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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ausgedehnt worden, daß sie an Größe so ziemlich den Ohrlappen eines Neufundländers gleichkamen; und um diese Schmuckstücke praktisch zu verwerten, pflegte er sie des Morgens aufzurollen und in die Höhlung jeder Rolle eine von seinen beiden Schnupfdosen zu stecken. Außerdem trug er an jedem Nasenflügel einen starken messingenen Ring und hatte, jedenfalls eine Erfindung seines eigenen ästhetischen Genies, um den Hals einen breiten Riemen von Sohlenleder geschnallt, an welchem zwei sehr umfangreiche Kuhglocken befestigt waren, die er wohl auf einer der oben erwähnten Farmen annektiert hatte. Und dabei nahm er als Reiter ganz dieselbe unbeschreibliche Haltung ein, in welcher bei herumziehenden Gauklern und Bärenführern der Affe auf dem Kamel zu sitzen pflegt, und wenn er während der Unterhaltung mir ein aufmerksames Gesicht machen wollte, wobei er es allerdings zu einem fürchterlichen Zähnefletschen und einem geradezu sperr angelweiten Aufreißen des breiten Mundes brachte, so hatte er ganz das Aussehen einer zoologischen Spezies, von welcher es schwer zu bestimmen war, ob sie unter die Wiederkäuer, Bulldoggen oder Meerkatzen zu klassifizieren sei. Bewaffnet war dieses Unikum mit einer schweren, aus Schwarzholz gefertigten Keule, einem fürchterlichen krummen Messer und einem Wurfspeere. Ob er diese gefährlichen Instrumente auch zu gebrauchen verstehe, hatte ich noch nicht in Erfahrung bringen können.
    Ich selbst ritt einen guten Engländer, für ihn aber hatte ich nur eines jener massigen Brabanter Ungetüme auftreiben können, wie sie die Kanonen Napoleons des Ersten von Schlachtfeld zu Schlachtfeld schleppten. Es hatte wahrhaft elefantenmäßige Formen und einen Gang, welcher es allerdings höchst notwendig machte, daß der auf dem breiten Rücken hockende Quimbo sich nur in den dringendsten Fällen der Zügel bediente und es lieber vorzog, sich mit beiden Händen an der Mähne des Tieres festzukrallen.
    Jetzt ritt er zu meiner Linken und machte in seinem Kauderwelsch die größten Anstrengungen, mich über die politischen Verhältnisse des Landes aufzuklären.
    „Hab' Mynheer schon 'sehn Sikukuni, der groß' König von Kaffern?“
    „Nein. Hast du ihn gesehen?“
    „Quimbo hab' nicht 'sehn Sikukuni; Quimbo bin gut Holland, bin gut Basuto, bin schlecht Zulu. Aber Quimbo hab' 'hört von Sikukuni, Quimbo will nicht sehn Sikukuni.“
    „So fürchtest du dich vor ihm?“
    Der brave Kaffer riß den Mund auf, daß ich ihm beinahe bis hinunter in den Magen blicken konnte, und drehte mir ein Paar Augen, als wolle er mich mit seinem Blick wie mit Dynamit in die Luft sprengen.
    „Was hab' Mynheer 'sagt? Quimbo bin furchtbar vor Sikukuni? Mynheer kenn nicht Quimbo; Quimbo bin Mut, Quimbo bin Kraft, Quimbo freß Sikukuni. Aber Sikukuni hab' viel Zulu, und Zulu hab' viel Irua (Stoßlanze) und hab' viel Flint. England geb' Zulu Flint' und Pulv', daß Zulu mach' tot Holland. Aber Quimbo hab' nicht Flint' und Pulv'; er kann nicht schieß' Zulu.“
    „Aber wir reiten ja jetzt nach dem Quathlambagebirge und werden dann in das Land der Zulus kommen! Wenn du nun erschossen wirst!“
    „Mynheer hab' Flint' und Pulv'; Mynheer werd' schieß tot Sikukuni und Zulu; Quimbo hab' lieb Mynheer; Mynheer geb' Quimbo Tabak, und Quimbo geb' Mynheer dafür Seele und Leib!“
    Diese Liebeserklärung war von einer so inbrünstigen Gestikulation begleitet, daß der zärtliche Kaffer das Gleichgewicht verlor und kaum noch Zeit fand, die Mähne des Pferdes zu erfassen, um sich auf dessen Rücken zurückzuzerren.
    „Ist Sikukuni wirklich so bös?“ fragte ich.
    „Sikukuni hab' tot schlag' weiß' Mann, weiß' Frau, weiß' Kind und hab' tot schlag' Basuto; Sikukuni trink' Blut und tanz', wenn schlag' tot viel weiß' Mann, Frau und Kind. Sikukuni hab' schlag' tot Boer am Blau-Kranz-Spruit; ist Sikukuni gut?“
    Der Kaffer hatte recht. Ich mußte an die fürchterliche Metzelei am Blesboks-Fluß denken, wo Sikukuni über sechshundert Holländer und Hottentotten treulos hingeschlachtet hatte, und an die Grausamkeit, mit welcher er bei Feierlichkeiten seine Gefangenen oder, in Ermangelung solcher, ganze Scharen seiner eigenen Leute auf die qualvollste Weise abwürgen ließ. Hatte doch sein Verwandter, der friedliebende und den Holländern freundlich gesinnte Somi, sich einem solchen Tod nur durch die schleunigste Flucht entziehen können und dabei erfahren, daß sein Weib mit dem einzigen Kind, welches er besaß und die er vorausgesandt

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