Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
3. Reich Lebensborn E.V.rtf

3. Reich Lebensborn E.V.rtf

Titel: 3. Reich Lebensborn E.V.rtf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
Vom Netzwerk:
wir retten ein Kind.« Er macht eine fahrige Bewegung mit der Hand. »Aber darum geht es im Augenblick gar nicht ...« Sein Ton wird schneidend, spöttisch: »Ich will von Ihnen wissen, ob Sie meine Befehle ausführen oder nicht?«
    »Diesen nicht«, antwortet der Arzt kalt.
    »Wollen Sie an die Front?« kontert ihn der
    Obersturmbannführer nieder und deutet damit an, was er für eine schlimme Strafe hält.
    Das Gesicht des Arztes verfärbt sich vor Ekel. Langsam, bedächtig nickt er sich selbst zu. Nun zahlst du, Dr. Jessrich, sagt er sich. Er hebt den Kopf.
    »Ja«, versetzt er leise. »Hundertmal lieber zur Front ... tausendmal lieber ... und lieber heute als morgen ...«
    »Ich werde Ihnen einen entsprechenden Fronteinsatz aussuchen ...«, schnaubt Westroff-Meyer.
    Im Zorn wirft er die halbleere Flasche zu Boden. Sie bricht klirrend.
    Und der Arzt, ein Mensch trotz seiner Uniform, weiß, daß
    auch sein Leben zerschellen wird.
    Dr. Jessrich rührt sich lange nicht. Dann zieht er mechanisch den weißen Mantel aus. Er bleibt vor seinem Schreibtisch stehen.
    Vorbei.
    Nein, denkt er, um eines werde ich mich noch kümmern.
    220
    Als Erika ihren Dienst in Berlin antrat, war
    Obersturmbannführer Westroff-Meyer verreist. Das Mädchen Ruth empfing sie, teils mürrisch, teils gleichgültig. Während sie Erika einließ, sah sie auf ihre goldene Armbanduhr. Sie hatte gelernt, zu übersehen, woher die kostbaren Geschenke ihres Chefs stammen.
    »Ich soll dich hier einarbeiten ...«, begann Ruth. Erika schluckte das Du, ohne es zurückzuweisen. Sie war ein Kind ihrer Zeit, und in ihrer Zeit wurde im Straßengraben nach dem Motto Brüderschaft getrunken: »Willst du nicht mein Bruder sein, dann schlag’ ich dir den Schädel ein.«
    »Du sollst in meinem Zimmer bleiben«, fuhr Ruth fort. Sie sagte es mit einer Stimme, die erkennen ließ, daß sie mit dieser Entscheidung des Obersturmbannführers nicht einverstanden war.
    »So ...«, entgegnete Erika gleichgültig.
    Sie ging an den Schreibtisch. Leitzordner wie in jedem anderen Büro. Eine Menge neuer Abkürzungen waren zu lernen. Ironisch dachte die entlassene RAD-Jungführerin: Zum Beispiel Ue für unehelich.
    »Wenn der Chef verreist ist«, erläuterte Ruth, »werden hier die Rückstände aufgearbeitet.«
    Erika nickte.
    »Aus den Briefen nimmst du die Adressen und schreibst sie auf die Umschläge, das ist alles ... das Zeug muß jetzt mal raus
    ... es liegt schon weiß Gott wie lange hier herum.«
    »Gut«, versetzte Erika.
    Sie nahm eine der Vordruckkarten, las den Text:
    »Wir bestätigen den Empfang Ihres Schreibens vom ... Wir bedauern, Ihnen in der Angelegenheit keine Auskunft geben zu können ... Heil Hitler.«
    Das junge, hübsche Mädchen legte die Karte wieder weg. 221
    Sie sollte noch genügend Gelegenheit erhalten, sich zu wundern.
    Ruth betrachtete die vermeintliche Rivalin von der Seite, schluckte. Sie sah den gutsitzenden Pullover, den glatten schlichten Rock, die hellen Augen, ihr natürliches Lächeln. Da beugte sich Ruth verbissen über ihre Maschine. Sie stellte sich das Gesicht Westroff-Meyers vor und wußte alles. Erika spannte Umschläge ein und wieder aus, tippte Adressen, die einmal am Ende standen und dann am Anfang. Das war die ganze Abwechslung. Sie arbeitete drauflos wie früher in der Munitionsfabrik. Damals handelte es sich um Granaten und Kartuschen, um Zünder und Führungsringe. Und hier?
    Sie nahm den Brief zur Hand und las. Nach drei Zeilen streifte sie Schwindel im Kopf.
    Es war der Brief eines Mädchens, das an einer Aktion wie römisch zwei, arabisch eins, Heim Z, teilgenommen hatte. Dann war das Kind gekommen und der Mann verschwunden. Das Geschenk für den Führer krähte sich in ein hartes Leben. Der Pakt war erfüllt. Und nun schrieb die Verblendete rührend wie hilflos:
    »... Können Sie nicht diese eine Ausnahme machen ... obwohl ich nicht verheiratet bin ... ich möchte mein Kind wiederhaben, und ich weiß nicht einmal, wo es ist ... Ich war ja damals noch viel zu jung ... ich wußte nicht, was es heißt, ein Kind zu haben und es dann wegzugeben ... Bitte, helfen Sie mir doch!«
    Von nun an faßte Erika die Briefe an, als wären sie Steinplatten. Sie wagte kaum mehr, sie zu lesen. Sie betrachtete das gleichgültige Gesicht Ruths, und sie fürchtete sich davor, genauso kaltschnäuzig und abgebrüht zu werden. Mittagspause in der Kantine. Die Angestellten der Dienststelle aßen gemeinsam. Sie erzählten Witze und lachten.

Weitere Kostenlose Bücher