Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
3. Reich Lebensborn E.V.rtf

3. Reich Lebensborn E.V.rtf

Titel: 3. Reich Lebensborn E.V.rtf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
Vom Netzwerk:
gewagt hatten, sich ihm zu widersetzen, muß und kann er sie jetzt vernichten. Seine Stiefel werden genauso mechanisch und brutal über ihr Leid trampeln wie über die Leichen in Polen. Der Sadismus macht den Funktionär, der jetzt fast ausschließlich in Diensten des Reichssicherheitsamtes steht, häßlich. An seinen Schläfen treten die Adern wie Gewürm hervor. Die Vorfreude macht die Stirn schweißnaß. Seine Stimme raunt heiser:
    »Geben Sie mir doch ein Glas Sekt, Doktor Jessrich.«
    »Sofort, Obersturmbannführer.«
    Aus einem Schrank des blitzsauberen Ordinationszimmers mit den nüchternen, sachlichen Geräten holt Dr. Jessrich die bereits kalt gestellte Flasche.
    »Also ...«, fährt Westroff-Meyer fort, »Sie kennen Frau 217
    Steinbach?«
    Der Arzt nickt, versteift sich im Kreuz. Er weiß, daß der Obersturmbannführer ein radikaler Bursche ist. Aber nach diesem Gespräch wird auch er ihn für einen uniformierten Verbrecher halten.
    Der SS-Offizier läßt sich einschenken, sieht der perlenden Kohlensäure nach, lächelt befriedigt. Er setzt das Glas an die Lippen, trinkt aber noch nicht.
    »Übrigens«, sagt er über den Glasrand hinweg, »das Kind der Steinbachs kommt in eines unserer Heime ... verstanden?«
    »Nein«, erwidert Dr. Jessrich betroffen, »wieso ... Frau Steinbach ist doch verheiratet?«
    Westroff-Meyer schlürft. Er wischt sich mit der Hand über die Lippen. Sein Mund wird breit.
    »Ich sage Ihnen, daß das Kind in ein Heim kommt ... und Sie schreiben umgehend die Einweisung.« Der SSObersturmbannführer läßt die Ungeheuerlichkeit im Mund zergehen wie ein Bonbon.
    Die Augen der beiden Männer begegnen sich. Der Arzt spürt eine kalte Hand auf seinem bloßen Rücken. Er umklammert den Stiel seines Glases. Der Sekt läuft ihm über die Finger.
    »Und warum, Obersturmbannführer?« fragt er mit spröder Stimme, »ohne entsprechenden Grund kann ich die Einweisung nicht schreiben. Außerdem muß ich von der Zentrale des Lebensborns in München Erlaubnis einholen ...«
    »Der Grund?« fragt Westroff-Meyer. Er kippt das Glas bis zur Neige. »Auf Ihre Korrektheit, lieber Doktor ... den Grund will ich Ihnen sagen.« Seine Augen werden starr, als wolle er den Arzt hypnotisieren. Dann bellt er los:
    »Die Eltern sind keine Nationalsozialisten!« Sein Arm fährt durch die Luft, als führe er einen Säbel. »Sie sind Staatsfeinde, Verräter, Defätisten ... und aus ihrem Kind werden sie wieder 218
    einen Volksverräter machen ... aber wir haben die verdammte Pflicht, deutsche Kinder zu erziehen ...! Verstanden? Reicht Ihnen der Grund?«
    Der Rest Sekt an den Lippen des Obersturmbannführers wird zu Schaum. Er tritt ganz dicht an Dr. Jessrich heran. Seine Pupillen schimmern gelb.
    Der Arzt legt den Kopf zurück. Durch das Brausen seiner Schläfen denkt er sinnlos: Der Atem ... sein Atem stinkt. Der Arzt schenkt fahrig ein, wie im Traum. Geburten ... das hat er hier gesehen ... aber doch nicht Ausgeburten einer teuflischen Brutalität. Da sieht Dr. Jessrich langsam die kalten Wände seines Zimmers auf sich zukommen. Ein Kloß ballt sich in seiner Kehle.
    »Nein!« sagt er dann hart. Er spuckt Westroff-Meyer das Wort ins Gesicht, wiederholt noch einmal: »Nein ...« Seine Stimme klingt, als ob er erbrechen würde.
    Im ersten Moment zuckt Westroff-Meyer zurück. Eine Sekunde fürchtet er die hervorquellenden Augen des Arztes, seine malmenden Kiefermuskeln. Aber jetzt lächelt er. Wieder ölig und zufrieden.
    »Nein?« fragt er verwundert, »Sie wollen nicht? Sie können nicht? Warum? Was ist mit Ihnen los, Jessrich?«
    Das Ungeheuer macht Kinderaugen, denkt der Arzt. Und zum ersten Male sieht er Westroff-Meyer ganz richtig, nackt, so wie er ist, häßlich, plump und brutal. Die Saite ist überspannt. Sie reißt. Nur ein häßliches Geräusch bleibt zurück.
    Und der Arzt fühlt sich auf einmal frei. Frei, die Wahrheit zu sagen, Wort für Wort, und damit einen Preis für die Schuld zu zahlen, an der er stillen Anteil hatte.
    »Ich denke nicht daran«, entgegnet er kalt, »ich bin Arzt und kein Kidnapper! Ich stehle keine Babys ... und niemand kann 219
    mich dazu zwingen! ... Was Sie vorhaben,
    Obersturmbannführer, ist Kindesentführung! ... Darauf steht Zuchthaus, auch im nationalsozialistischen Deutschland ... sonst müßte ich diese Uniform ausziehen ...«
    Westroff-Meyer reagiert merkwürdig gelassen, fast gelangweilt.
    »Reden Sie keinen Unsinn, Jessrich ... Quatsch, das mit der Kindsentführung ...

Weitere Kostenlose Bücher