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304 - Allein gegen alle

304 - Allein gegen alle

Titel: 304 - Allein gegen alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Vennemann
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an.«
    ***
    Wie sich herausstellte, sollte Giovanna mit dieser Prognose recht behalten.
    Gustavo ließ niemanden an sich heran und prahlte weiter damit, dass er allein die Kolonie vor dem sicheren Untergang bewahrt hätte, dass nur er ihrer aller Sicherheit gewährleisten könne, und dass sie froh sein konnten, jemanden wie ihn zu haben.
    Die nächsten Tage wurden zur Zerreißprobe. Die Außenposten meldeten das Auftauchen neuer Stoßtrupps der Seemonster, die wohl auf der Suche nach ihren acht Artgenossen waren. Sobald auch nur die Sichtung eines der Wesen zur Grotta durchgegeben wurde, sprang Gustavo in die Fluten und griff die Fischmenschen an. Jeder Versuch seitens des Rates, ihn zur Mäßigung zu bewegen, scheiterte. Vielmehr ging der Hüne nun dazu über, die Gegner mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Harpunen und Schockstäbe fielen ihm in die Hände und wurden als Trophäen mit in das Refugium gebracht. Und immer, wenn es einen neuen Alarm gab, kannte er »keine Gnade«, was zu seinem Wahlspruch geworden war.
    So dankbar sie ihm sein mussten, dass er ihnen die Seeungeheuer vom Hals hielt – sein Betragen verschlechterte sich zunehmend. Er hielt sich an keine Rationierungsvorgaben mehr und aß, so viel er wollte. Und er stellte zunehmend den weiblichen Bunkermitgliedern nach. Selbst bei Giovanna hatte er es versucht. Noch nahm er es hin, wenn man ihm einen Korb gab – aber jeder spürte, dass Gustavo zu einem emotionalen Vulkan geworden war, der eines nicht allzu fernen Tages auszubrechen drohte.
    Dieser Augenblick kam dreiundzwanzig Tage nach dem ersten Angriff.
    ***
    Wie jeden Tag in den letzten drei Wochen hatte Gustavo den Morgen mit einem ausgiebigen Frühstück begonnen und sich seinen Posten in der Empfangsstation am Beckenrand bezogen.
    In der Koordinationszentrale für die Algenernte hatte er sein »Büro« eingerichtet: ein Stuhl, auf dem er sitzen konnte, und einen Computer, auf den man ihm sämtliche Audio- und Videostreams gelegt hatte, die das Refugium von der Seeseite aus empfing.
    Sobald einer der Außenposten etwas Verdächtiges meldete, eilte Gustavo hinaus, setzte die Tauchermaske auf und durchschwamm den Kanal zum Mittelmeer in weniger als drei Minuten. Normale Taucher brauchten für die Strecke zum Teil fünfmal so lang.
    Gustavo schlief nur noch wenig, maximal drei Stunden am Tag, sodass er meist der Erste war, der die Zentrale besetzte, und auch der Letzte, der ging.
    Doch seit einer Woche hatte er zunehmend schlechte Laune. Und er wusste auch, woran das lag. Die Fischmonster ließen sich einfach nicht mehr blicken. Waren in der Anfangszeit, als er seinen Dienst als Verteidiger des Bunkers angetreten hatte, beinahe täglich Angriffe der Blauhäutigen erfolgt, so wagten sie es mit jeder Niederlage, die er ihnen beibrachte, immer seltener. Bis sie schließlich gar nicht mehr auftauchten.
    Was, wenn ich sie alle erledigt habe?, ging es Gustavo durch den Kopf. Was, wenn ich wirklich jedes einzelne dieser verdammten Fischwesen aus der Unterwasserkuppel gelockt und zerrissen habe?
    Er hoffte inständig, dass dem nicht so war. Alles in ihm brannte darauf, sich erneut in den Kampf zu stürzen. Er liebte es, wenn die Blauen sich unter seinen zupackenden Händen panisch wanden, wie ihr Klackern langsam erstarb und nichts blieb als seelenloses Fleisch, das die Möwen an der Meeresoberfläche zerrupften oder an dem sich die Raubfische gütlich taten.
    Er musste bald wieder Erfolge vorweisen, sonst würden die Menschen hier die Achtung vor ihm verlieren! Er musste neue Heldentaten begehen, die die Frauen beeindruckten und die Männer neidisch machten.
    Manchmal hatte er das Gefühl, dass man ihm schon jetzt nicht mehr den nötigen Respekt erwies. Die Männer wichen ihm aus, die Frauen wiesen ihn zurück. So behandelte man keinen, der tagtäglich sein Leben für die Gemeinschaft riskierte!
    Gustavo blickte auf den Monitor und rief die Kameraübersicht auf. In kleinen Fenstern, die sich reihenweise auf dem Bildschirm anordneten, sah er Livebilder des Meeres. Hier und da ragte ein Gewächshaus oder Kuppelteil ins Bild. Aber überall war es ruhig. Keine verdächtigen Echolote oder Sichtungen. Nur Wasser. Langweiliges, friedliches Wasser.
    Gedankenverloren rieb er über seinen Nacken. Dort unter der Anzughülle waren seine Nervenbahnen mit dem Computer verbunden, der seine Kraft potenzierte. Seine ganz persönliche Schaltzentrale.
    Ungeduldig wippte er mit dem Fuß, dass der Boden des

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