2947 - Die Hoover Boys
ist vorbei«, sagte sie. »Das sollten Sie wissen, es ist vorbei. Schon seit etwa einem Monat. Ich habe die Sache beendet, weil – ich weiß, dass es ein Fehler war, ich war schwach und habe mich auf etwas eingelassen, das ich nicht hätte tun sollen. Und jetzt, wo Jim tot ist, bereue ich es noch mehr als vorher.«
Man sah ihr an, dass sie es wirklich bereute. Sie wirkte wie ein Häufchen Elend, als wäre sie um zehn Jahre gealtert. Die Nachricht vom Tod ihres Mannes hatte deutliche Spuren bei ihr hinterlassen.
»Und wann hat die Affäre angefangen?«, fragte Phil.
Sie schaute kurz auf und richtete ihren Blick dann wieder nach unten. »Vor etwa einem halben Jahr. Ich hatte mich bei einem neuen Tennisverein angemeldet und dort habe ich ihn kennengelernt – Dennis Dexter. Er sah gut aus, war charmant und an mir als Frau interessiert. Irgendwie kam eines zum anderen und wir sind uns nähergekommen. Ich weiß, ich hätte es nicht zulassen sollen, aber ich war schwach. Er war ein junger, attraktiver Mann und ich – ich, ach, was soll’s, ich bin zu weit gegangen, ich weiß. Ein bisschen flirten wäre ja in Ordnung gewesen, aber irgendwie habe ich die Grenze überschritten und dann noch ein Stück mehr, Sie wissen ja, wie das ist.«
»Wusste Ihr Mann von Mister Dexter?«, fragte ich.
»Ich habe es ihm nie gesagt«, antwortete sie. »Aber ich glaube, dass er irgendwann etwas gemerkt hat. Wenn man so lange zusammenlebt, kennt man den anderen und merkt, wenn eine Veränderung vorgeht. Jim hat mich nie darauf angesprochen, aber ich bin mir sicher, dass er zumindest einen Verdacht hatte. Vielleicht hat er darauf gewartet, dass ich es von mir aus beichte – aber dafür ist es jetzt zu spät.«
»Aber Ihr Mann und Mister Dexter kannten sich nicht, oder?«, wollte Phil wissen.
»Nein, Jim machte sich nichts aus Tennis und war nie in dem Verein. Und auch sonst habe ich dafür gesorgt, dass sich die beiden nie trafen«, antwortete sie. »Aber wieso fragen Sie mich all das? Glauben Sie, dass Dexter etwas mit dem Mord zu tun haben könnte?«
»Wir überprüfen – wie schon gesagt – alle Spuren«, erwiderte ich. »Und eine Affäre führt schnell zu Eifersucht, und von dort ist es oft nicht schwer, einen Schritt weiter zu gehen. Sie sagten, dass Sie die Beziehung beendet hätten. Wie hat Mister Dexter das aufgenommen? War er wütend?«
Sie lehnte sich im Sessel zurück. »Er hat es eigentlich gut aufgenommen, besser, als ich es erwartet hatte. Das hat mich fast schon ein wenig gekränkt. Wahrscheinlich war ich nur eines von vielen Abenteuern für ihn. Aber für mich war er ja letztlich auch nicht mehr. Ich habe meinen Mann geliebt, das hat sich auch durch diese Affäre nicht verändert.«
»Das glaube ich Ihnen«, sagte ich. »Hat Mister Dexter jemals versucht, aus der Beziehung zu Ihnen einen finanziellen Vorteil zu ziehen?«
»Schwer zu sagen«, antwortete sie. »Am Anfang hat er mich hin und wieder zum Essen eingeladen, später habe ich meistens bezahlt. Aber darüber hinaus nicht. Glauben Sie etwa, dass er auf mein Geld aus war?«
»Nein, eigentlich nicht«, antwortete ich, um sie nicht zu verletzen.
Aber in Wahrheit wusste ich nicht, was Dennis Dexter von ihr gewollt hatte, ob es Liebe war, ein flüchtiges Abenteuer, ein Zeitvertreib oder eine geschäftliche Angelegenheit. Ich konnte mir einige Szenarien vorstellen, die mit Geld und dem Tod von James Blademan zu tun haben könnten.
Viel mehr erfuhren wir von Mrs Blademan nicht, außer die Adresse und Telefonnummer ihres ehemaligen Liebhabers. Wir verabschiedeten uns von ihr und verließen das Haus.
»Die Sache wird langsam richtig interessant«, meinte Phil. »Ich bin gespannt, was dieser Dexter für ein Typ ist. Wahrscheinlich irgend so ein Gigolo, der hinter reichen Frauen her ist. Allerdings würde ich gerne etwas essen, bevor wir ihm einen Besuch abstatten.«
»Nichts dagegen«, sagte ich und stieg ein.
***
Dennis Dexter wohnte in einem kleinen Apartmenthaus auf der Palisade Avenue. Nichts Besonderes, aber auch nicht heruntergekommen. Anhand der Klingeln war leicht festzustellen, dass sich im Haus zwanzig Wohnungen befanden.
Ein kleiner Junge mit einem Fahrrad öffnete die Haustür, um herauszukommen, und so konnten wir das Haus betreten, ohne uns über die Klingel anmelden zu müssen.
Dexters Apartment befand sich im ersten Stock. Als wir uns der Wohnungstür näherten, hörten wir eindeutige Geräusche, die darauf schließen ließen, dass er nicht
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