3. Reich Lebensborn E.V.rtf
diesem Moment an Berendsen, den toten Geschwaderchef, der nicht mehr leben mochte, weil er nicht mehr kämpfen konnte. Er hatte nie recht begriffen, was vor sich gegangen war. Jetzt dämmerte es.
»Ein Übergriff«, sagte er heiser, »ich werde die Sache bereinigen, Steinbach, verlassen Sie sich darauf!«
»Jawohl, Herr General.«
»Setze mich heute noch mit den Brüdern von der SS in Verbindung.« Seine Worte kamen langsam, klebrig. »Ich werde dafür sorgen, daß Sie Ihr Ritterkreuz tragen können, verdammt noch mal!
Doris wird es schwarz vor den Augen. Ihr Körper zuckt. Ihre Augen werden naß.
»Nehmen Sie sich doch zusammen! Es gibt einen Weg, Ihr Kind wiederzuerhalten ... seine Meilensteine sind: Gehorsam, 240
Treue und Opfer ...« Nebensächlich setzt er hinzu: »Ich entlasse Sie aus der Haft. Sie fahren in Ihre Heimatstadt zurück. Wir werden Sie nicht aus den Augen verlieren. Leisten Sie irgendeinen Kriegseinsatz ... freiwillig ... sonst ...«
Die junge Frau nickt. Sie begreift gar nichts. Klaus muß
helfen, denkt sie verschwommen, nur er kann noch ...
»Noch etwas, Frau Steinbach«, fährt der Beamte des Reichssicherheitshauptamts fort, »ich sagte Ihnen schon, Ihr Fall ist eine Geheime Reichssache ... Sie haben nicht darüber zu sprechen ... jede fahrlässige oder absichtliche Indiskretion hätte schwerwiegende Folgen.«
Doris ist frei.
Und allein. Grenzenlos allein ...
Der untersetzte General der Flieger hielt Wort. Er wandte sich über die Luftflotte an den persönlichen Stab des Reichsführers der SS, telefonisch, um Zeit zu sparen. Ein erschrockener Adjutant ließ sich die Anfrage gleich dreimal durchgeben. Er entschuldigte sich sofort:
»Ein Irrtum ... ganz bestimmt ein Irrtum ... was denken Sie denn ...«
»Trotzdem«, antwortete der Luftwaffen-Oberst, der mit dem SS-Adjutanten telefonierte, »bitten wir um eine Meldung, daß
das Kind Hauptmann Steinbach zurückgegeben wurde ... verstehen Sie ...«, setzte er mit einem genüßlichen Lächeln hinzu, »nur eine Formsache, weiter nichts.«
»Selbstverständlich, Herr Oberst.«
So wanderte die Anfrage weiter nach Berlin in das Gebäude des Reichssicherheitshauptamtes, wo gerade
Obersturmbannführer Westroff-Meyer seinem Gruppenführer Rapport erstattete. Die Tatsache, daß man ihn zu allem gebrauchen konnte, hatte ihn rasch vorwärtsgebracht. Er war mit seinem Stab zu einer Art Außenstelle z. b. V. des RSHA 241
avanciert.
Die Miene des SS-Gruppenführers war schläfrig und wohlwollend. Er spielte mit seinem Bleistift.
»Gut, gut, mein lieber Westroff-Meyer ... ich brauche Ihnen nicht zu sagen, daß ich mit Ihnen zufrieden bin ...«
»Danke, Gruppenführer«, entgegnete der Funktionär schneidig und schnell.
»Machen Sie alles, wie Sie es für richtig halten ... ich verlasse mich auf Sie!« Der SS-General wühlte in seiner Schublade.
»Sie haben wohl sehr viel Temperament, was?« fragte er dann.
»Wieso, Gruppenführer?«
»Na ... da sind Sie einmal ganz schön über das Ziel hinausgeschossen ...«
Westroff-Meyer begriff ihn nicht.
»Ich meine ... in der Sache da ... Steinbach ...«
»Das sind ...«
Der Gruppenführer schnitt ihm das Wort ab:
»Interessiert mich nicht ... der Vater hat auch noch das Ritterkreuz gekriegt.«
»Das ist eine Intrige der Luftwaffe!« tobte der Obersturmbannführer.
»Schon gut ... der Mann scheint an der Front
merkwürdigerweise ganz tüchtig zu sein«, versetzte der SSGeneral mißmutig.
»Aber darum geht es gar nicht ... Sie werden schon Ihre Gründe gehabt haben ...«
»Jawohl, Gruppenführer.«
»Wir wollen keinen Zopf mit der Luftwaffe, verstehen Sie ... ich weiß genau, was das für Burschen sind ... nach dem Krieg 242
...« setzte er hinzu und schnippte mit den Fingern. Er schob seine Schublade mit einem Ruck zurück.
»Aber zuerst müssen wir ihn gewinnen.«
»Sie haben also nichts gegen die Maßnahme als solche, Gruppenführer?« fragte Westroff-Meyer lauernd.
»Aber woher denn ...! Ich will bloß keinen Skandal ... um keinen Preis einen Skandal!«
»Ich verstehe ...«
Der SS-General stand auf.
»Also, mein Lieber, regeln Sie die Sache so unauffällig wie möglich ... geben Sie dem Kerl sein Kind zurück.«
»Jawohl, Gruppenführer ... aber das sind Feinde der Bewegung ... Verräter!« Westroff-Meyer spuckte seinen Wortschatz auf einmal aus.
Der Gruppenführer nickte einsichtig.
»Wir werden schon noch mit den Schweinen fertig! Aber alle können wir auch nicht an einem
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