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297 - Die Zeit läuft ab

297 - Die Zeit läuft ab

Titel: 297 - Die Zeit läuft ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Vennemann
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die sie aber nur durchquerten und auf der gegenüberliegenden Seite durch eine Tür in den Hinterhof wieder verließen.
    Zwischen einem verrosteten Klettergerüst und einem vom Efeu überwucherten Schaukelgestell hindurch bewegten sie sich auf eine Treppe an der Außenseite eines anderen Gebäudes zu, die in den Keller führte.
    Einer der Vermummten zog eine stabförmige Taschenlampe aus seiner Kleidung und stieg hinab. Unten gab es eine mit Nieten beschlagene Metalltür, gegen die der Mann mit dem Ende der Lampe einen bestimmten Code klopfte. Man hörte, wie von innen ein massiver Riegel beiseitegeschoben wurde, kurz darauf öffnete sich quietschend die Tür. Die nachdrängenden Vermummten schoben Matt, Aruula und Xij die Treppe hinab in das Untergeschoss. Es war warm dort, was wohl von den zahlreichen Kerzen und Petrool-Lampen herrührte, die den großen Raum in ein heimeliges Licht tauchten.
    Matthew erinnerte die Räumlichkeit an ein Klassenzimmer. Tische und Stühle waren so ausgerichtet, dass sie frontal zum Kopfende des Raumes zeigten. Die dortige Wand war schwarz gestrichen worden, es roch nach Pech und Teer. Die Tafel, denn nichts anderes war es, war mit weißen Kreidezeichnungen und lateinischen Buchstaben vollgekritzelt. Matts militärisch geschulter Verstand erkannte sofort, dass es sich um eine Art Karte oder Lageplan handelte, anhand derer man bestimmte Angriffsstrategien besprach.
    In die Mitte des Raumes wartete eine weitere vermummte Gestalt auf sie. Der Anführer? Dann war er eher ein Stratege denn ein Kämpfer, denn er wirkte weit zierlicher und war kleiner als die restliche Bande. Oder ist es vielleicht eine… Matt hatte den Gedanken noch nicht zu Ende geführt, als die Gestalt auf ihn zutrat und sich das Tuch vom Gesicht zog. Zum Vorschein kam tatsächlich eine junge Frau mit markanten Gesichtszügen und schmutzig blondem Haar. Sie lächelte breit und schien überaus erfreut zu sein.
    »Maddrax!«, rief sie mit schwerem poolischen Akzent. »Du bist es wirklich! Siehst noch genauso aus wie damals!«
    Matt legte den Kopf schief und runzelte die Stirn. »Kennen wir uns?« Irgendwie kam sie ihm bekannt vor, aber es war so lange her, dass Aruula und er in Waarza gewesen waren, und er konnte sich weiß Gott nicht jedes Gesicht merken, das er im Laufe ihrer Reisen gesehen hatte.
    Die Frau warf das Tuch auf einen der Tische und streckte ihre Hand aus. »Ich bin Jola«, sagte sie. »Jola Koslowski. Mein Großvater war General Andrzej Koslowski, Anführer des Widerstands und Bunkerkommandant von Waarza.«
    Jetzt fiel bei Matt der Groschen. »Jola!« Die kleine Jola, das Mädchen, das er damals bei seinen ersten Schritten außerhalb des Bunkers beobachtet hatte! Er ergriff ihre Hand und schüttelte sie. »Aber klar, ich erinnere mich. Also du hast dich verändert.«
    Auch die anderen Vermummten nahmen jetzt ihre Maskerade ab. Die Köpfe von Männern und auch Frauen kamen zum Vorschein, keiner von ihnen älter als fünfunddreißig Winter.
    Jola lachte glockenhell, setzte aber gleich darauf eine ernste Miene auf. »Ich musste schnell erwachsen werden«, sagte sie leise. »Seit du damals weggegangen bist, hat sich in Waarza einiges getan, wie du wahrscheinlich schon sehen konntest.«
    Er nickte. »Kann man wohl sagen.« Dann wandte er sich zu seinen Begleiterinnen um. »Aruula müsstest du von damals auch noch kennen, und das hier ist Xij Hamlet, die uns seit einigen Monden begleitet.«
    Jola sah die burschikose junge Frauer staunt an. »Du bist ein Mädchen?«, fragte sie. »Ich hätte dich -«
    »- für einen Jungen gehalten, ich weiß«, vollendete Xij den Satz. »Das passiert mir öfters, aber es hat auch seine Vorteile.«
    Jola nickte. »Ich weiß, was du meinst.« Sie bedeutete den Gefährten, mit ihr an einem der Tische Platz zu nehmen. Eine Blechkaraffe mit Wasser wurde herumgereicht. »Ich entschuldige mich für das rigorose Vorgehen meiner Leute«, sagte sie und faltete die Hände auf der Tischplatte, »aber wir mussten euch möglichst schnell von der Straße holen. Wir wissen nicht, ob jemand außer euch das Lichtsignal gesehen hat. Darum haben wir auch nicht gewartet, bis ihr den Kirchplatz erreicht, sondern vorher zugegriffen.«
    »Das war ziemlich riskant«, warf Aruula ein. »Ich hätte ein paar von euch beinahe um einen Kopf kürzer gemacht.«
    »Wir mussten es wie einen Überfall aussehen lassen«, erklärte Jola. »In dieser Stadt gibt es an jeder Ecke Spitzel und Neider, die nur darauf

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