3. Reich Lebensborn E.V.rtf
knallte.
Die Iwans schrien mit hohen Fistelstimmen. Klaus sprang auf. Lief einfach los. Hinter ihm verebbte das Geknatter. Auf hundert Meter fiel er dreißigmal, ebensooft schlug er sich den Arm an.
Sein Gesicht verzerrte sich vor Schmerz. Die gute FW, dachte er sinnlos.
Als er wieder stürzte, blieb er liegen, riß das Verbandspäckchen aus seiner Tasche, wickelte die Mullbinde um den verletzten Arm. Er wartete.
Als es dunkel war, stand er ächzend auf. Der Wald nahm kein Ende, aber der Schmerz einen neuen Anfang. Der Arm wurde zur lodernden Fackel. Klaus stöhnte und fürchtete sich. Er fuhr mit der Hand über die Stirn. Überall sah er Flammen. Er wollte sich verbergen, aber die Flammen wichen nicht aus seinem Blick. Von allen Seiten rollten feurige Räder auf ihn zu. Zwei Stunden taumelte er so quer durch die Flammen. Dann wuchs aus der Lichtung eine klobige Blockhütte. Der 202
Wald war dünner geworden, durchsichtiger. Klaus schleppte sich heran, von Baum zu Baum. Seine Zähne klapperten. Die Hütte lag schwarz und schweigend vor ihm. Die letzten Meter kroch er nur. Keine Tür. Ein schwarzes, offenes Loch gähnte ihn an. Langsam schob er sich durch. Duft von Heu kitzelte seine Nase. Die Hütte war leer. Klaus ließ sich umfallen. Die weiche Unterlage trug ihn wie ein weites Meer. Er dämmerte hinüber.
Dann weckte ihn der Tritt gegen das Schienbein. Er wollte nach der Pistole greifen. Aber ein Fuß stand auf seiner Hand. Das irre Licht einer Kerze blendete ihn. Vorne irgendwo rumpelte die Front wieder los.
Klaus sah in drei flache, breitknochige Frauengesichter. Sie starrten ihn wortlos aus schrägen Augen an. Ohne Angst. Ihre kräftigen Figuren hoben sich unter den wattierten Jacken ab. Eine zeigte auf seinen Arm. Klaus folgte dem Blick. Jetzt erst sah er, daß der Verband schwarz durchblutet war. Er richtete sich auf. Wenn sie schreien, dachte er verschwommen. Sie hatten keine Waffen. Wenigstens keine Partisanen, hämmerte es an seinen Schläfen.
Klaus wußte nicht, was ihn dazu trieb. Er fingerte mühselig sein Soldbuch aus der Tasche. Mit einem Bild von Doris. Einer Fotografie, die er immer mit scheuer Ehrfurcht betrachtete. Doris!
Er zeigte das Bild der Russin. Eine zweite hob die Kerze an. Es war unheimlich. Draußen trommelte die Front. Und die drei Russinnen betrachteten das Bild mit der phlegmatischen Ruhe, die ihnen ein riesiges Land in das Blut gepflanzt hatte. Die kräftige Frau lächelte. Sie nickte, sie zeigte auf das Bild. Klaus nickte.
Die Mühsal des Überlegens zeichnete Falten auf ihre Stirne. Sie sagte schnell etwas zu den anderen beiden Frauen, die langsam mit dem Kopf nickten.
203
Klaus bückte sich und hob die Pistole auf. Die Russinnen reagierten nicht.
Die Frauen zeigten mit der Hand in eine Richtung.
»Germanski«, verstand Klaus, mehr nicht.
Nur seine Augen bedankten sich, bevor ihn die Nacht wieder verschlang.
Er stolperte über ein Kabel. Eine weiße Leuchtkugel zischte steil über den Wald. Klaus folgte dem Draht. Er mußte zu einer Funkstelle führen. Ob es eine deutsche oder eine russische sein wird, daran hing vielleicht sein Leben, so lose, wie sein Arm am Gelenk.
Er müßte längst auf deutschem Gebiet sein. Wo stecken die Sowjets? Es war sinnlos, in die Nacht zu sehen. Vor seinen Augen rotierten wieder die feurigen Kreise.
Auf einmal ließ er den Draht los. Fast wäre er in den Erdbunker hineingestolpert. Laß es Deutsche sein, dachte er verschwommen, im Namen von Doris ... Abschuß ... Einschlag. Erst hohl, dann grell.
Do ... ris ...
Hohl ... grell ...
Do ... ris ...
Klaus schnappte noch einmal Luft. Dann stieß er mit dem Absatz die Bunkertür auf. Es stank nach Machorka. Die Iwans verschwanden fast im Nebel des Zigarettenrauchs. Nur die glitzernden Achselstücke erkannte Klaus sofort. So breit sind unsere nicht ...
Der russische Offizier hatte einen Kopf wie eine Billardkugel.
»Towaritsch?«
Klaus hob die Pistole, die ihm die russische Frau gelassen hatte, damit er sich zu seiner deutschen Frau durchschlagen konnte.
204
In weiten Sprüngen hetzte Klaus über Drähte, Löcher, Gräben.
Die Hölle brach los. Leuchtkugeln überschlugen sich am Himmel. Maschinengewehre spuckten. Glühfäden der Geschoßbahnen spannten sich über das Niemandsland. Und Klaus lief, stolperte, fiel, lief, stolperte. Er hatte keinen Arm mehr, keine Lungen, keinen Kopf, kein Herz. Doch, ein Herz hatte er noch. Es schlug hart und schnell gegen die Rippen. Ein Faustschlag
Weitere Kostenlose Bücher