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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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unserer ersten Trennung schrieb er mir, wie aus dem früheren Bande ‚Der Schut‘ bekannt ist, einen Brief, den ich für diejenigen Leser, welche ihn noch nicht kennen und weil er ebensowohl ein Muster orientalischer Schreibweise als auch ein Charakterbild Hadschi Halef Omars bietet, hiermit wiedergebe, natürlich in das Deutsche übersetzt:
    ‚Mein lieber Sihdi (Herr).
    Gnade und Gruß Gottes! Wir sind angekommen, ich und Omar. Freude und Glück überall! Geld! Panzer! Ruhm, Ehre, Wonne! Kara Ben Nemsi Emir (Meint er mich) sei Segen, Liebe, Andenken, Gebet! Hanneh (Seine junge Frau), die Liebenswürdige, die Tochter Amschas, der Tochter Maleks, des Ateïbeh, ist gesund, schön und entzückend. Kara Ben Hadschi Halef, mein Sohn (War damals sechs Monate alt), ist ein Held. Vierzig getrocknete Datteln verschlingt er in einem Atem; o Gott, o Himmel! Omar Ben Sadek (Einer unserer Begleiter) wird heiraten Sahama, die Tochter von Hadschi Schukar esch Schamain Ben Mudal Hakuram Ibn Saduk Wesilegh esch Schammar, ein reiches und schönes Mädchen, Allah schenke Dir sehr gutes Wetter und schöne Witterung! Rih, der Hengst (Der Rappe, den ich ihm bei unserem Scheiden geschenkt hatte), grüßt sehr ergebenst und höflich. Omar Ben Sadek hat ein gutes Zelt und eine liebenswürdige Schwiegermutter. Heirate auch bald! Allah beschütze Dich! Sei stets zufrieden, und murre nicht! Ich liebe Dich! Vergiß das Siegel; ich habe weder ein Petschaft noch Siegellack! Sei immer tugendhaft, und meide die Sünde und das Verbrechen! Komme im Frühjahr! Sei immer mäßig, bescheiden, zuvorkommend, und fliehe die Betrunkenheit!
    Voller Hochachtung, Ehrerbietung, Demut und
    Anbetung Dein ehrlicher und treuer Freund,
    Beschützer und Familienvater
    Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas
    Ibn Hadschi Dawud al Gossarah.‘
    Er forderte mich also in diesem sonderbar stilisierten Schreibebriefe auf, die Sünde, das Verbrechen und auch die Betrunkenheit zu meiden, obgleich er nicht den mindesten Grund dazu hatte. Dies war aber so seine Weise, und ich mußte beim Lesen seiner Zeilen herzlich lachen. Der Einladung, im Frühjahr zu ihm zu kommen, konnte ich erst zwei Jahre später folgen, als ich mich wieder am oberen Tigris befand. Von dem, was ich da mit dem Hadschi erlebte, habe ich schon einiges erzählt. Hier mag die Schilderung eines weiteren Ereignisses folgen, welches in Basra begann und in der arabischen Wüste endete, wohin ich gar nicht hatte gehen wollen.
    Meine Absicht war vielmehr gewesen, von Basra aus per Schiff nach Abuschehr in Persien zu fahren und von dort aus Schiras, das berühmte, zu besuchen. Basra oder Bassora liegt in einer heißen, sumpfigen und also höchst ungesunden Gegend an der Vereinigung des Euphrat und Tigris, welche Schatt el Arab genannt wird. Darum wollten wir, um unsere Gesundheit nicht zu gefährden, uns nicht lange hier aufhalten. Ich sage ‚wir‘ und meine dabei mich, Hadschi Halef Omar, Omar Ben Sadek und zwei Haddedihn-Araber, welche mich vom letzten Weideplatz der Haddedihn auf einem Kellek den Tigris herab nach Bagdad gebracht hatten. Dies war aus Anhänglichkeit geschehen, und in Bagdad hatten sie mir Lebewohl sagen und zurückkehren wollen. Aber Halef und Omar, meine früheren Gefährten in so manchen Gefahren, hatten sich nur schwer von mir trennen können und mich gebeten, noch bis Basra mitfahren zu dürfen. Ich hatte eigentlich nicht ja sagen wollen, aber endlich doch eingewilligt, weil sie gar so gute Worte gegeben hatten.
    Es war dabei von ihnen ein Vorwand benutzt worden, gegen welchen ich nichts sagen konnte. Die Haddedihn, welche vortreffliche Kamelzüchter sind, hatten nämlich mehrere Kelleks (Flöße aus aufgeblasenen Ziegenhäuten), mit Kamelwolle nach Basra gesandt, wo es Händler gibt, welche dieses Produkt gern kaufen und nach Indien und sogar weiter senden. Der Befehl über diese Kelleks war dem zwar jungen, aber trotzdem in solchen Handelssachen erfahrenen Mesud Ben Hadschi Schukar übergeben worden. Ben heißt Sohn; Mesud war also der Sohn von Hadschi Schukar, und da, wie Halef in seinem Brief sagte, Omar Ben Sadek eine Tochter dieses Hadschi Schukar geheiratet hatte, so war er der Schwager dieses Mesud Ben Hadschi Schukar. Dies muß ich erwähnen, wenn das Spätere richtig verstanden werden soll.
    Mesud war also mit seinen Flößen und den ihn begleitenden Haddedihn nach Basra gefahren, und dies gab Halef und Omar den Vorwand, mich vollends dorthin zu begleiten, um ihn aufzusuchen

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