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3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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murmelte Geser und schielte zu den Inquisitoren hinüber. »Wenn ich es richtig verstanden habe, sind Sie bereits drinnen gewesen? Dann können Sie jetzt warten.«
    In der Sorge, man könne auch mich zurückhalten, machte ich einen Schritt nach vorn - und die Wand öffnete sich gehorsam vor mir. Die Verteidigungszauber waren bereits durchbrochen.
    Die Kammer erwies sich als gar nicht so klein: drei mal drei Meter, mindestens. Darin gab es sogar ein Fenster, das ebenfalls aus Stücken der übrigen Fenster »zusammengeschnitten« worden war. Durch das Fenster ließ sich eine phantasmagorische Landschaft erkennen: ein Waldstreifen, ein halber Baum, ein Fetzen Himmel - alles völlig chaotisch miteinander kombiniert.
    Es gab in der Kammer aber noch etwas, das weit größere Aufmerksamkeit verdiente.
    Ein guter Anzug aus festem grauen Stoff, ein schickes Hemd (weiß, aus Seide, mit Spitze am Kragen und an den Manschetten), eine elegante Krawatte (silbergrau mit einem rot glänzenden Streifen), ein Paar herrlicher schwarzer Lederschuhe, aus denen weiße Socken hervorlugten. All das lag mitten in der Kammer auf dem Boden. Im Anzug würde sich mit Sicherheit seidene Unterwäsche mit handgesticktem Monogramm finden.
    Allerdings verspürte ich nicht den Wunsch, in der Kleidung des Hohen Vampirs Viteszlav herumzuwühlen. Denn die homogene graue Asche in der Kleidung und um sie herum - das war alles, was von dem Inspektor des Europabüros der Inquisition noch übrig war.
    Swetlana, die die Kammer nach mir betreten hatte, seufzte nur und nahm mich bei der Hand. Geser grunzte finster. Sebulon seufzte, anscheinend sogar aufrichtig.
    Kostja, der als Letzter hereinkam, brachte keinen Laut heraus. Sondern stand wie angewurzelt da und betrachtete die traurigen Überreste seines Artgenossen.
    »Wie Sie verstehen, meine Herren«, sagte Edgar leise, »ist das, was hier geschehen ist, schon an sich grauenvoll. Ein Hoher Vampir ist ermordet worden. Schnell und ohne jede Kampfspuren. Ich vermute, dass selbst den verehrten Hohen, die hier anwesend sind, das nicht möglich wäre.«
    »Die hier anwesenden Hohen sind nicht so dumm, einen Mitarbeiter der Inquisition anzugreifen«, presste Geser angewidert heraus. »Sollte die Inquisition jedoch auf einer Überprüfung bestehen ...«
    Edgar schüttelte den Kopf. »Nein. Gerade weil ich nicht den geringsten Verdacht gegen Sie hege, habe ich Sie hierher gerufen. Bevor ich das Europabüro in Kenntnis setze, hielt ich es für angebracht, Ihren Rat einzuholen. Schließlich ist das hier das Territorium der Moskauer Wachen.«
    Sebulon hockte sich neben die Überreste, nahm ein wenig Asche auf, rieb sie zwischen den Fingern, roch daran und berührte sie anscheinend sogar mit der Zunge. Mit einem Seufzer erhob er sich. »Viteszlav ...«, murmelte er. »Ich kann mir nicht vorstellen, wer ihn umgebracht haben könnte. Ich würde ...« Er zögerte. »... ich würde es mir dreimal überlegen, bevor ich mich auf einen Kampf mit ihm einließe. Und Sie, Kollege?«
    Er sah Geser an. Der ließ sich mit der Antwort Zeit, sah sich die Asche mit der Begeisterung eines jungen Naturwissenschaftlers an. »Geser?«, fragte Sebulon.
    »Ja, ja ...«, meinte Geser nickend. »Ich hätte es gekonnt. Ehrlich gesagt, hatten wir schon die Gelegenheit ... es gab da verschiedentlich Missverständnisse. Aber so schnell ... und so sauber ...« Geser breitete die Arme aus. »Nein, das hätte ich nicht geschafft. Leider nicht. Man könnte fast neidisch werden.«
    »Das Siegel«, erinnerte ich vorsichtig. »Vampire bekommen bei einer temporären Registrierung ein Siegel...«
    Edgar sah mich an, als rede ich Unsinn. »Aber nicht die Mitarbeiter der Inquisition.«
    »Und nicht die Hohen Vampire!«, fügte Kostja streitlustig hinzu. »Das Kleinvieh kriegt ein Siegel, das sich nicht unter Kontrolle hat, Vampire und Tiermenschen in ihrer Lehrzeit.«
    »Eigentlich wollte ich schon lange die Frage zur Diskussion stellen, ob wir diese diskriminierende Behandlung nicht abschaffen«, warf Sebulon ein. »Vampire und Tiermenschen sollten kein Siegel bekommen, sobald sie den zweiten, besser noch den dritten Grad erlangt haben.«
    »Lass uns noch die Registrierung bei der jeweils andern Wache am Wohnort abschaffen«, schlug Geser amüsiert vor.
    »Schluss mit dem Streit!«, ließ sich Edgar in überraschend herrischem Ton vernehmen. »Gorodezkis Unwissenheit ist kein Grund, hier einen Disput vom Zaun zu brechen! Außerdem... ist das Ende der Existenz

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