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295 - Dunkle Wasser

295 - Dunkle Wasser

Titel: 295 - Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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wurde mehr und mehr zum Klotz am Bein, das die Erhabenheit des Wunders nicht verstand, an dem es teilhaben durfte. Den ganzen Tag hockte es in seinem vergitterten Erdloch und ging nur selten unter Pieroos Aufsicht hinaus. Es sprach nicht, aß kaum und schien sich immerzu fortzuträumen.
    Ein kurzer Stich ging durch Jennys Brust, als sie an das traurige Gesicht ihrer Tochter dachte, aber sie zwang sich, ihm nicht nachzufühlen. Sie gehörte jetzt einer neuen Familie an. Einer großen Familie, die alles war, was zählte.
    »Willste mich wirklich bei Ann zurücklassen?«, fragte Pieroo nach. Er drehte sie zu sich um und blickte auf die Muschel, die an einer Kette um ihren Hals hing und in der sich der Steinsplitter verbarg. Mit bloßen Händen durfte man ihn nicht berühren, wollte man nicht versteinert werden.
    »Du musst dich um Ann kümmern«, antwortete sie. »Auch wenn Plan A nicht funktioniert hat, so bleibt sie doch ein wichtiges Druckmittel gegen Matt. Ihr darf nichts geschehen!«
    Auch wenn ihre Tochter jede Bedeutung für sie verloren hatte, konnte sie Ann nicht allein unter den Steinjüngern lassen.
    Er ließ sie los. »Dann mach dich lieber heut als morgen auf'n Weg, Jenny. Umso eher biste zurück.«
    Sie nickte und ging davon, zwischen mehreren Schlaflagern hindurch zu der Stelle, an der sie Sir Leonard Gabriel und einige Technos vermutete. Dabei dachte sie daran, dass Pieroo ihr im Grunde dankbar war, hierbleiben zu dürfen. Auch sie selbst wollte nicht fort. Der lautlose Ruf des Ursprungs würde überall zu hören sein und sie mit unstillbarer Sehnsucht erfüllen.
    Nach einer kurzen Suche fand sie Sir Leonard in einer provisorisch errichteten Hütte am Rand der riesigen Halle, nahe einem Rolltor. Die Technos hatten sich trotz aller Zusammengehörigkeit einen eigenen Bereich aufgebaut, ebenso wie die wilden Kriegerinnen der dreizehn Inseln und die Marsianer. Auch deren ursprüngliche Gruppen waren erhalten geblieben.
    Sir Leonard Gabriel lächelte ihr entgegen und hob zum Gruß die vierfingrige Hand.(einen Finger hat Matt ihm abgebrochen, als Gabriel versteinert war) »Jenny. Haben Sie sich entschieden?«
    Sie nickte. »Wir brechen morgen mit dem Schiff der Reenschas auf. Mit der Fregatte sollten wir die Strecke nach Meeraka am schnellsten zurück legen können.«
    Von ihrem Gefangenen wusste sie, woher der Splitter stammte: von einem lebenden Stein in einer Unterwasserstadt vor der amerikanischen Ostküste. Vielleicht konnten sie in Waashton bei Mr. Black Hilfe finden und mit einem U-Boot aufbrechen. Vielleicht würden sie aber auch den Stützpunkt der Hydriten finden, der im Mündungsbereich des Potomac liegen sollte. Zwar wusste der Gefangene angeblich nicht genau, wo der sich befand, aber auf dem Weg nach Meeraka konnte sie seinem verwässerten Gedächtnis vielleicht auf die Sprünge helfen. Zumindest verstand er einfache Worte ihrer Sprache; der Rest würde sich finden.
    Sir Leonard berührte flüchtig die Laserwaffe an seiner Seite. Das helle Deckenlicht spiegelte sich auf seiner Glatze und betonte das blaue Aderngeflecht auf dem Schädel des hageren Technos. »Was ist mit dem Fischkerl? Brauchen wir ihn noch?«
    »Ja. Wir nehmen den Hydriten mit. Ich bin sicher, er weiß mehr, als er bisher unter der Folter zugegeben hat. Er ist stark; noch haben wir ihn nicht vollständig gebrochen.«
    Leonard nickte bedächtig. »Ich stelle ein Team zusammen.«
    Sie sahen sich an. Jenny spürte die tiefe Vertrautheit zwischen ihnen, ohne dass sie sich vor der Zusammenkunft hier beim Ursprung auch nur begegnet wären. Zwischen allen Ex-Versteinerten gab es kaum mehr Geheimnisse. Jeder war gleich wichtig für das große Ganze.
    Endlich, nach den dunklen Jahren auf der postapokalyptischen Erde, hatte sie ein Zuhause gefunden, einen Platz, an den sie gehörte, und eine Gemeinschaft, die ihr Kraft gab. Der Gedanke machte sie glücklich.
    »Gut.« Sie lächelte. »Lassen Sie uns keine Zeit verlieren.«
    ***
    Neu-Martok'shimre an der Ostküste Meerakas
    Die heranwachsenden Kampffische in den riesigen blasenförmigen Koppeln waren unruhiger als sonst und ergingen sich in Kämpfen, die kaum mehr spielerisch waren. Immer wieder bissen und stießen die Sord'finnen einander in Gesicht und Hals, bis einer ihrer Hüter sie mit einem Dreizack auseinander jagte. Sie schossen durch das Wasser wie dunkle Pfeile.
    Mer'ol sah ihnen zu und spürte einen Kloß im Hals, der sich nicht lösen wollte. Unter ihm lag die Stadt

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