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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Grausiges zu berichten, doch mußten wir dem Sandsturm dankbar sein, weil er durch das Messer des Khabir unser Befreier geworden war. Es stand natürlich bei uns fest, uns keinesfalls wieder gefangen zu geben, obgleich ich bis jetzt der einzige war, der seine Waffen wieder hatte.
    Eben langten die Lasttiere an, als der Scheik sich uns näherte.
    „Ihr seid frei, und du hast deine Gewehre?“ fragte er betroffen. „Ich werde euch sogleich wieder fesseln lassen, ihr Hunde!“
    Er drehte sich zurück, um seine Tuareg herbeizurufen; ich aber ließ es nicht soweit kommen, sondern ich faßte ihn von hinten, riß ihn nieder, kniete auf ihn, setzte ihm das schnell aus dem Gürtel gezogene Messer auf die Brust und befahl ihm in drohendem Ton:
    „Schweig, Schurke! Bei dem geringsten Laut, den du hören läßt, fährt dir meine Klinge in das Herz! Und bewege dich ja nicht, wenn dir dein Leben lieb ist! Du sollst jetzt die, welche du Hunde nennst, kennen lernen!“
    Das war ihm so überraschend gekommen, und er sah und hörte mir den Ernst meiner Drohung so deutlich an, daß er sich nicht rührte und auch kein Wort hören ließ.
    „Wenn ihr gerettet sein und nicht wieder in die Hände der Tuareg fallen wollt, so gehorcht mir augenblicklich!“ befahl ich den um uns stehenden Leuten des Handelsherrn. „Ich halte ihn fest; bindet ihm die Arme und die Beine!“
    Sie taten es. Als es geschehen war, fragte ich den Scheik:
    „Hat dir dein Kundschafter, der unser Khabir sein wollte, gesagt, daß ich die Zaubergewehre besitze?“
    „Ja“, stieß er zornig, aber doch nicht ohne Angst hervor.
    „So wißt, daß ihr verloren seid, wenn du es wagst, mir jetzt zu widerstreben! Ich will weder euer Leben noch sonst etwas von euch; ich fordere nur, daß ihr das Versprechen haltet, welches ihr mir gestern abend gegeben habt. Bis du bereit dazu, so gebe ich dich wieder frei und krümme keinem deiner Tuareg ein Haar; weigerst du dich aber, so bekommst du augenblicklich das Messer, und dann schieße ich jeden Targi nieder, der uns näher als fünfhundert Schritt kommt. Entscheide dich schnell! Ich zähle bis zehn; bei zehn ist die Frist vorüber, und ich stoße zu.“
    Ich entblößte seine Brust, setzte ihm die Messerspitze sehr fühlbar auf die nackte Haut, legte ihm die Linke um den Hals und zählte:
    „Wahid – itnehn – telaht – arba – chams – – –“
    „Halt ein; halt ein!“ rief er aus. „Du bist kein Moslem, aber auch kein Christ, sondern ein Teufel, ein wahrer Teufel, und ich muß dir gehorchen.“
    „Wir sind also frei und bekommen alles, aber auch alles wieder, was uns gehört?“
    „Ja.“
    „Denke aber nicht, daß du uns jetzt abermals ein Versprechen gibst, welches du später nicht zu halten brauchst! Du gibst jetzt den Befehl, daß deine Leute sich augenblicklich wenigstens tausend Schritte weit von uns entfernen. Zehn von ihnen aber dürfen einzeln und nach und nach herkommen, um uns unsere Kamele und alles übrige Eigentum zu bringen. Erst wenn dies geschehen ist und wir nicht den geringsten Gegenstand vermissen, gebe ich dich frei, und ihr setzt euern Weg fort, während wir zurückreiten. Bist du einverstanden oder nicht? Bedenke, daß ich nur bis fünf gezählt habe! Ich zähle jetzt weiter.“
    Ich drückte ihm die Messerspitze fester auf die Brust, er ließ es aber nicht so weit kommen, sondern bat:
    „Tu das Messer weg! Ich werde tun, was du von mir gefordert hast.“
    „Das Messer bleibt genau so, wie es ist, auf deiner Brust, bis ich sehe, daß meine Bedingungen erfüllt worden sind, und wird dir beim geringsten Zweifel, zu dem du mir Veranlassung gibst, in das Herz fahren. Also hüte dich vor jeder Hinterlist!“
    Die meisten der Tuareg hatten sich jetzt um die angekommenen Lastkamele versammelt. Einer von ihnen kam herbeigelaufen und rief uns von weitem zu:
    „Wo ist der Scheik? Es ist –“
    Er hielt mitten in der Rede inne und blieb erschrocken stehen, denn auf einen Wink von mir hatte sich unser Kreis gegen ihn geöffnet, und er sah den Scheik gebunden im Sande liegen und mich mit dem Messer auf ihm knien.
    „Faz' Allah!“ stieß er hervor. „Ihr seid nicht mehr gefesselt, und da liegt – – –“
    „Euer Scheik, wie du siehst“, unterbrach ich ihn. „Wenn du sein Leben und das eure retten willst, so komm herbei, und höre, was er dir zu sagen hat!“
    Er näherte sich vollends, langsam und mit unsicheren Schritten, und es war nun mehr als interessant, wie der eine,

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