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3. Reich Lebensborn E.V.rtf

3. Reich Lebensborn E.V.rtf

Titel: 3. Reich Lebensborn E.V.rtf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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..., 185
    Frau Hildegunde ..., Frau Bertha ...«
    Doris gibt lauter Vornamen die Hand. Die anderen Frauen und Mädchen sehen sie forschend oder herausfordernd, gleichgültig oder spöttisch an. Manche machen ein Gesicht, als trügen sie eine Last, die sie nicht schnell genug loswerden können.
    »Frau Doris«, sagt die Oberschwester nach dem Frühstück,
    »Sie melden sich bitte beim Heimleiter.«
    Sie muß im Vorzimmer warten. Eine Assistentin schiebt ihr einen Stuhl hin. Die Tür zum Ordinationsraum ist nur angelehnt. So hört Doris jedes Wort des Gesprächs mit, obwohl sie es gar nicht will. Dann beugt sie entsetzt den Kopf nach vorne.
    »Alles in Ordnung, Frau Ursula«, sagt der Arzt, »wir können Sie entlassen.«
    »Na, Gott sei Dank! Sagen Sie, bringe ich das Übergewicht wieder weg?«
    »Anzunehmen.«
    »Die Geschichte hat meiner Figur genug geschadet ...«
    »Also dann ...«, erwidert der Arzt, schroffer im Ton, »alles Gute!«
    Zuerst klappern hohe Absätze auf dem Holzboden. Dann kommt eine vielleicht 20jährige Blondine in das Vorzimmer, die es eilig hat.
    Die Assistentin steht auf.
    »Wollen Sie«, sagt sie leise, fast verlegen, »Ihr Kind nicht noch mal sehen?«
    »Wozu?«
    »Es ist nebenan«, erwidert die Assistentin wie bittend.
    »Ist nicht mein Kind«, entgegnet die Blondine beim Abgang,
    »ist ja eures ... ihr habt es gewollt ... auf Wiedersehen, 186
    Fräulein!«
    Doris taumelt benommen hoch. Dr. Jessrich nimmt sie bei der Hand, führt sie in den Behandlungsraum. Unter dem weißen Kittel trägt er Juchtenstiefel, über dem Kragen Schmisse. Trotzdem ist er ein Herr. Seine Untersuchung ist knapp und sachlich.
    Er nickt Doris aufmunternd zu. »Vielleicht in einer Woche.«
    Seine grauen Augen nehmen sie in die Zange.
    »Frau Doris, ich bin hier nicht nur der Chefarzt, sondern auch der Heimleiter.«
    »Ich weiß«, antwortet die junge Frau zerstreut.
    »Alle unsere Vorschriften«, fährt der Heimleiter fort,
    »dienen dem Schutz der Mütter.«
    »Vielen Dank«, versetzt Doris, noch immer abwesend. Dr. Jessrich zieht eine Augenbraue hoch.
    »Alle Kinder, die hier zur Welt kommen, gehören dem Staat
    ... oder fast alle ...«
    »Ich bin verheiratet«, sagt die junge Frau einfach.
    »Bis zu Ihrer Entlassung bleibt das Kind in unserer Säuglingsstube ... dann nehmen Sie es mit«, entgegnet der Arzt gereizt. »Was ich sagen wollte ... darum wünschen wir nicht
    ...«
    »Ich weiß schon«, antwortet Doris, »ich halte mich an die Bestimmungen, ganz bestimmt, Herr Doktor.«
    Vielleicht ein Sonntagskind, denkt sie dabei, ich muß es Klaus sofort schreiben ...
    Dann ist sie wieder in ihrem Zimmer. Frau Grete empfängt sie lächelnd.
    »Ja«, sagt sie, »medizinisch sind die auf Draht ... ich weiß
    es, ich bin schon zum dritten Male hier ... und Sie?«
    »Zum ersten Male«, antwortet Doris.
    187
    »Freuen Sie sich?« Die Stimme der Stubengenossin klingt, als ob ein Stein auf einer Glasplatte kratzt.
    »Freuen?« Doris lächelt. Erster Unmut verwandelt sich in Zärtlichkeit. »Freuen?« wiederholt sie leise, »das ist doch viel zu wenig.«
    »Na, na ...«, rasselt Frau Grete, »hier gibt es welche, die ganz anders denken ... werden Mütter ... und sind schon wieder weg, man weiß nicht wohin ...«
    »Und das Kind?« fragt Doris mit dumpfem Entsetzen.
    »Na, hören Sie ... die werden von irgend jemand adoptiert oder kommen in ein Heim ...« Ihre Hand weist auf den Spruch an der Wand.
    Doris legt sich auf ihr Bett. Sie lauscht. Sie lauscht fassungslos, fängt zu zittern an.
    Dann laufen ihr einfach Tränen über das Gesicht. Tränen der Freude und auch Tränen der Angst.
    Frau Grete kommt auf sie zu, streicht ihr mit der Hand über das Haar.
    »Wird schon, Kindchen«, sagt sie, derb wie behutsam. Unvermittelt geht sie an ihren Koffer, kramt, kommt mit einem Foto zurück, setzt sich neben Doris auf das Bett.
    »Ja«, sagt sie, »ich habe auch meinen Mann bei mir ... er ist Offizier bei der SS ... wenn der wüßte, was hier gespielt wird, na, der würde ein Theater machen.«
    Sie reicht Doris das Bild.
    Mehr aus Höflichkeit betrachtet es die junge Frau. Dann zittert ihre Hand plötzlich heftig. Sie hat den Mann erkannt. Auf dem Foto ist Hauptsturmführer Horst Kempe, der Mann mit dem ein Meter achtundachtzig großen Selbstbewußtsein, abgebildet.
    Langsam legt Doris die Fotografie beiseite. Ihre Hand ist 188
    schwach.
    »Gefällt er Ihnen?« fragt Grete Kempe.
    »Ja«, erwidert Doris.
    »Er ist so unvorsichtig ...

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