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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mit diesem der Tedetu, welcher sich neben dem Tachterwahn hielt; hinter ihm kamen seine Tibbu, und an diese schloß sich Abram Ben Sakir, der Kaufmann, an der Spitze seiner langen Kaffilah. Ich wartete, bis sie eine Strecke fort waren, und ritt ihnen dann mit Kamil langsam nach. Die Sterne leuchteten jetzt so, daß ich die Karawane nicht aus den Augen verlieren konnte.
    „Nun sind wir gezwungen, hinter diesen Leuten zu reiten!“ klagte mein tapferer Diener. „Warum hast du dir diesen Befehl erteilen lassen, Sihdi? Bin ich nicht ein Beni Dscherar vom Ferkah Ischelli und sollte eigentlich stolz an der Spitze des Zuges reiten?“
    „Wer hindert dich daran? Reite vor, wenn du Lust dazu hast!“
    „Ohne dich nicht. Du weißt, daß ich dich in mein Herz geschlossen habe und dich nicht allein in der Verantwortung stecken lasse, welche dir zuteil geworden ist. Aber sag, denkst du vielleicht, daß wir es mit jenen Menschen zu tun bekommen werden?“
    „Ja und zwar vielleicht sehr bald, zunächst mit dem Khabir.“
    „Du bist also überzeugt, daß er ein Targi ist?“
    „Ja. Er hat die Absicht, die Kaffilah in das Verderben zu führen. Ich bin überzeugt, daß die Tuareg in den Magarat ess ßuchur stecken und sie überfallen wollen. Diese Leute rennen blind in ihr Verderben; aber es ist doch möglich, daß sie noch im letzten Augenblicke auf meine Warnung hören!“
    „Und wenn sie aber nicht hören?“
    „So will ich versuchen, wenigstens Abram Ben Sakir zu retten. Die Gefahr, in welche ich mich begebe, ist sehr groß, denn der Khabir brennt darauf, sich an mir zu rächen; aber es handelt sich nicht bloß um den Khabir und die Tuareg, sondern auch um die Tibbu. Durch diese finden wir wahrscheinlich den Weg zur Rettung, falls wir auch in die Hände der Tuareg geraten sollten.“
    „Meinst du? Die Tibbu sollten dich retten, dich, den Christen? Sie werden doch selbst überfallen werden, wie du denkst!“
    „Ja, aber sie haben etwas bei sich, was uns zur Hilfe dienen kann, wenn wir sie brauchen sollten, den Tachterwahn.“
    „Diese Sänfte könnte uns von Nutzen sein?“
    „Sie weniger als ihr Inhalt. Wahrscheinlich sitzt ein Knabe darin.“
    „Allah! Was hast du für Gedanken, Sihdi! In diesem Tachterwahn sollte ein Knabe sein?“
    „Ja, ein Tuaregknabe, der von den Tibbu geraubt worden ist.“
    Er wollte etwas sagen, brachte aber vor Erstaunen kein Wort hervor; erst nach einiger Zeit fand er die Worte:
    „Ein Tuaregknabe! Oh, Sihdi, du bist ein Ssa'ir (Dichter), welcher sich Dinge ausdenkt, die ganz unmöglich sind!“
    „Das denkst du nur. Die Tibbu leben in Todfeindschaft mit den Tuareg. Wenn sich zwanzig von ihnen so heimlich in das Gebiet der letzteren geschlichen haben und mit einem so streng und eng verhängten Tachterwahn zurückkehren, da weiß man, wie man sich das zu erklären hat. Oder meinst du, daß dieser Tedetu zu einem so gefährlichen Ritt ins Feindesland seine Omm Bent, sein Weib mitgenommen habe?“
    „Nein, das sicher nicht.“
    „Er hat irgendeinem Scheik der Tuareg den Sohn geraubt; das ist das Allerschlimmste, was man einem Feind antun kann, der Khabir hat es auch entdeckt.“
    „Welch ein Ereignis, welch ein Abenteuer! Willst du den Knaben befreien?“
    „Was ich tun werde, weiß ich jetzt noch nicht; der geeignete Augenblick wird es entscheiden. Ich will Abraham Ben Sakir glücklich nach Mursuk bringen und ihn, wenn er in Gefahr gerät, herausholen. Warten wir ab, wie unser jetziger Ritt verlaufen wird! Wenn du Angst hast, kannst du dich von mir trennen und nach Seghedem reiten.“
    „Angst? Was denkst du von mir, Sihdi! Auch wenn die Tuareg und die Tibbu gar nicht wären, müßtest du zugeben, daß ich viel für dich wage, weil es keine gefährlichere Gegend als die Magarat ess ßuchur geben kann. Mitten in der Wüste liegt Er Raml el Halahk, der ‚Sand des Verderbens‘, ein See, der anstatt mit Wasser mit so leichtem Sand gefüllt ist, daß jedes Geschöpf, welches hineingerät, viele hundert Fuß zur Tiefe sinkt und wie in einem Meer ertrinken oder ersticken muß.“
    „Wirklich?“ fragte ich überrascht. Ich glaubte, was er sagte, denn der Reisende Adolf von Wrede hat im Bahr ess Ssafy in der Wüste el Ahqaf einen ähnlichen Sandsee gefunden, in dem ein Kilogewicht an einer sechzig Faden langen Schnur verschwand. Kamil, mein Diener, erzählte mir noch viel von Menschen und Kamelen, welche in diesem Raml el Halahk untergegangen seien, und von den Geistern, die in der

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