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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Also geh, doch laß mich nicht lange auf deine Rückkehr warten!“
    Wir hörten, daß sich die Schritte entfernten; aber schon nach kaum fünf Minuten kamen sie sehr eilig zurück, und Nezanum sagte hastig und aufgeregt:
    „Chodih, ich sah die Gewehre und bin erschrocken. Sollte Allah es zugegeben haben –“
    „Daß ihr euere besten Freunde gefangen genommen habt“, vervollständigte ich. „Ich will jetzt noch nichts fordern, aber hol den Boten herein; wenn er uns kennt, wird er dir sagen, wer wir sind. Aber sei ja heimlich dabei!“
    Er ging abermals. Nach kaum einer Minute hörten wir seine Schritte wieder und diejenigen einer zweiten Person. Einige kurze Augenblicke des Schweigens, dann rief eine erschrockene Stimme:
    „Ist so etwas möglich! Das ist ja unser Hemscher, Mivan und Malko-e-gund (Freund, Gast und Anführer) Hadschi Kara Ben Nemsi, dem wir so viel, viel zu verdanken haben, und da liegt auch sein Freund und Diener Hadschi Halef Omar! Wie kannst du es wagen, o Nezanum, so berühmte Helden, solche Gönner unseres Stammes, zu mißhandeln? Wenn dies Scheri Schir, unser Scheik, erfährt, der noch heute kommt, so hast du seinen ganzen Zorn zu fürchten. Weg, sofort weg mit den Fesseln und Binden!“
    Die Riemen wurden losgebunden und die Augen uns freigemacht. Vor uns stand der Nezanum, ein alter Kurde, dem der Schreck anzusehen war, und ein jüngerer Stammesgenosse, den ich sofort erkannte. Ich gab ihm die Hand und sagte:
    „Ich danke dir, Hasin! Ohne dich wären wir wohl lange gefesselt gewesen. Später werden wir weiter sprechen; jetzt vor allen Dingen das Notwendigste. Will der fremde Händler bei euch bleiben?“
    „Nein; er muß schon vor Mitternacht fort.“
    „Habt ihr Frauen und Mädchen mit hier?“
    „Ja“, antwortete der Nezanum.
    „So will er vor Mitternacht fort, um euch nach Mitternacht zu überfallen. Er ist der Kys-Kaptschiji, und Scheik Melef ist mit seinen Schirwani-Kurden da, um ihm zu helfen.“
    „Allah, Allah! Was hören meine Ohren!“
    „Nicht so laut! Ist der Händler allein?“
    „Er hat einen Gehilfen mit.“
    „Welchen Namen hat sich der Mädchenräuber bei euch gegeben?“
    „Assad Benabi aus Mekka.“
    „Geht jetzt hinaus, und bereitet eure Leute auf unser Erscheinen vor, ohne daß er es bemerkt. Wenn wir gleich mit euch kämen, würden wir Aufsehen erregen. Wir werden uns zum Händler setzen. Einige starke Leute halten sich bereit, auf meinen Wink ihn und seinen Begleiter schnell zu fesseln. Er darf uns ja nicht entkommen, sonst werdet ihr Schefaka, die Schwiegertochter eures Scheiks, niemals wiedersehen.“
    Sie entfernten sich mit dem brennenden Kienspan, bei dessen Schein wir gesehen hatten, daß wir uns in einem schwarzen Leinwandzelt befanden. Halef wußte vor Freude nicht, was er sagen sollte; ich war ruhiger als er und meinte:
    „Da siehst du wieder einmal, lieber Halef, wie viele Früchte eine einzige gute Tat zu bringen vermag!“
    Nach einiger Zeit kam der Nezanum wieder. Er brachte uns unsere Waffen und sagte uns, daß er alle seine Leute unterrichtete, wer wir seien, und daß er uns die Freiheit wiedergegeben habe. Wir blickten hinaus. Es brannten mehrere Feuer, an welchem die Kurden und Kurdinnen saßen, die Augen verstohlen, aber erwartungsvoll nach unserem Zelt gerichtet. Die beiden Armenier befanden sich am zweiten Feuer, von uns aus gerechnet; sie kehrten uns ihre Rücken zu. Wir traten hinaus und gingen leise, so daß sie uns nicht kommen hörten, zu ihnen hin. Der Armeni hatte ein Kästchen mit kleinen Flaschen neben sich stehen. Die Kurden, bei denen er saß, sahen uns kommen; sie schwiegen. Ich unterbrach diese Stille mit lauter Stimme:
    „Ich höre, daß hier ed Damm el mukaddas, das heilige Blut des Propheten, zu verkaufen ist. Kann ich ein Fläschchen bekommen?“
    Während dieser Worte setzten wir uns neben den beiden Armeniern nieder. Der Händler starrte mich wie einen Geist an; er konnte in diesem Augenblick vor Schreck kein Glied bewegen. Ich griff in das Kästchen, nahm ein Fläschchen heraus und betrachtete es.
    „Wie ist dein Name?“ fragte ich ihn.
    „Assad Benabi aus Mekka“, antwortete er fast stammelnd.
    „Und heute mittag hast du dich mir gegenüber Dawuhd Soliman genannt und gesagt, daß du ein Armeni seist? Du scheinst einen großen Vorrat verschiedener Namen zu besitzen.“
    Da nahm er sich zusammen, sah mir frech und herausfordernd in das Gesicht und entgegnete:
    „Wer bist du, daß du es wagst, mit einem

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