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306 - Ein Hort des Wissens

306 - Ein Hort des Wissens

Titel: 306 - Ein Hort des Wissens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Henkelkrug, der dort im Gras stand, tauchte ihn ins noch dampfende Blut und ging damit zurück zum Wagen. Dort leerte er den schwarzroten, schon gerinnenden Lebenssaft zur Hälfte über die Gesichter und zerrissenen Kleider seiner drei Exekutoren aus. Dabei achtete er darauf, nicht den Sackstoff zwischen ihren Leibern zu versauen, unter dem verborgen ihre Gewehre und Kampfstäbe lagen.
    »Jetzt noch du, Kleiner«, sagte er an Hoss gewandt.
    Sein Adjutant übergab ihm die Wakudamaske und kletterte auf den Horsaywagen. »Aber nur weil du es bist, Jesus.« Er schob sein Gewehr unter das Sacktuch, streckte sich daneben aus, verdrehte Arme und Beine ein wenig und riss Mund und Auge weit auf.
    »Was für eine schöne Leiche du abgeben würdest, Kleiner.« Varmer goss ihm Blut über den Hals, bestrich Stirn und rechte Hand damit und leerte den Rest über seine Brust. »Wir haben alles dreimal durchgekaut, jeder hat von mir gehört, was er zu tun hat.«
    »Wir werden dir die verdammte Zugbrücke samt dem Burgtor erobern. Amen.«
    Varmer schlug ihn mit den Fingerspitzen ins Gesicht. »Maul halten. Du bist seit einer Minute eine Leiche. Und jetzt ab mit euch!«
    Die Exekutoren zogen eine Plane über die Ladefläche. Zwei von ihnen streiften ihre schwarzen Ledermäntel ab, hängten sich die Gewehre um die Schultern und die Kampfstäbe um die Hüften und zogen schmutzige, dunkelbraune Lodenmäntel über. Dann stiegen sie auf den Kutschbock. Einer griff nach den Zügeln und trieb die Tiere an.
    Auf einen Wink Varmers hin umringte ein Dutzend seiner Männer den Wagen und schob ihn aus dem aufgeweichten Grasboden durch den morastigen Waldboden bis hinauf auf den Fahrweg. Auf ihm holperte er schließlich nach Nordosten der Burg entgegen.
    Es war noch ziemlich düster, nicht einmal ein Stern war am Himmel zu sehen. An einer Stelle immerhin leuchtete die geschlossene Wolkendecke ein wenig milchig. Dort musste wohl der Vollmond stehen.
    Varmer wies dem Geräusch des Wagens hinterher. Drei Hauptleute und fünfzehn Mann huschten rechts und links des Weges in den Wald und folgten dem Gefährt im Schutz des Waldes. Auf Köpfen, Schultern und Rücken trugen sie Nadelgeäst.
    Varmer winkte die verbleibenden fünf Exekutoren hinter sich her. Auf einem Wildpfad wanderten sie durch das Morgengrauen nach Westen. Sie schlugen einen Bogen um das Weideland und die Wälder rund um Canduly Castle, überquerten Koppeln und Bäche, wichen Sumpfflächen aus, stiegen über Weidemauern.
    Bald ragten die Konturen der Burg hinter den Wipfeln einer bewaldeten Hügelkuppe aus den Nebelschwaden. Zwei Rundtürme und das Dach des großen Hauses waren deutlich zu erkennen. Es begann wieder zu nieseln.
    Durch den Mischwald arbeiteten sie sich den Hang hinauf. Oben umgab eine Rodung von vielleicht sieben Schritten Breite Burggraben und Burg. An einer Stelle, die Hoss und seine Späher ausgekundschaftet hatten, krochen die Männer bäuchlings bis an den Rand der Rodung. Von dort aus konnte man auf der linken, östlichen Seite den Fahrweg, die Zugbrücke und das Tor sehen, und auf der rechten, westlichen, das mehrstöckige Haus mit dem losen Fenstergitter im untersten Stockwerk.
    Unter niedrigem Nadelgehölz und knospenden Buchenbüschen warteten die Exekutoren. Es wurde allmählich heller. Im Burggraben waberten Nebelschwaben. Gut so. Varmer setzte das Fernrohr ans Auge.
    Nach einer halben Stunde etwa hörten sie die typischen Geräusche beschlagener Wagenräder. Hufschlag mischte sich in den Lärm. Nicht lange, und Varmer sah den Wagen mit seinen Leuten den Weg entlang rollen und auf die Brücke fahren. Vor dem Burggraben machte das Gespann Halt.
    Drei Männer zeigten sich zwischen den Zinnen über der Zugbrücke. »Wir haben Tote im Wald gefunden!«, rief einer der getarnten Exekutoren auf dem Kutschbock. »Fünf Wegstunden von hier. Gehören die zu euch?« Er drehte sich um, packte den Rand der Plane und schlug sie gerade soweit zurück, dass man von oben den Körper des toten Mädchens und das blutverkrustete Gesicht seines Vaters erkennen konnte.
    Auf dem Wehrgang über dem Tor wurden Stimmen laut. Ein Hornsignal ertönte. Weitere Männer sammelten sich auf der Zinne. Inzwischen war einer der getarnten Exekutoren vom Bock gestiegen und rollte die Plane über der Ladefläche zusammen. Er ließ sich Zeit. Eine blutverschmierte Gestalt nach der anderen wurde sichtbar.
    Die Rufe auf den Zinnen wurden lauter. Bald begann die Zugbrücke, sich zu senken. Hinter

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