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Oberst?“
„Warum? Wir werden den Krieg gewinnen. Wir müssen ihn gewinnen.“
„Auch die andere Seite glaubt, sie müsse gewinnen“, gab West zu bedenken.
„Was sie denken, interessiert mich nicht. Sie haben den Krieg begonnen, nicht wir. West, wollen Sie mir weismachen, daß Sie die Absicht haben, seelenruhig mitanzusehen, wie zwei Nationen versuchen, einander den Garaus zu machen, vielleicht die ganze Welt zu vernichten? Und das, wenn Sie die Mittel in der Hand haben, diese Vernichtung zu verhindern?“
„Genau das werde ich tun“, antwortete West unbewegt.
„Aber das ist unmöglich!“ explodierte Zen.
„Warum?“ fragte West. „Ich gehöre keinem der beiden Länder an, ich schulde weder dem einen noch dem anderen etwas.“
„Selbst, wenn Sie den Nationen gegenüber keine Verpflichtungen haben – Sie sind ein Mensch, Sie sollten an die Menschheit denken!“
Zum erstenmal schien es, als würde West schwankend. Aber seine Summe klang immer noch fest, als er auf Zens Worte einging. „Angenommen, ich machte mir Ihren Standpunkt zu eigen – was erwarten Sie von mir?“
„Daß Sie der Drohung durch die Asiaten ein Ende bereiten“, sagte Zen schnell. „Daß Sie uns alles Wissenswerte darüber mitteilen, wo die Bombe gebaut wird. Dann werde ich dafür Sorge tragen, daß wir zuerst fertig sind und das Gebiet, in dem die Feinde bauen, dem Erdboden gleichmachen, so daß sie keinen Schaden mehr anrichten können.“
„Womit Sie gerade das erreichen würden, was vermieden werden soll“, stellte West trocken fest. „Beide Bomben würden nämlich zur gleichen Zeit detonieren. Glauben Sie nicht auch, daß dies die Welt aus den Angeln heben würde?“
„Ich weiß es nicht“, erwiderte Zen. „Darüber können nur die Wissenschaftler ein Urteil fällen. Sollte es negativ ausfallen, so hätten wir immer noch die Möglichkeit, die gegnerische Bombe mit den konventionellen Waffen außer Gefecht zu setzen.“
„Sie arbeiten unter der Erde“, gab West zu bedenken. „In einer Höhle, die wenigstens tausend Meter tief ist. Besitzen Sie Waffen, deren Wirkung bis in diese Tiefe reicht?“
„Wir werden sie schaffen!“
„Sie sind sehr optimistisch, Oberst!“
„Optimismus ist besser als Pessimismus“, knurrte Zen ärgerlich. „Und wenn ihre Fabriken in zehntausend Meter Tiefe lägen, sie müssen Ausgänge haben, einen Ausgang zumindest. Eine H-Bombe, auf diesen Zugang geworfen, würde das Schicksal der asiatischen Superbombe besiegeln.“
„Sie würden nicht nur die Bombe vernichten, sondern auch wertvolle wissenschaftliche Erkenntnisse und ihre Schöpfer.“
„Es ist Krieg. Im Krieg kann man nicht mit gewöhnlichem Maßstab messen.“
„Ihr Vorschlag ist keine endgültige Lösung des Kernproblems“, sagte West nach langem Überlegen. „Es tut mir leid, daß ich Sie enttäuschen muß, Oberst. Ich habe nicht die Absicht, einer der kämpfenden Parteien zu helfen. Ich bin im Gegenteil dafür, daß sie einander mit allen Mitteln zu vernichten suchen. Aus dem Chaos, das am Ende stehen wird, wird die Erkenntnis kommen, daß Krieg nie den Weg in die Zukunft weisen kann. Die wenigen Überlebenden werden einsehen müssen, daß ihre Anstrengungen vergeblich waren, und aus dieser Erkenntnis wird endlich eine Rasse geboren werden, die sich der neuen Zeit würdig erweist.“
Zen hob die Hand in einer abwehrenden Geste. „Wieder ein sinnloses. Massensterben?“ fragte er düster. „Warum wurde denn die erste Atombombe geworfen, wenn nicht in der Absicht, solchen Wahnsinn für alle Zeiten auszurotten.“
„Jedes Massensterben ist Wahnsinn und sinnlos“, entgegnete West. „Die Menschen wissen das, aber in einem Krieg verläßt sie die Vernunft.“
Zen begann dem Mann mit dem zerfurchten Gesicht zu widersprechen. Seine Worte kamen hitzig und scharf, aber dann mäßigte er sich. Hatte es Sinn, zu streiten? Konnte man mit einem Verrückten eine Diskussion führen? West mußte den Verstand verloren haben, nie hatte Zen Ansichten vernommen, wie dieser Mann sie vertrat. Wie konnte ein normaler Mensch ruhig zusehen, daß zwei große Nationen Selbstmord begingen!
„Ich bitte Sie, West“, sagte Zen, um Beherrschung bemüht, „erlauben Sie mir, die hier erworbenen Kenntnisse meiner vorgesetzten Dienststelle zu melden.“
West überlegte lange, dann antwortete er: „Gestatten Sie mir eine Gegenfrage, Oberst. Was würde mit mir und meinen Leuten hier geschehen, wenn Ihre Dienststelle von diesem Gerät
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