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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Aussagen miteinander übereinstimmten, anzunehmen, daß sie die Wahrheit enthielten.
    Die beiden schienen das zu sein, was man ‚prügelfaul‘ zu nennen pflegt; das heißt, sie schienen gegen die Bastonade unempfindlich zu sein, denn sie sagten lange kein Wort, obgleich schon bei den ersten Streichen die Fußsohlen aufsprangen. Man sollte so etwas kaum für möglich halten! Bei dem Händler war nicht einmal ein lauter Atemzug zu hören. Der andere besaß nicht dieselbe Selbstbeherrschung, doch hatte auch er schon wenigstens zwanzig Hiebe erhalten, ehe er zu wimmern begann. Dieses Wimmern wurde nach und nach zu lautem Stöhnen, bis bei jedem Schlag ein Schrei erfolgte; aber er gab noch immer auf die Frage, ob er nun gestehen wolle, keine Antwort. Endlich, endlich war es ihm unmöglich, die Schmerzen länger zu ertragen; er bat, einzuhalten, denn er könne nun nicht länger schweigen. Der Scheik forderte mich auf:
    „Emir, sprich du mit ihm, du weißt besser als ich, nach welchen Dingen wir ihn zu fragen haben.“
    Ich legte dem Kerl vor, ja die Wahrheit zu sagen, weil die Bastonade sofort wieder beginnen werde, sobald wir bemerkten, daß er gelogen habe, und fragte ihn dann:
    „Wo befindet sich euer Lager?“
    „Eine Viertelstunde abwärts von hier am andern Ufer des Flusses.“
    „Aus wieviel Menschen besteht es?“
    „Wir sind dreizehn Armenier und dreißig Schirwani-Kurden.“
    „Wieviel Mädchen und Frauen habt ihr bei euch?“
    „Fünf.“
    „Wer sind sie?“
    „Die Tochter Mirza Muzaffers, drei Mädchen aus Serdascht und Schefaka, die Frau Hamsa Mertals.“
    „Ihr wart es auch, welche die früheren Räubereien ausführten?“
    „Ja.“
    „Habt ihr heute die acht Perser überfallen?“
    „Ja.“
    „Sind welche von ihnen getötet worden?“
    „Sieben. Mirza Muzaffer ließen wir leben, um ein Lösegeld zu bekommen.“
    „Warum Lösegeld?“
    „Das soll der Anteil der Schirwani sein, welche ihn mit sich nehmen wollen, ihn aber trotz des Lösegeldes töten werden.“
    „Ihr seid die gräßlichsten Menschen, die es auf Gottes Erdboden geben kann. Und das Entsetzlichste ist, daß dreizehn von euch sich Christen nennen!“
    Diese Antworten gab er freilich nicht so glatt und zusammenhängend, wie ich sie hier niedergeschrieben habe, sondern er schwieg, so oft die Streiche nicht mehr fielen, und mußte durch immer neue Hiebe zum weiteren Sprechen gebracht werden. Auf diese Weise erfuhr ich außer anderen Notwendigkeiten noch, daß eine Furt vom linken Ufer des Flusses nach dem Lager hinüberführe und daß ein Schirwani-Kurde bei derselben Wache halte. Der alte, verräterische Scheik Melef hatte heute nach unserer Abmachung mit ihm wirklich einen seiner Leute nach dem Lager zurückgeschickt, um sagen zu lassen, daß ich mit Halef am linken Ufer abwärts kommen werde; man solle uns überrumpeln. Da wir aber nicht gekommen waren, hatten sich zwei Kundschafter nach uns flußaufwärts auf die Suche gemacht und dabei am Abend unser jetziges Lager entdeckt. Sie waren zurückgeeilt, um das zu melden, worauf der Händler sofort mit seinem Gefährten aufgebrochen war, um zu sehen, ob ‚gyzel meta‘ (schöne Ware) da zu finden sei. In diesem Fall sollte dieselbe nach Mitternacht geraubt werden.
    Der Händler hatte kein Wort von dem gehört, was sein Kumpan ausgesagt hatte, und war nicht zum Geständnis zu bringen. Er fluchte und stöhnte nur und schrie zuletzt bei jedem Hieb:
    „Haut zu, haut immer zu, ihr Henker, die Gott vernichten möge; ihr bringt doch kein Wort aus mir heraus!“
    Das war gräßlich, und ich ließ innehalten. Ich nahm an, daß der andere die Wahrheit gesagt hatte, und bat Scheik Scheri Schir, nach dem Lager der Räuber aufzubrechen. Hatte der Exekutierte uns getäuscht, so konnten wir uns dann durch weitere Hiebe doch noch die Wahrheit erzwingen. Da wir es nur mit einundvierzig Gegnern zu tun hatten, genügte es, sechzig Mann mitzunehmen; die Pferde ließen wir natürlich hier. Material zum Binden und Knebeln wurde mitgenommen.
    Wir schritten in einer langen Einzelreihe am Fluß abwärts, ich mit Halef voran, denn ich war im Anschleichen jedenfalls geübter als die Zibari-Kurden. Als eine Viertelstunde vergangen war, verdoppelten wir unsere Vorsicht und sahen bald darauf einen Mann am Ufer sitzen. Das war der Schirwani-Posten. Einige schnelle Sprünge, und wir standen bei ihm. Ich legte ihm die Hände um den Hals; Halef und einige Kurden banden ihn und steckten ihm dann einen Knebel in

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