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296 - Totes Land

296 - Totes Land

Titel: 296 - Totes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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Geisterstadt verwandelt, nachdem es im April in unmittelbarer Nähe zu einem folgenschweren Vorfall gekommen war. Als man den Bewohnern nach einigen Tagen die Wahrheit sagte, ließen diese alles liegen und stehen und ergriffen die Flucht. Das für den 1. Mai geplante Volksfest mit Riesenrad und Autoscooter fand nie statt.
    Und er - Matthew Drax - befand sich jetzt, fast fünfhundertfünfzig Jahre später, mitten im Zentrum dieses Vorfalls.
    Mit fassungslosem Blick starrte er auf die Ruinen von Reaktorblock 4 des Atomkraftwerks Tschernobyl.
    Der Anblick ließ ihn taumeln. Und doch traf ihn die Erkenntnis nicht so hart, wie es zu erwarten gewesen wäre. Ihm kam es so vor, als habe er den Schock des Erkennens bereits hinter sich gebracht. Als habe er schon zuvor herausgefunden, wo er sich aufhielt, und es durch die Behandlung der Nosfera nur wieder vergessen.
    Diese Überlegung löste eine Erinnerung aus, die ihn wie eine Lawine überrollte.
    Eine seiner Gedächtnislücken schloss sich!
    ***
    Vergangenheit – am Morgen des gleichen Tages
    Matts Arm schien in Flammen zu stehen. Wer hätte auch ahnen können, dass ein Flohbiss solche Schmerzen bereitete?
    Er blickte hinüber zu Rulfan, der neben ihm die schmale Straße von Prypt entlangstapfte. »Offenbar war unser Fluchtplan doch nicht so grandios durchdacht, was?«, versuchte er sich in Galgenhumor.
    »Maul halten!«, sagte einer der fünf Wächter, die hinter ihnen hergingen.
    Anatoli Akimow!
    Sein deformiertes Gesicht war das Erste gewesen, was Matt gesehen hatte, als er nach dem gescheiterten Fluchtversuch aus der Ohnmacht erwachte. Sein Mundschutz baumelte an einem Ohr. Er wirkte alles andere als glücklich.
    »Sie haben mich ganz schön in die Scheiße geritten, Drax«, fauchte der Prypte. »Der Oberste Liquidator ist von Versagern nicht gerade angetan. Wenn es ihnen nicht gelingt, sich bis zum nächsten Ritual der Reinheit neu zu bewähren, verbietet er ihnen die Teilnahme! Was das bedeutet, habe ich Ihnen geschildert: einen langsamen, qualvollen Tod.« Er machte eine Pause, die seine Worte wirken lassen sollte. »Dank Ihrer… Aktion sieht er mich nun als Versager an.«
    Matt wusste nicht, was er sagen sollte. Sich entschuldigen? Unsinn! Schließlich waren sie es, die man gefangen hielt.
    »Wenn es nach mir ginge, würde ich mich gerne bei Ihnen revanchieren. Aber nach mir geht es nicht!« Akimow wedelte mit dem Lauf des Gewehrs. »Los, stehen Sie auf! Der Rat der Liquidatoren hat beschlossen, was weiter geschehen soll.«
    Dann hatten fünf Wächter mit drei Riesenflöhen sie aus dem Wohnblock auf die Straße getrieben. Die Prypten waren vorsichtig geworden!
    »Die nächste Abzweigung links.« Akimow presste Matt die Mündung seiner Waffe in den Rücken, um der Aufforderung Nachdruck zu verleihen.
    Während Matts Ohnmacht waren dicke Wolken aufgezogen und so präsentierte sich der Morgen in trübem Zwielicht. Hätte er aus den Augenwinkeln nicht gelegentlich das Gelb der Wächterschutzanzüge gesehen, wäre Matt sich wie in einen Schwarz-Weiß-Film versetzt vorgekommen.
    Nein , korrigierte er sich, mehr wie in einen Grau-Grau-Film.
    Der Himmel, die verfallenen Plattenbauten, die tiefen Pfützen auf dem Asphalt - Matt konnte nicht glauben, dass es so viele verschiedene Grautöne gab! Selbst die vereinzelt auf den Straßen wachsenden Grasbüschel schienen jegliche Farbe verloren zu haben.
    Auf eine gewisse Weise beneidete er die Prypten für ihre offenkundige seelische Stabilität. Wenn er es in dieser Stadt länger hätte aushalten müssen, hätte er schon längst zum Strick gegriffen.
    Da stellte sich ihm die Frage, wo sich die Einwohner überhaupt aufhielten. Wie in der vergangenen Nacht schien der Ort völlig verlassen, wenn man von den Wächtern absah.
    Die Antwort erhielt er nur Sekunden später. Als er und Rulfan wie befohlen links abbogen, änderte sich das Aussehen der Straße schlagartig. Zwischen die verfallenen, tristen Häuser mischten sich wie Fremdkörper moderner wirkende Bunkerbauten, die aber die gleiche depressive Stimmung ausstrahlten wie der Rest der Stadt.
    Akimow und seine Kollegen leiteten sie an vier der flachen Betonklötze vorbei.
    »Hier hinein«, sagte der Prypte vor dem fünften.
    Matt und Rulfan folgten dem Befehl. Hinter dem Bunkereingang führte eine zehnstufige Treppe in die Tiefe. Danach schloss sich ein System aus Gängen und Türen an.
    Deshalb also sah man in den Straßen keine Menschen. Weil die eigentliche Stadt

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