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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Seele stecken bleiben! Wenn du denkst, daß wir Dummköpfe seien, die sich von dir salben lassen, so irrst du dich gewaltig. Ja, wasche dich dreimal oder dreißigmal oder hundertmal; den Schmutz jedoch hast du mitgebracht; dein Inneres steckt so voll davon, daß er dir aus allen Poren quillt!“
    Der Armenier steckte sein Messer wieder ein; er wollte etwas dazu sagen, kam indes nicht dazu, denn wieder hörten wir den Hufschritt von Pferden, aber jetzt von der andern Seite, woher wir gekommen waren, und wir sahen acht Reiter in persischer Tracht kommen, welche sichtlich auch überrascht waren, uns zu sehen, und bei uns halten blieben. Ihr Anführer war ein wohlgebauter, vollbärtiger Mann im Alter zwischen vierzig und fünfzig Jahren; er betrachtete uns mit finsterem Blick und fragte dann, ohne zu grüßen:
    „Wer seid ihr, Männer, und was tut und treibt ihr hier?“
    Er sagte das in einem Ton, der mir nicht gefiel, noch weniger aber meinem kleinen, leicht erregbaren Hadschi Halef, der auch gar nicht säumte, ihm zu antworten:
    „Wer bist du, daß du es wagest, Auskunft von uns zu verlangen? Wer ist dein Vater und wer der Vater deines Vaters? Hast du nicht gelernt, mit Achtung zu Leuten zu sprechen, welche gewöhnt sind, Höflichkeit und Ehrerbietung zu fordern?“
    Da rief der Fremde belustigt aus:
    „Seht diesen kleinen Kerl an! Er gebärdet sich wie ein Riese und reicht mir doch kaum bis über die Ellbogen, wenn ich mich neben ihn stelle! Wollen wir ihm nicht das lose Maul stopfen?“
    Halef war überhaupt sehr leicht zu erzürnen, nichts aber konnte ihn so sehr in Harnisch bringen, als wenn man sich über seine geringe Länge lustig machte. Er zog auch sofort sein Messer und forderte den Perser auf:
    „Mir das Maul stopfen? Dazu gehören ganz andere Leute, als ihr seid. Komm doch herab von deinem Ziegenbock, den du für ein Pferd hälst, und versuche es! Wenn du Mut hast, so ziehe dein Messer und kämpfe mit mir! Dann wirst du gleich erfahren, wer den anderen zum Schweigen bringt.“
    „Ja, ich komme schon. Ihr seid mir verdächtig und gehört wahrscheinlich zu den Halunken, welche wir suchen. Wenn ihr euch nicht gehörig ausweisen könnte, so werde ich euer Leben von euch fordern.“
    Er sprang vom Pferd; seine Leute folgten diesem Beispiel, und im nächsten Augenblick waren wir von ihnen umringt. Er legte mir die Hand fest um den Arm, versuchte, mich zu schütteln, und befahl mir in stolzem Ton:
    „Jetzt nennst du mir sofort eure Namen. Ich muß wissen, wer ihr seid und was ihr hier zu suchen habt.“
    Ich ließ meinen Arm in seiner Hand und antwortete ruhig:
    „Du scheinst ein Perser zu sein. Die Bewohner deines Landes besitzen den Ruhm der Höflichkeit. Willst du diesen Ruhm zu Schanden machen?“
    Wohl weniger diese Worte als meine furchtlose Haltung und der feste Blick, den ich ihm in das Gesicht warf, hatten zur Folge, daß er seine Hand von meinem Arm nahm, und mir weniger gebieterisch entgegnete:
    „Ich suche Männer, die ich fangen will; ich bin auf ihrer Spur, und da ich euch auf derselben treffe, so mußt du mir sagen, wer ihr seid!“
    „Mußt? Ich muß? Du irrst dich. Ich habe noch keinen Menschen gekannt, der mich zu etwas hat zwingen können.“
    „So wirst du jetzt einen kennen lernen!“
    „Etwa dich?“
    „Ja.“
    „Versuche es!“
    Ich griff nicht zu den Waffen, ich machte nicht die geringste drohende Bewegung; aber ich blickte ihm noch immer so ruhig und scharf in die Augen, daß er unwillkürlich zwei Schritte zurücktrat und mehr verwundert als zornig ausrief:
    „Du tust so, als ob kein Mensch dir etwas anhaben könnte!“
    „Weil es auch wirklich keinen gibt, vor dem ich mich zu scheuen habe. Du ließt mich Ausdrücke der Grobheit hören; ich habe dir höflich geantwortet, und ich wünsche, bei diesem Ton bleiben zu können. Das wünsche ich nicht meinet-, sondern deinetwegen. Ich war eher hier als du; du bist später gekommen. Wenn jemand das Recht hat, den andern nach seinem Namen zu fragen, so bin ich es, der es besitzt. Übrigens hast du die persische Grenze hinter dir; wir befinden uns auf türkischem Boden. Von wem hast du die Bevollmächtigung des Großherrn, mich, der ich seinen Firman, sein Teskereh und sein Bjuruldu besitze, nach meinem Namen zutragen?“
    „Ich bin Mirza Muzaffer, der Merd adalet (Polizeibeamter) von Yaltemir!“
    Die wichtige Miene, welche er bei diesen Worten zeigte, ließ vermuten, daß er mir jetzt sehr zu imponieren glaubte; ich aber machte

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