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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Drohung gehört, welche er beim Fortreiten gegen sie aussprach.“
    „Was sagst du dazu?“
    „Er kommt mir sehr verdächtig vor.“
    „Sollte, hm, sollte er zu dem Kys-Kaptschiji in irgend einer Beziehung stehen?“
    „Möglich, sogar sehr wahrscheinlich, denn sonst hätte er nicht in dieser Weise drohen können.“
    „Sollte er es vielleicht gar selber sein?“
    „Wenn nicht er selbst, so doch sein Späher.“
    „Wieso sein Späher?“
    „Er war ein Lügner, ein religions- und gewissenloser Mensch, und so einer Person ist alles zuzutrauen. Der Kys-Kaptschiji braucht Leute, welche auskundschaften, wo schöne Mädchen sind und wie man sich ihrer bemächtigen kann. Dazu paßt so ein Händler am besten.“
    „Aber dieser Armeni wollte doch nach Serdascht; dort haben die Mädchenräuber doch nichts mehr zu tun. Es wäre sogar gefährlich für einen von ihnen, nach einem Ort zurückzukehren, wo sie einen Raub ausgeführt haben.“
    „Weißt du gewiß, daß er nach Serdascht wollte? Hat er uns nicht vielleicht auch damit belogen?“
    „Aber er hat sich in dieser Richtung entfernt!“
    „Um uns zu täuschen. Wenn es sich so verhält, wie ich denke, so ist er nur eine Strecke nach Osten geritten und dann auf einem Umwege zurückgekehrt.“
    „Wie denkst du? Warum denn?“
    „Er wurde von dem Kys-Kaptschiji zurückgeschickt, um zu erkundschaften, ob die Mädchenräuber verfolgt werden. Nun hat er die Perser getroffen und wird zurückeilen, um seine Kumpane zu warnen.“
    „Da müssen wir fort, sogleich fort!“
    „Wohin?“
    „Den Persern nach.“
    „Wozu?“
    „Um sie auch zu warnen.“
    „Liebster Halef, wo du doch so gern den Retter spielst!“
    „Das habe ich von dir gelernt, Sihdi.“
    „Verdienen sie es denn, daß wir uns um sie bemühen?“
    „Nein, denn sie haben uns beleidigt und gekränkt. Aber man soll seinen Feinden vergeben und ihnen Gutes erweisen.“
    „So denken und handeln die Christen; du aber bist doch kein Christ!“
    „Ach, schweig doch, mein guter Sihdi! Du weiß ja, welche Gedanken und Gefühle in dem Herzen deines treuen Halef wohnen. Ja, es gab eine Zeit, damals als ich in der Sahara dein Diener wurde, in welcher ich mir außerordentliche Mühe gegeben habe, dich zum Islam zu bekehren. Ich glaubte damals wirklich, daß kein Christ in den Himmel kommen könne; ich hatte dich so sehr, so unendlich lieb und wollte dich also neben mir im Himmel sehen; darum redete ich dir so viel von Mohammed und seinen Lehren vor. Du hast stets darüber gelächelt, so freundlich still, wie nur du lächeln kannst; du hast niemals mit mir über deine und meine Religion gestritten und gezankt; aber du hast mir nach und nach durch deine Gesinnungen und deine Taten immer klarer und deutlicher bewiesen, daß das Christentum in gar vielen Dingen höher steht als der Islam. Du wirst daher gewiß meine Bitte erfüllen, den Persern nachzureiten, Sihdi?“
    „Gern, zumal ihr Weg am Fluß hin ja auch der unserige ist; aber ich bin überzeugt, daß unsere Warnung kein Gehör finden wird. Sie werden uns vielleicht gar verlachen.“
    „Mögen sie! Dann haben wir unsere Pflicht getan und können uns mit gutem Gewissen weiter wenden. Wollen wir fort?“
    „Ja, sogleich.“
    Wir stiegen auf unsere Pferde und folgten der Spur der Perser, welche nahe am Ufer westwärts führte. Da wir sehr schnell ritten und die acht Schiiten uns erst vor kurzer Zeit verlassen hatten, dauerte es gar nicht lange, bis wir sie vor uns sahen. Wir kamen ihnen ganz nahe, denn sie blickten sich nicht eher um, als bis sie das Schnauben unserer Pferde hörten. Da hielten sie an und richteten auf das Kommando ihres Anführers ihre Gewehre schnell auf uns.
    „Bleibt halten, sonst schießen wir!“ rief Mirza Muzaffer uns entgegen. „Ihr wißt, daß wir einen solch räudigen Hund nicht in unsere Nähe lassen und jetzt haben wir die Gewehre zuerst in den Händen. Sobald ihr nach einer Waffe greift, schießen wir!“
    Da hatte er freilich recht. Wir befanden uns in ihren Händen, aber nur deshalb, weil unsere Absicht eine friedliche war. Ich überhörte die neue Beleidigung und antwortete ruhig:
    „Eben weil ich ein Christ bin und daher Böses mit Gutem vergelte, kommen wir. Wir wollen euch warnen.“
    „Vor wem?“
    „Vor dem Armeni, welcher bei uns war.“
    „Warum?“
    „Wir haben über ihn nachgedacht. Er scheint ein Kundschafter des Kys-Kaptschiji zu sein.“
    „Das lügt ihr!“
    „Wir lügen nicht, doch ist es immerhin

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