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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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den Wald hinein. Diesen Menschen sich unbemerkt zu nähern, war gar nicht schwer. Ich kam mit der größten Leichtigkeit ihnen in den Rücken und legte mich dann auf den Boden nieder, um vollends heranzukriechen. Jeden Baum und Strauch als Deckung benutzend, gelangte ich in das Gebüsch, an dessen anderer Seite sie lagen. Ich schob mich unhörbar und so, daß kein Zweig sich bewegte, in dasselbe hinein und befand mich nun so nahe bei ihnen, daß ich sie nicht bloß sehen, sondern auch deutlich hören konnte. Ihre Pferde weideten draußen vor dem Gebüsch im Freien. Welch eine Unvorsichtigkeit! Wenn zufällig ein Akra-Kurde kam, mußte er sie sehen. Diesen Anbetern Fatimas war die Klugheit wirklich nicht mit Scheffeln zugemessen worden! Sie sprachen miteinander. Einer sagte:
    „Also nur noch eine halbe Stunde ist's bis zum Lager der Kurden? Ob Schir Saffi es wohl finden wird?“
    „Ganz gewiß“, antwortete ein anderer, der wahrscheinlich einer der Kundschafter gewesen war. „Ich habe es ihm ja gut genug beschrieben. Es sind nur noch die zwei nächsten Berge zu umreiten, dann führt ein Wasser rechts in das Tal, wo sie sich ihren Verhau gebaut haben. Wir werden ihn während des Abends umspähen und die Kurden dann, wenn der Morgen graut und sie noch schlafen, wir aber schon sehen können, überfallen.“
    Hm! Da hatte ich ja gleich genug gehört und wußte nun schon alles. Ich kroch zurück, suchte Halef auf und teilte ihm das Vernommene mit.
    „Was wirst du tun, Sihdi?“ fragte er. „Hier auch warten, bis es Abend ist?“
    „Fällt mir nicht ein. Zwei Berge zu umreiten und dann rechts das Tal. Wir machen einen Umweg, so daß wir von der andern Seite kommen. Wir müssen am Abend eher am Verhau sein als die Schiiten. Also komm!“
    Wir stiegen wieder auf, kehrten eine kleine Strecke zurück und bogen dann nach Westen ein, um dann süd- und ostwärts einen Halbkreis zu schlagen. Dabei galt es vorsichtig zu sein, damit wir keinem Kurden oder auch dem sie jetzt umschleichenden Schir Saffi begegneten. Diese Vorsicht verlangsamte unsern Ritt ungemein, doch gelangten wir gegen Abend, ohne gesehen worden zu sein, in die Nähe des Kurdenlagers.
    Nun galt es vor allen Dingen, unsere Pferde gut zu verstecken, und Halef mußte bei ihnen bleiben. Mein Rappe war mir zu kostbar, als daß ich ihn in solcher Nähe des Feindes ohne Aufsicht hätte lassen mögen. Darüber wurde es dunkel, und ich pirschte mich den mit Wald bestandenen Berghang empor. Oben angekommen, zeigte sich meine Nase noch brauchbarer als meine Augen. Ich roch Rauch und folgte dem Geruch. Es ging jenseits abwärts. Da hörte ich Stimmen, und um die Baumwipfel zuckten die Reflexe von Lagerfeuern. Vor mir zog sich nach rechts und links ein mauerähnliches Etwas hin, hoch und undurchdringlich. Es war der Verhau, welcher das Kurdenlager rings umzog und wahrscheinlich nur eine einzige Stelle besaß, welche passiert werden konnte. Fast drei Stunden dauerte es, bis ich die vier Seiten desselben abgeschlichen hatte.
    Der Verhau bestand aus umgefällten Bäumen, deren Lücken durch Knüppel, Äste und allerlei Gezweig undurchdringlich gemacht worden waren. Er bildete ein Viereck, dessen Inneres die Wohnhütten der Kurden enthielt, und lag, während ich auf der Westseite des Berges heraufgestiegen war, auf der Ostseite desselben, wo unten im Tal das erwähnte Wasser floß. Der jetzt, am Abend, durch starke Stangen verschlossene Eingang lag an der Nordseite, nahe bei dem Wasser. Am Ufer desselben lagen oder grasten die Weidetiere der Kurden. Nachdem ich mir einen für meinen Zweck passenden Baum ausersehen hatte, kehrte ich zu Halef zurück. Es war keine leichte Sache gewesen, bei dieser Dunkelheit im dichten Wald herumzuschleichen, ohne sich zu beschädigen. Ich mußte dem wißbegierigen Hadschi mitteilen, was ich erkundet hatte, und dann legten wir uns, nachdem wir etwas gegessen hatten, nieder, um einige Stunden zu schlafen. Als ich erwachte, gestand mir Halef:
    „Sihdi, ich bin so aufgeregt, daß ich keine Ruhe gefunden habe. Ich sehne mich nach dem Kampf.“
    „Hoffentlich wird es für uns keinen geben“, antwortete ich. „Du bleibst einstweilen noch hier; ich steige wieder zur Höhe.“
    Ich hatte im Dunkeln die Zeiger meiner Uhr befühlt und bemerkt, daß es nahe an vier Uhr morgens war. Glücklich hinauf und an den Verschlag gelangt, hatte ich dann beinahe das Unglück, auf mehrere Schiiten zu stoßen, welche hier am Verhau auf die Zeit des Angriffs

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