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30 Sekunden Verzögerung

30 Sekunden Verzögerung

Titel: 30 Sekunden Verzögerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Moore Williams
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sollte.
    „Begreifen Sie nicht, daß Sie sich durch Ihr Schweigen des Verrats schuldig gemacht haben?“ fragte Zen in die Stille.
    Wieder schwieg West. Kerzengerade aufgerichtet saß er in dem Sessel, kein Muskel zuckte in seinem Gesicht. Nedra war in sich zusammengesunken. Mehr denn je ähnelte sie einem Kind, das sich mit List in die Welt der Erwachsenen geschlichen hatte, und nun verwirrt und verstört war von dem, was sie erlebte.
    „Warum schweigen Sie?“ fragte Zen. „Haben Sie nicht gehört, was ich sagte?“
    „Ich habe Sie gehört“, erwiderte West langsam. „Die Treue und Sorge um Ihr Land verdient alle Anerkennung, Oberst. Etwas anderes war von einem Menschen Ihrer Entwicklungsstufe nicht zu erwarten. Sie scheinen jedoch vergessen zu haben, daß ich kein Bürger Ihres Landes bin. Oder wußten Sie dies nicht?“
    „Kein amerikanischer Bürger?“ wiederholte Zen verwundert. „Aber diese Berge gehören zu Amerika. Ich kann nicht sagen, ob sie auf kanadischem Boden oder dem der Vereinigten Staaten liegen, aber das ist nicht entscheidend. Beide Länder haben sich durch Vertrag zu einer Nation verbunden. Ein Bürger des einen Landes ist automatisch auch Bürger des anderen.“
    „Das ist vollkommen richtig, Oberst“, sagte West, gab aber keine weitere Erklärung.
    „Welcher Nation gehören Sie dann an?“ wollte Zen wissen. „Sie sprechen wie ein waschechter Amerikaner.“
    „Ich bin in den Vereinigten Staaten geboren.“
    „Dann sind Sie auch Bürger der USA.“
    „Nein. Ich habe meinen Status als Bürger der Vereinigten Staaten aufgegeben. Das Land, dem ich mich wirklich verbunden fühle, ist ein weit entferntes Land. Ich bin sicher, daß Sie es nicht kennen. Meine Treue, Oberst, gehört keiner Nation, die ihren Platz auf der Erdkugel hat, sie gehört den neuen Wesen, die eines Tages die Welt beherrschen werden.“
    Bei Wests Worten verschwand das Gefühl der Kälte, das Zen verspürt hatte, und machte einer inneren Wärme Platz.
    „Meine Treue, mein ganzer Einsatz gilt der Zukunft“, fuhr West fort. „Sie gilt dem Wachsen alles Lebendigen, der menschlichen Rasse der Zukunft, nicht der der Gegenwart. Nur die Zukunft hat für mich Bedeutung, Oberst, dem Bau dieser Zukunft habe ich mein Leben gewidmet.“
    Zen fühlte sich durch Wests Worte bewegt, hielt es aber für seine Pflicht, sie nicht schweigend hinzunehmen. „Das ist Haarspalterei“, sagte er hart. „Jedes Gericht dieses Landes würde Sie der Vernachlässigung Ihrer vaterländischen Pflichten schuldig sprechen. Sie können nicht weiterhin in einem Land, dem Sie sich nicht mehr zugehörig fühlen, leben und seine Seg …“ Er brach ab, das Wort, das er auszusprechen beabsichtigte, wollte ihm nicht über die Lippen.
    „Wollten Sie Segnungen sagen?“ fragte West ironisch. „Allerdings.“
    „Würden Sie die Güte haben, diese Segnungen, von denen Sie sprechen, aufzuzeigen!“
    „Wir hatten sie einst“, sagte Zen düster. „Und wir werden sie wieder haben, verlassen Sie sich darauf.“
    „Ich bin nicht so sicher“, sagte West und wandte sich wieder dem Bildschirm zu.
    „Jetzt, da ich weiß, daß diese Bombe gebaut wird, werde ich dafür sorgen, daß sie nie zum Einsatz kommt“, sagte Zen fest.
    „Wie wollen Sie das anstellen?“
    „Ich werde einen Weg finden.“
    „Ich bewundere Ihren Mut, Oberst“, sagte West. „Wenn auch nicht Ihre falsche Einschätzung der Situation. Ich möchte aber, daß Sie auch noch etwas anderes sehen. Geben Sie acht!“
    Das Bild auf dem Schirm verschwand, um einer anderen Szene Platz zu machen. Zen starrte mit weitaufgerissenen Augen in das Halbdunkel, und seine Worte überschlugen sich.
    „Eine zweite im Bau befindliche Bombe? Zum Teufel, wir glaubten nicht einmal, daß das Material der Asiaten und ihr Wissen ausreichen würden, um eine einzige derartige Bombe zu bauen. Nun haben sie deren sogar zwei? Das macht den Fall noch dringlicher, unser Warnsystem muß noch viel weiter ausgebaut werden!“
    „Langsam, Oberst, langsam“, beruhigte West den anderen. „Sehen Sie doch erst genau hin!“
    Zen folgte der Aufforderung und gewahrte jetzt, was ihm beim ersten flüchtigen Blick entgangen war. „Aber das sind ja Amerikaner! Wir bauen ebenfalls eine Superbombe!“
    „Sie haben es erfaßt“, sagte West mit Bitterkeit in der Stimme.
    „Also ein Wettrennen!“ stellte Zen mit schmalen Lippen fest.
    „Ich fürchte, man kann es so nennen“, stimmte West zögernd zu. „Ändert das das Bild,

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