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296 - Totes Land

296 - Totes Land

Titel: 296 - Totes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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torkelnden Liquidator bis ans Ende der Prozession verschlagen. Matt überlegte, ob es ihm gelingen mochte, den eindeutig angeschlagenen Mann zu überwältigen, ihm den Schutzanzug zu stehlen und seinen Platz einzunehmen. So verlockend ihm dieser Plan auch erschien, entschied er sich doch dagegen. Auch wenn die Prypten sich inzwischen in so tiefe Trance gesungen hatten, dass sie seinen Angriff womöglich nicht einmal bemerkten, konnte er sich dessen doch nicht sicher sein.
    Also beschränkte er sich aufs Verfolgen.
    Er kam an einem Strauch vorbei, an dem dicke, saftig aussehende Früchte wuchsen. Sie schimmerten in zartem Rot. Eine Mischung aus Apfel und Pfirsich.
    Matt leckte sich die trockenen Lippen. Ob er es riskieren sollte, seinen Durst damit zu stillen? Er glaubte schon den süßen Saft zu schmecken.
    Nein! Geh jetzt kein Risiko mehr ein. Was zählt, ist deine Rache. Danach kannst du so viel Obst in dich hineinstopfen, wie du magst.
    Er zwang sich weiterzugehen, auch wenn er den Früchten nur schwer zu widerstehen vermochte.
    Irgendwann verlor er das Zeitgefühl. Mechanisch kämpfte er sich hinter dem Menschenwurm durch den Wald. Einen Kilometer, zwei, drei. Vielleicht auch hundert. Er wusste es nicht. Er hätte nicht entscheiden können, was ihm mehr Schmerzen bereitete, der Schädel oder die Füße. Die wunden Schleimhäute oder der Magen. Die Bronchien oder die Knochen.
    Und dann endlich - endlich! - hatten sie ihr Ziel erreicht. Die Sonne war noch immer nicht untergegangen, also konnten sie nicht länger als eine Stunde unterwegs gewesen sein.
    Bei dem, was die Prypten als Tempel ansahen, musste es sich um eine frühere Fabrikanlage oder etwas Ähnliches handeln. Matt hielt sich weiter hinter der Baumlinie und sondierte das Gelände.
    Blickfang war die halbrunde Halle, die an einen gigantischen Hangar erinnerte. Gute hundert Meter hoch und mit einem Durchmesser von zweihundertfünfzig oder dreihundert Metern. Sofern man das überhaupt schätzen konnte. Der Anblick des Gebäudes ließ eine Alarmglocke in seinem Kopf erklingen. Sein Unterbewusstsein schrie ihm zu, die Beine in die Hände zu nehmen und zu rennen, rennen, rennen, bis er nicht mehr konnte. Aber er vermochte sich nicht zu erklären, warum er so heftig auf dieses Bild reagierte.
    Ein Kloß setzte sich in seinem Hals fest. Er hustete, und als er den Schleim ausspuckte, war dieser tiefrot. Wenn es mit ihm so weiterging, würde er bald das Schicksal seiner Freunde teilen.
    Reiß dich zusammen! Denk an den Plan.
    Er schloss für einige Sekunden die Augen und atmete tief durch. Nach und nach bekam er die Panikattacke in den Griff. Als er sich ruhig genug fühlte, öffnete er die Lider und beobachtete weiter.
    Vor dem Gebäude standen gewaltige Maschinen und Bagger. Nicht weit daneben entdeckte Matt einen umgestürzten Kran. Es sah aus, als habe man bis kurz vor dem Kometeneinschlag an dem Hangar gearbeitet.
    Das also war der Tempel!
    Vor einem riesigen Loch in der Hangarhülle posierte er! Der Oberste Liquidator ! Er ähnelte dem Koloss aus seiner Erinnerung nur vage. Er war groß, mindestens zwei Meter, wahrscheinlich mehr. Und er war extrem massig. So weit stimmte alles. Allerdings besaß er nicht annähernd die sinnverwirrende Ausstrahlung, der Matt sich entsann. Sein Erscheinungsbild entzog sich keineswegs dem menschlichen Auge.
    Und so musste Matthew auch erkennen, dass die Masse des Mannes nicht von Muskeln herrührte, sondern von gewaltigen glänzenden Fettschichten. Er war nackt und unförmig. Als er einen Schritt zur Seite trat, ähnelte das eher einem Watscheln.
    Wie in Matts Erinnerung hing eine Gasmaske vor seinem Gesicht. Die Halterungen schnürten in die Haut des kahlen, von Geschwüren übersäten Schädels ein. Der Schnorchel der Maske war ungewöhnlich lang und baumelte vor dem Hüftspeck des Widerlings. Die fetten Arme hielt er in die Höhe gereckt. Die Hände schlossen sich direkt an den Ellenbogen an, schienen das Fehlen der Unterarme aber durch sehr lange Finger mit mindestens sieben oder acht Gliedern auszugleichen. Der Vergleich mit Tentakeln drängte sich förmlich auf.
    Was für ein skurriler Anblick!
    Die Menschenmenge, noch immer wie in Trance, jubelte ihrem Führer zu und stimmte kehlige Gesänge an.
    Matt konnte nicht mit Gewissheit sagen, was sich vor dem Hangar abspielte, weil ihm die Masse der Prypten den Blick verstellte. Den Obersten Liquidator vermochte er nur deshalb so gut zu erkennen, weil er erhöht auf der

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