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3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Ich wollte eine Schallisolierung einbauen lassen, aber mir ist das Geld ausgegangen.«
    »Anscheinend ein verbreitetes Übel«, tastete ich mich vor. »Ich habe nicht einmal ein Klo.«
    Lass grinste triumphierend. »Ich schon. Seit einer Woche! Da, hinter der Tür.«
    Als ich wiederkam, schnitt Lass gerade mit wehmütigem Blick die Wurst.
    »Warum ein englisches?«, konnte ich meine Neugier nicht unterdrücken. »Noch dazu ein so großes?«
    »Hast du die Firmenlogos an dem Ding gesehen?«, fragte Lass. »>Wir haben das erste Klosett erfunden.< Wie hätte ich das Ding nicht kaufen können - mit dem Slogan? Ich habe vor, den Aufkleber einzuscannen und ein wenig zu korrigieren. Es sollte heißen. >Wir haben als Erste verstanden, wozu Menschen ...<« »Alles klar«, kam ich ihm zuvor. »Dafür hab ich eine Dusche.«
    »Echt?« Der Barde stand auf. »Seit drei Tagen träume ich davon, mich mal zu waschen...« Ich hielt ihm den Schlüssel hin.
    »Kümmer dich inzwischen darum, dass wir zum Wodka was zu essen haben«, meinte Lass froh. »Der Wodka ist garantiert in zehn Minuten eiskalt. Und bei mir dauert's nicht lange.«
    Die Tür schlug zu, und ich blieb allein in der fremden Wohnung zurück - in trauter Einsamkeit mit angeschlossenen Verstärkern, bereits geschnittener Wurst und einem riesigen, leeren Kühlschrank. Ach ja!
    Niemals hätte ich gedacht, dass in solchen Häusern die ungezwungene, freundschaftliche Atmosphäre einer Wohngemeinschaft herrschen könnte. Oder eines Wohnheims für Studenten.
    Geh du ruhig auf mein Klo, dann nehm ich ein Bad in deiner Jacuzzi ... Pjotr Petrowitsch hat einen Kühlschrank, Iwan Iwanowitsch hat versprochen, Wodka mitzubringen, er handelt schließlich damit, und Semjon Semjonitsch schneidet die Zuspeisen sorgsam, akkurat in kleine Stücke...
    Vermutlich haben die meisten Mieter hier die Wohnung »für die Ewigkeit« gekauft. Mit all dem Geld, das sie sich erarbeitet, zusammengeklaut und geliehen haben.
    Erst danach ging den glücklichen Wohnungseigentümern auf, was in einer Wohnung dieser Größe noch alles gemacht werden muss. Und jemanden, der sich hier eine Wohnung gekauft hatte, nahm jede Firma bis aufs letzte Hemd aus. Dann galt es, monatlich auch noch etwas für die sonstige Unmenge an Quadratmetern, die Tiefgarage, die Grünanlage und die Uferstraße zu berappen. So stand das riesige Haus halb leer, wirkte fast aufgegeben.
    Natürlich ist es keine Tragödie, wenn jemand nur eine kleine Perle besitzt. Aber zum ersten Mal konnte ich mich mit eigenen Augen davon überzeugen, dass es mindestens eine Tragikomödie war.
    Wie viel Menschen wohl tatsächlich im Assol lebten? Wenn auf das nächtliche Geheule der Bassgitarre hin nur ein Mieter erschienen ist? Und wenn dieser seltsame Barde bisher völlig ungestört rumlärmen konnte? Ein Mieter pro Stockwerk? Wohl eher noch weniger... Wer hat dann den Brief abgeschickt?
    Ich versuchte mir vorzustellen, wie Lass mit einer Nagelschere Buchstaben aus der Prawda ausschnitt. Es klappte nicht. Einer wie er hätte sich etwas Originelleres ausgedacht.
    Ich schloss die Augen. Stellte mir vor, wie sich der graue Schatten von meinen Lidern auf meine Pupillen legte. Dann öffnete ich die Augen und sah mich durchs Zwielicht in der Wohnung um.
    Nicht die geringste Spur von Magie. Selbst an der Gitarre nicht, die, auch wenn sie ein dankbares Instrument ist, nur einmal in den Händen eines Anderen oder eines potenziellen Anderen gelegen haben muss, um sich noch Jahre an diese Berührung zu erinnern.
    Und das blaue Moos, dieser Parasit des Zwielichts, der von negativen Gefühlen lebt, ließ sich auch nicht entdecken. Wenn der Hausherr in eine Depression gefallen sein sollte, dann nicht innerhalb seiner eigenen vier Wände. Oder er hat sich offen und von ganzem Herzen amüsiert - und damit das blaue Moos verbrannt.
    Schließlich setzte ich mich hin und schnitt die Wurst bis auf das letzte Zipfelchen in Scheiben. Auf alle Fälle würde ich durchs Zwielicht prüfen, ob ich sie essen konnte.
    Die Wurst war in Ordnung. Geser beabsichtigte nicht, seinen Agenten mit einer Vergiftung auszuschalten. »Jetzt stimmt die Temperatur«, meinte Lass, während er aus der offenen Flasche ein Weinthermometer zog. »Wir haben es nicht übertrieben. Sonst verwässerst du den Wodka, bis er die Konsis-~ tenz von Glyzerin hat. Da kannst du auch gleich flüssigen Stickstoff trinken ... Auf unsere Bekanntschaft!«
    Wir tranken auf ex und aßen Wurst und Zwieback dazu. Den

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