3 Die Rinucci Brüder: Unter der goldenen Sonne Roms
glücklichen Ehe noch erwarten?“
„Aber es ist doch seit vier Jahren vorbei“, wandte er behutsam ein.
„Nein. Nur weil er gestorben ist, ist es nicht vorbei. Wenn zwei Menschen sich so sehr lieben und sich so nahe stehen, wird es durch den Tod nicht beendet. Gianni wird Zeit meines Lebens bei mir sein. Ich kann ihn vor mir sehen. Er scheint noch in diesem Apartment zu sein, ich spüre seine Gegenwart.“ „Sie sind zu jung, um für immer allein zu bleiben“, entgegnete er.
„Das können Sie doch gar nicht beurteilen.“ In ihrer Stimme schwang Ärger. „Gianni war mir treu. Wieso sollte es verkehrt sein, dass ich ihm auch treu bin?“
„Weil er nicht mehr lebt. Kann es denn nicht mehr als nur einen Mann im Leben einer Frau geben?“ „Doch, das kann es“, erwiderte sie. „Aber ich möchte keinen anderen Mann haben.“
Damit war das Thema beendet. Minnie war eine charmante Frau, aber sie hatte offenbar einen eisernen Willen. Es wäre bestimmt sehr schwer, sie von einem einmal gefassten Entschluss abzubringen.
„Vielen Dank für das Frühstück. Ich fahre jetzt zum Hotel zurück“, erklärte er.
„Lassen Sie uns einen Besichtigungstermin vereinbaren, damit ich Ihnen die Mängel zeigen kann.“ „Sie haben mir doch schon eine detaillierte Mängelliste zugeschickt“, erinnerte er sie.
„Ja. Sie müssen es jedoch selbst gesehen haben, damit Sie sich ein besseres Bild machen können. Würde Ihnen morgen Nachmittag passen?“
„Nein, leider nicht“, behauptete er. „Ich rufe Sie an und vereinbare mit Ihrer Sekretärin einen Termin.“
Ihr skeptischer Blick verriet, dass sie sich nicht täuschen ließ. Er sah ihr fest in die Augen, um sie wissen zu lassen, dass sie mit ihm nicht nach Belieben umspringen konnte.
„Kann ich bitte den Schlüssel zu dem Apartment haben, in dem ich übernachtet habe? Ich möchte es mir noch einmal anschauen“, sagte er, ehe er sich verabschiedete.
In den nächsten Tagen hatte Minnie viel zu tun. Sie hatte viele Termine und musste die Arbeit erledigen, die liegen geblieben war. Deshalb hatte sie kaum Zeit, darüber nachzudenken, warum Luke nicht anrief.
Um den anderen Mietern nicht zu begegnen, ging sie abends später nach Hause als sonst. Die Leute hatten geglaubt, sie könnte ihnen helfen, und sich sehr darüber gefreut. Sie wären enttäuscht, wenn sie zugeben müsste, dass sie noch nichts erreicht hatte. Man erwartete von ihr, dass sie Luke Cayman anrief, wenn er weiterhin nichts von sich hören ließ. Doch wie sollte sie ihnen erklären, dass sie das niemals tun würde?
Niemand würde verstehen, dass sie ihn am liebsten nicht wiedersehen würde. Wenn sie darüber nachdachte, was sie ihm über Gianni und ihre Ehe erzählt hatte, war sie immer noch entsetzt. Noch nie zuvor hatte sie mit Fremden über persönliche Dinge geredet. Dennoch hatte sie Luke Cayman mehr anvertraut als Giannis Familie. Aus irgendwelchen unerklärlichen Gründen war es ihr wichtig gewesen, dass er sie verstand, und das beunruhigte sie zutiefst.
Um einem Mandanten in einer schwierigen Angelegenheit zu helfen, musste sie für einige Tage nach Mailand fliegen. Aber auch während ihrer Abwesenheit rief Luke nicht an, wie ihre Sekretärin ihr mitteilte. Schließlich reichte es Minnie, sie war die Warterei leid. Am Abend vor ihrer Rückkehr nach Rom rief sie im Hotel „Contini“ an.
„Signor Cayman ist heute Morgen abgereist“, erklärte man ihr.
Auf dem Rückflug machte sie sich heftige Vorwürfe. Luke Cayman war nach Neapel gefahren, und sie hatte ihre Chance verpasst.
Erst kurz vor Mitternacht schloss sie die Haustür des Mietshauses auf. Sogleich eilten ihr Netta, ihr Mann und Charlie entgegen, offenbar hatten sie auf sie gewartet.
„Liebes, du bist ein Genie“, rief Netta begeistert aus und umarmte sie.
„Nein, Netta, ich war dumm …“
„Rede doch keinen Unsinn! Charlie, nimm ihr das Gepäck ab. Merkst du nicht, wie erschöpft sie ist?“ Minnie wurde die Treppen hinaufgeführt und hatte immer noch keine Ahnung, was los war. „Wir sind sehr stolz auf dich.“ Netta strahlte übers ganze Gesicht. „Es ist einfach genial, wie du das hingekriegt hast. Das sagen alle.“
„Netta, würde mir bitte jemand verraten, was ich gemacht haben soll?“
„Sei doch nicht so bescheiden“, antwortete Netta.
In der zweiten Etage wurde plötzlich die Tür des unvermieteten Apartments geöffnet. Zu Minnies Überraschung kam Luke heraus und blickte sie spöttisch an.
„Was
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