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300 - Unter Mutanten

300 - Unter Mutanten

Titel: 300 - Unter Mutanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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eingestürzt, was ihn fürchten ließ, dass auch der zweite irgendwann folgen könnte. Außerdem gab ihm das Schicksal ein Zeichen, das eindeutig für St. Jakobii sprach: In ihrem Inneren stand ein Boot. Es war verwittert, das Wort Pamir darauf kaum noch zu entziffern, aber die Botschaft war eindeutig.
    Ein Schiff in einer Kirche! Wie geschaffen für einen Kauffahrer. Als er dann noch in alten Aufzeichnungen entdeckte, dass St. Jakobii als Kirche der Seeleute galt und unter der Kapelle ein Kolumbarium für Matrosen existierte, war er vollends überzeugt - auch wenn er keine Ahnung hatte, was ein Kolumbarium überhaupt war.
    Als der Geräuschpegel nicht sank, brüllte er über das Gemurmel und Getuschel hinweg.
    »Ruhe!«
    Er war froh, dass er trotz der Verstümmelung, die er durch dieses Gör Xanthippe hatte erleiden müssen, eine tiefe, volltönende Stimme besaß.
    Endlich kehrte etwas Ruhe ein.
    »Wir hatten die heutige Versammlung im Hoolstentor einberufen, um über den Frieden mit den Technos zu beraten!«, rief er. »Wir wollten ihnen das Angebot machen, Lybekk unbehelligt zu verlassen.« Er pausierte zwei Atemzüge. »Und nun seht, wie die Maulwürfe darauf geantwortet haben!« Er deutete auf Kruzzar, der blutüberströmt inmitten der Mutantenmenge stand, dann auf die zerschmetterte Leiche des Nosfera-Turmherrn, die er hatte bergen und herschaffen lassen. Die des Guul-Oberhaupts war unter den Trümmern noch nicht gefunden worden. »Seht, wie sie es uns danken!«
    Friedjoff bückte sich, hob etwas auf und reckte es in die Höhe. Die Kameradrohne der Unterirdischen, die sie ihm freundlicherweise in die Hände gespielt hatten.
    »Sie haben zwei unserer Anführer und viele Brüder getötet. Dabei hatten wir noch Glück, dass wir nicht alle bei dem Anschlag umgekommen sind! Und diesen Leuten wollt ihr Frieden anbieten?«
    Wieder kam Unruhe auf. Friedjoff schritt nicht ein, sondern ließ die Saat seiner Worte aufgehen. Nach ein paar Minuten hob er erneut die Hände. Diesmal kehrte beinahe sofort Ruhe ein.
    »Wie haben sie das geschafft?«, ertönte eine Stimme aus der Menge. Einer von Friedjoffs Leuten, den er beauftragt hatte, diese Frage zu stellen.
    »Wie meinst du das?«, hakte Friedjoff nach, um den Schein zu wahren.
    »Das Hoolstentor wurde streng bewacht. Wie ist es ihnen gelungen, Sprengladungen anzubringen?«
    Er ließ die Frage einige Sekunden nachwirken, dann senkte er den Blick. »Ich fürchte, die Sicherheitsvorkehrungen sind nicht so gut, wie wir gehofft hatten.«
    Als er den Kopf wieder hob, setzte er die Waffen ein, die ihm in der Vergangenheit schon so häufig gute Dienste geleistet hatten: einen Tonfall in der Stimme, der jeden von seiner Aufrichtigkeit überzeugte, und einen Blick, der einen die eigene Meinung vergessen ließ. Sein Talent, mit dem er zu seinen Zeiten als Krieger viele Feinde besiegte, weil Sie ihr Schwert senkten, und mit dem er trotz seines bestenfalls durchschnittlichen Aussehens unzählige Frauen in sein Bett gelockt hatte.
    »Ich will niemandem die Schuld geben«, sagte er milde, bevor er die Stimme wieder hob. »Aber ich fürchte, unsere Zusammenarbeit auch auf die Sicherheit anzuwenden, war ein Fehler. Dieser Dienst an der Gemeinschaft muss in einer Hand liegen, um effektiv zu sein. Deshalb erkläre ich mich bereit, mit meinen Leuten eine Truppe aufzustellen, die künftig für unser aller Sicherheit sorgen wird.«
    Die Mutanten jubelten und bemerkten nicht, dass er ihnen gerade den ersten Schritt zur Machtübernahme vorgeschlagen hatte. Manchmal war es durchaus nützlich, überzeugend zu wirken.
    »Und dann…«
    In diesem Moment flog mit lautem Knall das Tor zur Kirche auf. Verdammt! Wer wagte es, ihn ausgerechnet jetzt zu unterbrechen?
    »Vater! Ich muss dich sprechen!«
    Thodrich. Wer sonst? Einen schlechteren Augenblick hätte er sich kaum aussuchen können. Was hatte er nur verbrochen, dass das Schicksal ihn mit so einer Plage als Sohn strafte? Bei der Jagd auf Xanthippe hatte er genauso versagt wie bei der Suche nach Robuur und der Eroberung des waffengefüllten Labyrinths im Land der Skothen.
    Friedjoff schleuderte einen giftigen Blick auf seinen Sohn ab. »Verschwinde! Du störst die Versammlung!«
    »Tut mir leid, aber es ist echt sehr wichtig.«
    »Wichtiger als das Schicksal der Stadt? Wichtiger als die Frage, wie unsere Zukunft aussehen wird? Das glaube ich wohl kaum!«
    »Aber es ist was passiert, das…«
    Friedjoff lief knallrot an. »Raus hier!«, brüllte er.

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