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3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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bekam ich es mit der Angst zu tun. Dann tigerte Geser wieder durchs Zimmer, permanent aus seinen Pantoffeln rutschend und wild gestikulierend. »Man kann aus einem Menschen keinen Anderen machen! Niemals! Unter keinen Umständen! Soll ich dir die Wahrheit über deine Frau und deine Tochter sagen? Olga hat sich in Swetlanas Schicksal eingemischt! Für sie hat sie die zweite Hälfte der Schicksalskreide gebraucht! Doch selbst mit der Schicksalskreide wäre es nicht möglich gewesen, aus deiner ungeborenen Tochter eine Andere zu machen, wenn sie nicht als Andere auf die Welt gekommen wäre! Wir haben sie nur noch stärker gemacht, ihr absolute Kraft gegeben!« »Ich weiß«, meinte ich nickend. »Woher?«, wunderte sich Geser. »Arina hat das angedeutet.«
    »Sie ist eine kluge Frau«, sagte Geser. Dann erhob er abermals die Stimme. »Das reicht! Jetzt weißt du alles, was dieses Thema angeht! Ein Mensch kann kein Anderer werden. Mit Hilfe sehr starker Artefakte kann man ihn im Anfangsstadium oder noch früher stärker oder schwächer machen, ihn zum Licht oder zum Dunkel bringen... In einem eng gesteckten Rahmen, Anton! Wenn der kleine Jegor nicht von Anfang an neutral gewesen wäre, hätten wir die Initiierung durch die Dunklen nicht rückgängig machen können. Wenn deine Tochter nicht als Große Zauberin hätte auf die Welt kommen sollen, hätten wir sie nicht zur Allergrößten machen können! Um ein Gefäß mit Licht oder Dunkel zu füllen, muss es erst mal da sein, dieses Gefäß! Von uns hängt ab, was hineingegossen wird, aber das Gefäß selbst können wir nicht herstellen! Wir müssen uns mit Kleinigkeiten, mit den geringsten Kleinigkeiten begnügen! Und du glaubst, man könne einen Menschen in einen Anderen verwandeln!«
    »Boris Ignatjewitsch ...« Ich wusste selbst nicht, warum ich Geser mit seinem russischen Namen ansprach. »... entschuldigen Sie, wenn ich Unsinn rede. Aber ich kann einfach nicht verstehen, warum Sie Timur nicht schon früher gefunden haben. Schließlich ist er der Sohn von Ihnen und Olga! Und Sie sollen ihn nicht gespürt haben? Selbst wenn Sie räumlich getrennt gewesen sind?«
    In dem Moment knickte Geser überraschend ein. Auf seinem Gesicht spiegelten sich zugleich ein Schuldgefühl und Verzweiflung wider.
    »Anton, ich mag ja ein alter Intrigant sein ...« Er verstummte. »Aber du kannst doch nicht ernsthaft glauben, dass ich meinen Sohn in einem Waisenhaus hätte aufwachsen lassen? In Armut und Leid? Glaubst du etwa, ich würde nicht auch gern ein bisschen Wärme und Zärtlichkeit genießen? Mich als Mensch fühlen? Mein Baby wiegen, mit meinem kleinen Sohn zum Fußball gehen, meinem heranwachsenden Jungen das Rasieren beibringen und den jungen Mann in die Wache aufnehmen? Nenn mir nur einen Grund, warum ich hätte zulassen sollen, dass mein Sohn allein in der Fremde lebt und alt wird? Bin ich ein schlechter Vater? Ein herzloser Kerl? Vielleicht. Aber warum hätte ich dann einen Anderen aus ihm machen sollen? Warum hätte ich mir diese Probleme aufhalsen sollen?«
    »Aber warum haben Sie ihn nicht früher gefunden?«, konterte ich.
    »Weil er bei seiner Geburt ein stinknormaler Junge war! Ohne die geringsten Anlagen zum Anderen!« »Das könnte sein«, sagte ich unsicher.
    »Du kannst dir das nicht vorstellen?«, fragte Geser. »Siehst du, ich auch nicht ... Andererseits hätte ich in Timur die Kraft spüren müssen! Da war aber keine...«
    Er breitete die Arme aus. Setzte sich. »Aber schreib nicht mir diese Heldentat zu«, murmelte er. »Ich kann aus einem Menschen keinen Anderen machen.« Geser verstummte. Um mit einem Mal aufgewühlt hinzuzufügen: »Aber du hast Recht. Ich hätte ihn früher spüren müssen! Man kann in einem fremden Menschen erst im Alter den Anderen erkennen. Aber in dem eigenen Sohn? Den du auf deinen Armen gehalten hast? In dem du unbedingt den Anderen erkennen willst? Ich weiß nicht. Seine Anlagen müssen zu schwach gewesen sein ... oder ich einfach zu blöd.« »Es gibt noch eine Variante«, brachte ich unsicher hervor.
    Geser sah mich von unten herauf an und zuckte mit den Schultern. »Varianten gibt es immer mehr als eine. Was meinst du genau?«
    »Irgendjemand kann Menschen in Andere verwandeln. Und dieser Jemand hat Timur gefunden und zu einem potenziellen Anderen gemacht. Danach haben Sie ihn dann gespürt...« »Olga hat ihn gespürt«, brummte Geser.
    »Gut, Olga. Dann haben Sie angefangen zu handeln. Sich überlegt, wie Sie die Inquisition und

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