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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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andere noch zu denken, gab es keine Zeit mehr, denn hinter uns erklang ein brausender Tubaton, und als ich mich umblickte, sah ich eine scheinbar von der Erde bis zum Himmel reichende dunkle Mauer, welche uns bald einholen mußte. Das war der aufgewühlte Sand, der uns begraben konnte.
    Schon begann es, auch vor uns finster zu werden. Jetzt hatte mich der Sturm erreicht; er packte mich, als ob er mich von dem Kamel stürzen wollte; ich hielt mich am Sattelknopf fest; er trieb das Tier fast noch schneller vorwärts, als es laufen konnte. Noch war der Sand nicht da, sondern nur der Sturm; vielleicht gab es noch Rettung. Und da, da sah ich vorn die fliehenden Reiter sich zerstreuen; sie hatten den Saum des Warr erreicht. Es gab da großes Gestein und Felsenstücke, hinter denen man sich verbergen und Atem holen konnte. Ich brauchte mein Tier gar nicht zu lenken; es wurde von seinem Instinkt geführt. Es rannte nach einem solchen Felsen und warf sich hinter demselben so schnell nieder, daß ich kaum vorher aus dem Sattel springen konnte. Ich schob mich zwischen das Kamel und den Stein hinein und steckte den Jackenzipfel in den Mund und wickelte das Turbantuch um den Kopf. Kaum war dies geschehen, so hatte mich der Sand erreicht; er fiel wie eine zusammenstürzende Wand auf mich; dann gab es keine Sinne und Wünsche mehr, als nur das Bedürfnis, Atem zu holen.
    Ob ich etwas hörte? Ich weiß es nicht. Jedenfalls soviel, daß ich gar nichts hörte. Und wie lange das währte? Das weiß ich auch nicht. Aber plötzlich war es ganz unheimlich ruhig um mich her, und neben mir begann das Kamel, sich zu bewegen. Ich versuchte, mich aufzurichten; es ging schwer, aber doch. Als ich aufgestanden war, sah ich, welche Last von Sand auf mir gelegen hatte; wie erst bei denen welche keinen Schutz gefunden hatten. Er steckte auch in allen Öffnungen des Körpers, in der Nase, in den Ohren, sogar im Mund, trotz der Umhüllung, und fein wie Pudermehl. Ich hatte die Augen unter dem Tuch fest zugehabt und doch war mir dieses Mehl auch unter die Lider gekommen; ich hatte lange zu tun, wenigstens soviel von ihm zu entfernen, daß ich keine Schmerzen mehr fühlte. Dann sah ich mich im Kreis um.
    Überall Steine und hinter denselben Kamele und Menschen, die sich aus dem Sand wühlten. Mein Tier war auch aufgestanden. Geradezu gefährlich war die Lage der Gefangenen, welche festgebunden gewesen waren. Ihre Kamele hatten sich mit ihnen niedergeworfen, und jetzt, nach dem Aufstehen hingen die Armen in allen möglichen halsbrecherischen Stellungen an den Leibern ihrer Tiere. Ich watete durch den Sand, um sie, einen nach dem andern, zu befreien, indem ich sie losschnitt. Die Tuareg ließen dies geschehen: sie hatten alle mit sich selbst zu tun. Und wenn mich jemand hätte hindern wollen, es wäre vergeblich gewesen. Ich war nicht mehr gefesselt und hatte ein Messer; ich konnte mich wehren. Freilich, wenn ich meine Gewehre gehabt hätte, so – – – ah, meine Gewehre! Die hatte der Scheik. Wo steckte dieser? Ich suchte ihn mit den Augen und sah ihn hinter einem Felsen hervortreten; er hatte keine Waffe bei sich und sich nur eben erst aus dem Sand gewühlt. Er verließ den Felsen, hinter dem er gelegen hatte, und ging von einem seiner Leute zu dem andern. Ich vermutete, daß er sich nach seinem Sohn erkundigte, der nicht zu sehen war, und benutzte diese Gelegenheit. Je weiter er sich von seiner Stelle entfernte, desto mehr näherte ich mich ihr, bis ich sie erreicht hatte und neben seinem Hedschihn stand. Binnen einer Minute war ich im Besitz aller meiner Gegenstände und entfernte mich. Es fehlte nur noch der Haïk, den ich aber auch noch bekommen mußte.
    Der Sandsturm war glücklicherweise kein ganz gefährlicher gewesen und hatte nur kurze Zeit angehalten. Es war niemand eigentlich an seinem Körper zu Schaden gekommen, und bald sahen wir sogar draußen von Nordosten her eine bewegliche Linie, die sich uns näherte; das waren die Lastkamele mit ihren Treibern, die den Sturm auch leidlich überstanden hatten.
    In Angst und Sorge befand sich nur einer, nämlich der Scheik, der seinen Sohn nicht fand. Er fragte und jammerte überall herum, ohne ihn zu entdecken. Der Knabe war nicht hier, sondern verschwunden. Der Sand konnte den Tachterwahn mit seinem hochaufragenden Stangenwerk unmöglich bedeckt haben; man hätte ihn also sehen müssen.
    Ich fand mich mit Abram Ben Sakir und seinen Leuten, auch mit Kamil zusammen. Jeder von ihnen hatte

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