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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nieder, um uns einige Minuten lang in jener Weise zu unterhalten, welche eigentlich keinen Zweck hat, aber durch die Sitte geboten ist. Dann erhoben wir uns wieder und gingen hinaus, um den beabsichtigten Ritt zu beginnen.
    Wir waren zusammen zwölf Personen, und draußen hielten ebenso viele Pferde, die nicht beaufsichtigt und auch nicht zusammengebunden waren. Er hatte auf einem gesessen, und die andern waren ihm, gehorsam wie die Hunde, bis zu unserer Wohnung gefolgt; dies ist den Beduinenpferden angewöhnt. Ich sah eine sehr schöne Fuchsstute dabei, die jene kostbare Art Sattel- und Riemenzeug trug, welche der Perser Reschma nennt. Er deutete auf sie und sagte:
    „Steig auf, Emir! Dieses Pferd ist für dich bestimmt, und ich denke, daß du mit ihm zufrieden sein wirst.“
    Ich folgte seiner Aufforderung, als ob es sich von selbst verstände, daß ich das beste Pferd zu bekommen hätte, und dann ging es im langsamen Schritt zur Stadt hinaus. Als wir dieselbe im Rücken hatten, nahmen wir eine schnellere Gangart an, und da merkte ich gar wohl, welchen Wert die Stute hatte. Mit meinem Rih war sie freilich nicht zu vergleichen. Später fielen wir aus dem Trab in Galopp, und es war nach der langen Fahrt auf dem Floß ein wahres Vergnügen, so über die Ebene dahinzufegen.
    Ich war noch nie in dieser Gegend gewesen, wußte aber, daß Kubbet el Islam südwestlich von Neu-Basra lag, wir ritten aber beinahe gerade nach Süden. Das fiel mir zunächst nicht auf, denn ich konnte falsch unterrichtet sein. Als aber eine Stunde vergangen war und wir Alt-Basra noch nicht erreicht hatten, wurde ich nachdenklich. Wir mußten weit über fünfzehn Kilometer zurückgelegt haben.
    Die Haddedihn hatten sich während des Ritts unterhalten, ich aber war mit Halef an der Spitze schweigsam gewesen, weil ich mich nur mit dem Pferd beschäftigt hatte. Jetzt drehte ich mich nach dem Scheik um, welcher der letzte war. Dieses Umdrehen geschah rasch und für ihn unerwartet, und da sah ich, daß seine funkelnden Augen mit einem unerklärlich begehrlichen Blick auf mich gerichtet waren. Als er aber bemerkte, daß ich ihn ansah, senkte er sofort die Lider, und sein Gesicht nahm den Ausdruck der Gleichgültigkeit an. Ich hielt mein Pferd an, ließ ihn zu mir herankommen, ritt dann an seiner Seite, aber nun langsam weiter, und fragte:
    „Du weißt genau, wo Alt-Basra liegt, o Scheik?“
    „Wie sollte ich es nicht wissen!“ antwortete er.
    „Es scheint mir aber doch, daß du dich irrst. Wir sind so schnell geritten, daß wir schon längst dort sein müßten.“
    „Wie gefällt dir die Stute?“
    Diese Frage schien mit meinen Worten so wenig in Beziehung zu stehen, daß ich verwundert antwortete:
    „Sie ist ein gutes Pferd; aber ich sprach doch nicht von ihr, sondern von Kubbet el Islam!“
    „Das habe ich wohl verstanden, doch sah ich, daß dir das Pferd gefiel, und weil ich dir eine Freude, es zu reiten, gönnte, haben wir einen Umweg gemacht, der aber nur gering ist. Kommt jetzt zurück!“
    Er wendete sein Pferd um und schlug eine nordwestliche Richtung ein. Wir waren also schon über Alt-Basra hinaus. Das machte mich mißtrauisch, obgleich seine Ausrede eine sehr geschickte war.
    „Ich hoffe, daß du uns ein ehrlicher Führer bist, o Scheik!“ warnte ich ihn.
    Da fuhr er zornig auf:
    „Willst du mich beleidigen, Emir?“
    „Nein; aber wir haben Kubbet el Islam besuchen, jedoch nicht spazierenreiten wollen. Warum hast du uns nicht auf geradem Weg hingeführt?“
    „Aus dem Grund, den ich dir gesagt habe. Du solltest das Vergnügen länger haben. Ich borgte euch unsere Pferde, ohne etwas dafür zu verlangen, und du dankst mir dafür durch eine Beleidigung. Es ist ein Glück für dich, daß ich keine Waffe bei mir habe, sonst würde ich dich zwingen, mit mir zu kämpfen.“
    „Wie? Du wärst nicht bewaffnet?“
    „Nein. Ich habe Messer und Gewehr zurückgelassen und bin allein mit euch geritten, um euch zu zeigen, daß ich es ehrlich meine und dem berühmten Emir Kara Ben Nemsi die Achtung zolle, die ihm gebührt. Schau her!“
    Er hatte allerdings kein Gewehr bei sich, und als er bei seinen letzten Worten den Haïk vorn auseinanderschlug, sah ich, daß er auch kein Messer bei sich hatte. Da verschwand mein Mißtrauen und ich bat:
    „Verzeihe, daß meine Rede anders klang, als ich beabsichtigte! Beleidigen wollte ich dich nicht.“
    „Ich mußte mich über dein Mißtrauen zehnfach wundern, denn selbst wenn ich hundert Krieger bei

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