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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ßuchur zu reiten? Und wenn es so war, welchen Grund hatte er dazu? Hatte er den Ruf aus dem Tachterwahn verstanden? Dann war er ganz gewiß das, wofür ich ihn hielt, also ein Targi. Dieser Khabir wurde mir immer verdächtiger.
    Der Tedetu fragte ihn weiter aus und erfuhr von ihm dasselbe, was er uns erzählt hatte; dann winkte er seine Leute zusammen, beriet sich eine Weile mit leiser Stimme mit ihnen, so daß wir nichts verstehen konnten, und wandte sich dann wieder an den Khabir:
    „Weißt du vielleicht, von welchem Stamm die Tuareg sind, von denen du sprichst?“
    „Nein. Ich verstehe auch kein Wort von der Sprache dieser Imoscharh. Aber als sie uns überfielen, hörte ich zwei Worte rufen, und ich habe gehört, daß beim Angriff stets der Name des Stammes und des Anführers gerufen wird: Kelowi und Rhagata.“
    „Allah, Allah, das stimmt! Rhagata heißt der Amghar (Oberste Scheik) der östlichen Kelowi-Tuareg, und ich weiß allerdings, daß er mit seinen Kriegern auf Raub ausgezogen ist. Allah sei Dank, daß er mir erlaubt hat, mit dir zusammenzutreffen, denn sonst wären wir alle trotz unserer Tapferkeit von den Tuareg getötet worden! Ihr wollt also durch die Magarat ess ßuchur? Das ist ein schlimmer Weg! Glaubst du, daß wir glücklich und unbelästigt nach dem Brunnen Ishaya kommen können?“
    „Ich bin überzeugt, daß uns kein einziger Targi auf diesem Weg begegnen wird.“
    „Ich könnte dann von Ishaya aus mich östlich wenden und so der uns drohenden Gefahr entgehen. Ehe ich mich aber entschließe, mit euch zu reiten, muß ich genauer wissen, wer ihr seid.“
    „Mich kennst du schon. Unser Kaffilah gehört diesem Handelsmann aus Mursuk, welcher Abram Ben Sakir heißt; die Leute, welche sich bei ihm befinden, sind friedliche Kameltreiber, welche er gemietet hat. Dort sitzt ein Mann, der erst gestern mit seinem Diener zu ihnen gestoßen ist. Er ist ein Giaur, ein Christ, wird Kara Ben Nemsi genannt.“
    „Pfui! Ein Christ ist unter euch? Wie kann man da mit euch reiten! Wer einen solchen Hund bei sich duldet, der fordert Allahs Zorn heraus! Ich werde mir diese stinkende Bakku (Wanze) einmal betrachten.“
    Er kam herbei, bog sich zu mir nieder und starrte mir in das Gesicht. Ich blieb sitzen, ohne mich zu bewegen. Er trat wieder zurück, spuckte aus und sagte:
    „Er hat das Angesicht eines Mannes, aber die Seele eines Feiglings, sonst hätte er nicht geduldet, daß ich ihm den Blick der Verachtung gab. Der Löwe läßt den Schakal in seiner Fährte gehen und ist zu stolz, sich nach ihm umzudrehen. So mag der Giaur mit uns reiten, sich aber stets hinter uns halten, wenn er nicht will, daß ich ihn wie ein Ungeziefer mit meinem Fuß zertrete!“
    Ich ließ die Beleidigung ruhig über mich ergehen, weil ich es nicht für angezeigt hielt, auch ihm zu zeigen, daß ich nicht der war, für den er mich hielt.
    Jetzt ließ Abram Ben Sakir seine Kamele beladen. Während dies geschah, nahm er Gelegenheit, sich an den Khabir zu machen. Ich sah sie miteinander sprechen; dann kam er zu mir und sagte:
    „Sihdi, er kennt die Haussasprache; er hat mir in derselben mehrere Antworten gegeben.“
    „So ist er ein Targi.“
    „Ich möchte es doch nicht glauben. Der Anführer der Tibbu würde ihn durchschauen. Man sieht ihm doch an, daß er ein großer Krieger ist.“
    „Irre dich nicht! Dieser Tedetu muß selbst froh sein, wenn er nicht durchschaut wird.“
    „Wie meinst du das?“
    „Räuber und Räuber; sie sind Todfeinde und von ganz gleichem Wert.“
    „Ich verstehe dich nicht.“
    „Ist auch nicht notwendig. Du würdest doch nichts ändern können.“
    „Wirst du mit uns reiten, obgleich du dich nur in unseren Spuren halten darfst?“
    „Wer sagt das?“
    „Der Tedetu.“
    „Er hat mir nichts zu befehlen; ich bin ein freier Mann und werde reiten, wie es mir beliebt.“
    Er ging kopfschüttelnd von dannen; ich aber führte mein Hedschihn zum Wasser, um es noch einmal tüchtig trinken zu lassen. Die Tibbu, welche sich dort befanden, wichen vor mir wie vor einem Aussätzigen zurück.
    Das Aufladen ging unter dem häßlichen Geschrei der Lastkamele vorüber; dann bestiegen die Reiter ihre Tiere, und der Zug setzte sich in Bewegung, indem ein Kamel hinter dem andern den Brunnen verließ. Die Lasttiere waren in der Weise zu einer Einzelreihe vereinigt, daß man das Halfter jedes nachfolgenden an den Schwanz des vorangehenden gebunden hatte. Voran ritt der Khabir; ihm folgte der Schech el Dschemahli und

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