beeren, Pilze und Wurzeln nicht mehr, und der Hunger wurde so bohrend, dass Jelena vorschlug, dem nächsten Bauern ihre Arbeitskraft im Tausch gegen Nahrung anzubieten.
Jurgis hatte ein ungutes Gefühl, gab aber schließlich nach. Bald darauf entdeckten sie eine zum Himmel aufsteigende Rauchsäule, die den Standort eines Gehöfts markierte, und sie liefen darauf zu.
Doch der Bauer jagte sie davon. Er drohte ihnen, sie umzubringen, wenn sie sich an seinem Besitz vergriffen. Hilfe brauche er keine, es sei denn, Jelena allein wolle bei ihm bleiben und ihm zur Hand gehen.
Sein lüsterner Blick hatte die beiden Vagabunden Reißaus nehmen lassen. Erst recht, als sie sahen, dass der durchtriebene Kerl ihnen seine Hunde auf den Hals hetzen wollte.
Mit Einbruch der Dunkelheit erreichten sie einen halb verfallenen Viehunterstand, in dem sich Reste von Heu und Stroh befanden. In unmittelbarer Nähe plätscherte ein kleines Rinnsal von Bach dahin. Sie wuschen sich die verschwitzten Gesichter und stillten ihren Durst. Der Hunger aber blieb. Ganz eng legten sie sich ins Heu, und je dunkler es wurde, desto mehr schien bei Jelena der Wunsch nach Wärme und Nähe zu wachsen.
Jurgis machte sich steif wie ein Brett, als er ihre Hand auf seiner Brust spürte. Sie waren so viele Tage unterwegs, aber noch nie waren sie sich körperlich nahe gekommen.
»Ist es so schrecklich, wenn ich meine Hand da liegen habe?«, flüsterte Jelena ihm zu.
»Es ist… alles andere als… schrecklich.«
»Warum versteifst du dich dann so?«
Er schwieg. Was sollte er auch antworten? Das Einzige, was er in diesem Moment wirklich fürchtete, war, dass sie ihre Hand zurückzog.
Aber das tat sie nicht.
Nach einer Weile begann sie ihm über den Bauch zu streichen. »Du bist so warm«, flüsterte sie, »und mir ist so kalt…«
Es ist doch gar nicht kalt , wollte er erwidern. Aber er konnte sich gerade noch auf die Zunge beißen.
Alles war gut - bis sie die Hand unter seinen Nabel gleiten ließ.
Da stieß er Jelena weg und sprang auf. »Nein! Nicht! Du weißt nicht -«
Katzenhaft richtete sie sich ebenfalls auf. Aber nur, um ihm ihre Hand auf den Mund zu legen, während sie gleichzeitig mit der anderen nach ihm griff und seine Hand zu ihrer Brust hinauf führte.
Die Erregung versetzte ihn in einen nie gekannten Taumel.
»Sag nichts. Sag gar nichts mehr«, hauchte Jelena. »Alles ist gut. Nichts an dir kann mich erschrecken. Hörst du? Nichts!«
Er wollte es so gerne glauben, und doch zog es ihm den Magen zu einem harten Klumpen zusammen. Er zitterte, hatte das Gefühl, abwechselnd in Feuer und Eiswasser getaucht zu werden.
»Ich war noch nie mit einem Mann so zusammen, wie ich es mir mit dir ersehne!«
Ich bin kein Mann , dachte Jurgis, ohne es unterdrücken zu können. Ich bin ein Irrtum der Natur.
Als könnte sie seine Gedanken lesen, flüsterte sie: »Zweifle nicht an dir. Du bist… perfekt.«
Er wollte es so gerne glauben…
... und irgendetwas an Jelena schaffte es hinter seine Deckung, die er um sich herum errichtet hatte.
Er stellte jeden Widerstand ein. Seine Hand begann ihre festen Brüste zu kneten, und ihre Hand wanderte weiter nach unten. Er wehrte sich nun nicht mehr, sondern drängte seine Lenden den ihren entgegen. Eng aneinander geschmiegt sanken sie wieder zurück ins Heu.
Es wurde die glücklichste Nacht in
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