302 - Wo der Wahnsinn regiert
glänzte, als hätte sie ihn eingeölt. Mehrere Narben zogen sich über ihren Körper. Xij bemerkte eine Wulst, die quer über ihren Bauch lief. Vielleicht von einem Tierangriff. Oder hatte man sie gefoltert?
Xij stutzte, als eines der Mädchen den Eimer abstellte, das Wasser mit beiden Händen schöpfte und ein anderes vollspritzte. Gekreische brach aus und eine wilde Wasserschlacht entbrannte. Und Hana lachte mit!
Zwei der Mädchen gerieten in ein lockeres Ringen, während ein viertes – die Älteste vielleicht – mit wedelnden Armen um sie herum sprang und auf den Eimer zeigte. Xij verstand nicht alles, was die Mädchen sagten. Aber eines wurde ihr deutlich bewusst:
Hana war keine Gefangene. Sie durfte sich frei bewegen. Trotz ihrer Andersartigkeit war sie ein Teil der Gruppe und wurde freundlich behandelt.
Was hatte das zu bedeuten? Eigentlich war Xij davon ausgegangen, dass Hana entführt wurde und unter Bewachung stand.
Aufmerksam beobachtete sie mit dem Fernglas, was das Mädchen in der Folge tat, wie es sich verhielt. Schon bald bemerkte sie, dass Hana immer wieder in ein bestimmtes Zelt ging, das an der Dorfgrenze lag. Dort musste sie untergebracht sein. Sie hätte jederzeit den Graben überwinden und fortlaufen können, und sie sah auch nicht wie ein Mensch aus, der unter einer Gefangenschaft litt.
Xij wünschte sich ein Funkgerät, um Matt zu informieren und Rücksprache zu halten. Aber leider hatte der Retrologe Meinhart Steintrieb sein Walkie talkie mitgenommen, als er sich Rulfan anschloss.
Die Entdeckung, dass Hana alles andere als ein Entführungsopfer war, verwirrte Xij, und sie dachte lange darüber nach.
***
Doyzland, 2517
Auf die Schlacht am Kratersee waren viele weitere Gefahren gefolgt, die aber keine so großen Opferzahlen forderten. Die meisten Überlebenden hatten sich gut erholt, und auch Akuma war bis auf seine Entstellungen und einige leichte Einschränkungen seiner inneren Organe wieder gesundet.
Es war ein kühler Herbsttag, als sie das Schloss zum ersten Mal erblickten, und Rudowigu wusste sofort, dass es jede Mühe wert gewesen war.
Sie fanden in den darauffolgenden Tagen in den Bergen eine Höhle, aus der sie zwei mutierte Bären vertrieben und einen weiteren mit einem Lasergewehr erschossen. Sein Fleisch war ein Festmahl, mit dem sie ihre Ankunft im gelobten Land feierten.
Rudowigu war sicher, mit allen weiteren Fährnissen fertig zu werden, nachdem sie nun endlich am Ziel waren. Das Schicksal meinte es gut mit ihm, denn ein großer Teil des Schlosses stand noch, und die Trümmer am Grund der Felsen konnten als Baumaterial benutzt werden.
Sobald sie das Schloss erobert hatten.
Denn eine wilde Barbarenhorde hatte Swaanstein eingenommen und trat die Ideale König Ludwigs mit Füßen!
Doch Rudowigu wusste schon, wie er vorgehen wollte. Ein Krankheitserreger, gegen den sein Volk immun war, würde den Feind schwächen und ihn zu leichter Beute machen.
Er sandte drei seiner Leute zu den Barbaren, angeblich, um Verhandlungen aufzunehmen. Die natürlich scheiterten – man warf die Delegation einfach über die Zinnen des Schlosses in die Tiefe. Aber da hatten sie die Meute mit dem Virus, den sie in sich trugen, bereits infiziert.
Zwei Wochen später wagten sie mit den letzten Waffen und Panzern die Eroberung des Schlosses. Die schwer erkrankten Barbaren hatten nicht mehr die Kraft, sich ihnen zu widersetzen. Rudowigu forderte Swaanstein als Wiedergutmachung für den Tod seiner Unterhändler, versprach den Barbaren aber, sie zu heilen, wenn sie sich ihm unterwarfen. Dieses Angebot wurde nicht aus Menschenfreundlichkeit geboren – er wollte sich damit eine Privatarmee schaffen, die das Schloss gegen andere Angreifer verteidigte.
Der Lupa-Clan – so nannten sich die Wilden – erbat sich Bedenkzeit, nutzte diese aber, um sich in die Wälder zurückzuziehen. Schon wenige Wochen später wagten die Barbaren den ersten Vorstoß, um das Schloss zurückzuerobern. Doch Rudowigu hatte damit gerechnet und schlug den Versuch nieder. Als ihre Verluste zu hoch wurden, gab der Clan Swaanstein auf und verschanzte sich in den Wäldern.
Es dauerte ein Jahr, bis der erste Barbar mit einem todkranken Kind zu ihm kam und Rudowigu es heilte. Gleichzeitig ließ er die Mauern verstärken, das Schloss instand setzen und warb Arbeiter und lernwillige Heiler aus der Umgebung an. Es gelang ihm, einige der Barbaren für seine Wachmannschaft zu rekrutieren. Es wurden rasch mehr. Bald verbreitete
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